Die Temperaturen sind für Anfang März erstaunlich hoch, minus drei Grad Celsius zeigt das Thermometer am Flughafen von Kiruna in Nordschweden, gut 250 Kilometer nördlich des Polarkreises an. Schnee liegt hier trotzdem noch, und zwar nicht wenig; außerhalb der Stadttore wird er noch in Metern gemessen. Perfekte Bedingungen für einen Ausflug mit dem Schneemobil.
Auch wenn die Sonne tagsüber die weiße Pracht zum Glitzern bringt; in der Abendstunden wird es hier richtig frostig. Auf dem Motorschlitten sowieso – dicke Thermokleidung, Stiefel und Handschuhe sind Pflicht, auch wenn man damit aussieht, als bräche man zur Mond-Exkursion auf. Nicht zu vergessen: Der Schutzhelm und idealerweise eine Schneebrille, denn der eisige Wind bläst einem ordentlich ins Gesicht.
Vorne Skier, hinten Kette
Entfernt erinnert das Schneemobil, oder auch Ski-Doo genannt - wobei es so eigentlich nur heißen darf, wenn es von seinem Erfinder Bombardier gefertigt ist – an ein Motorrad, aber ohne Räder. Vorne gibt‘s stattdessen zwei lenkbare Stahlblechskier, statt des Hinterrads übernimmt eine mittig angeordnete Gleiskette aus Gummi den Antrieb.
"Entspannt sitzen", rät unser Guide, dann sei alles ganz einfach. Die Bedienung des Schneemobils jedenfalls ist es. Mit einem Daumenhebel am rechten Griff wird Gasgegeben, links gibt‘s eine Bremse. Die kommt allerdings nur selten zum Einsatz, denn sobald man vom Gas geht, bleibt der Motorschlitten fast von selbst stehen. Mit einer Gangschaltung braucht man sich auch nicht beschäftigen; eine Keilriemenautomatik mit Fliehkraftkupplung überträgt, ähnlich eines Mofas, beim Gasgeben die Kraft an die Antriebsraupe.
Bis zu 300 PS
Und Kraft haben die rund 10.000 Euro teuren Schneemobile reichlich. Während wir uns mit rund 80 PS schon ausreichend stark motorisiert fühlten, erzählt unser Guide stolz von seinen 180-Turbo-PS; es gibt sie also auch in Nordschweden, die klassische Skilehrer-Attitüde. Bis zu 300 PS haben die stärksten Ski-Doos, die auch bei Wettbewerben eingesetzt werden. Doch sind die Motorschlitten bei weitem nicht nur Spaßmobil und Sportgerät, sondern in vielen verschneiten Regionen ein wichtiges Transport- und vor allem auch Rettungsmittel.
Die ersten Meter auf dem Schneemobil sind noch etwas ungewohnt, schnell aber freundet man sich mit dem fahrbaren Untersatz an und weiß die Kraft mit dem, wohlgemerkt beheizten, Gashebelchen zu dosieren. Geradeaus ist kein Problem, doch schon nach wenigen hundert Metern kommt das Unvermeidliche: die erste Kurve. Wer versucht, stocksteif auf dem Bock sitzen zu bleiben und ihn nur mithilfe des Lenkers ums Eck zu kriegen, tut sich schwer – und muss reichlich Kraft aufwänden, um die Kufen zu bewegen.
Muskelkater inklusive
Zum Glück erinnern wir uns an die Worte unsere Guides: "Entspannt euch!" Und mit etwas lockerer Haltung und intuitiver Gewichtsverlagerung lässt sich das Schneemobil schon viel leichter um die Kurve bewegen. Außerdem beugt dies stärkere Schmerzen vor, denn wer die ganze Zeit verkrampft den Lenker festhält, wird am nächsten Tag die Arme nicht mehr bewegen können.
Doch auch eine gemütliche Sitzposition feit nicht ganz vor Muskelkater - und auch nicht vor Rückenschmerzen. Denn der Weg über Stock und Stein, durch Wälder und über vereiste Flüsse ist selten eben. Zwar sind die Skier und Raupe gut gefedert, doch wird es in buckeligem Geläuf recht holprig auf dem Bock. Stöße gegen die Bandscheiben lassen sich mit den Beinen abfedern, indem man aufsteht – ja, man kann auch im Stehen fahren -, den Preis dafür bezahlen dann aber die Oberschenkel.
Grenzenlose Freiheit
Entschädigt wird man dafür mit dem Gefühl, der eisigen Natur ganz nah zu sein; auch wenn man von Stille nicht reden kann, denn die Schneemobile sind äußerst laut. Die Rentiere am Wegesrand stört das allerdings kaum. Und kalt wird es einem, so warm wie wir eingepackt sind, auch nicht. Einzig der fröstelige Wind um die Nase erinnert einen daran, dass man jenseits des Polarkreises unterwegs ist.
Und wenn dann am Abend, in der Dämmerung, wenn die Sonne schon lange hinter dem Horizont verschwunden ist, die ersten Sterne am Firmament auftauchen, dann beschleicht einen schon das Easy-Rider-Feeling. Verständlich, wenn man in dieser fast schon unheimlichen Stimmung mit knapp einhundert km/h fernab jeder Großstadt über einen zugefrorenen See brettern kann. Ja, hier in Lappland gibt es das noch, das Gefühl von grenzenloser Freiheit.