Spätestens in den 1990er Jahren hielten es viele Wirtschaftsexperten für ausgemacht, dass die einst marktbeherrschende europäische Motorradindustrie im globalen Wettbewerb endgültig unterlegen war. Die Absatzzahlen gingen in Europa zurück und zur Konkurrenz aus Japan kamen nun verstärkt Anbieter aus Südkorea und China hinzu. Die profitierten vom Zweiradboom in den asiatischen Staaten und schafften es insbesondere mit Motorrädern sowie Rollern der kleineren Hubraumklassen, ihre Präsenz auch in den europäischen Ländern zu stärken. Den geringeren Fertigungskosten und der billigeren Massenproduktion hatten die Europäer nur das gute Image ihrer Traditionsmarken entgegenzusetzen. Von denen überlebten zumindest einige unter dem Dach breiter aufgestellter Fahrzeugbaukonzerne oder als Nischenanbieter mit einem reduzierten Programm. Doch in der Zeit nach der Wende zum neuen Jahrtausend gab es auch wieder Lichtblicke. Vor allem das Revival der Motorroller brachte der Branche neue Impulse. Vor diesem Hintergrund wagten es europäische Unternehmer, bereits vom Markt verdrängte Labels wieder zu beleben oder neue Marken zu etablieren. Zu den Newcomern gehörte die im Jahr 2004 in Ungarn gegründete Firma Babó Motors, die unter dem Markennamen Motowell unterschiedliche Scooter-Baureihen in den Handel brachte.
Mit den Rollern der Marke Motowell wollten die Ungarn eine Alternative zu den technisch nicht immer als besonders hochwertig angesehenen Asia-Scootern bieten. Um dieses Ziel zu erreichen, etablierte der Hersteller eine eigene Konstruktionsabteilung, die für die technischen Entwürfe und das Design der Modelle zuständig war. Bei der Fertigung ihrer Produkte kooperierte der ungarische Anbieter allerdings mit asiatischen Partnern, bei denen die neuen Motowell Roller sowie Bauteile dafür hergestellt wurden. Eine hauseigene Abteilung zur Qualitätsprüfung sollte anschließend sicherstellen, dass die Motorroller den Anforderungen an europäische Marktstandards genügten.
Der Hinweis auf die interne Kontrolle der Qualität vor der Händlerbelieferung war offenbar mehr als ein bloßes Marketingversprechen. Denn zumindest in den aktuelleren Baujahren lieferten die Ungarn neue Motowell Scooter mit einer auf vier Jahre verlängerten Garantie aus. Damit gehörten die Zweiräder der Marke zu den Motorrollern mit der längsten Herstellergarantie. Von diesen Ansprüchen profitierten ebenfalls gebrauchte Motowell Roller, sofern sie vor Ablauf der Garantiefrist in neue Hände kamen. Und auch hinsichtlich der Vertriebswege setzte der Konstrukteur auf ein hochwertiges Image der Marke: Neue Motowell Scooter wurden nicht über den allgemeinen Handel oder online vermarktet, sondern ausschließlich über den Motorrad-Fachhandel.
Den Schwerpunkt im Programm von Motowell bildeten Sportscooter, die die Ungarn vor allem in der Hubraumklasse von 50 ccm in den Handel brachten. Ausgestattet wurden die Roller sowohl mit Zweitaktmotoren als auch mit Viertaktaggregaten. Darüber hinaus war Motowell mit Cityrollern auf den Märkten präsent. Abgerundet wurde das Programm durch Retroroller, die mit Zweitaktmotoren als 50er Scooter sowie als 125 ccm Modell geordert werden konnten. Als Viertakter gab es zudem einen Motowell Maxiroller. Besonderheit im Produktkatalog der Ungarn: In den neueren Baujahren fand sich dort neben den bereits seit längerem etablierten Motorrollern ein Sportbike, durch das die Produktpalette von Motowell mit einem Motorrad der 125 ccm Einstiegsklasse ausgebaut wurde.
Als Klassiker im Programm galten die Scooter der Baureihe Crogen, die Motowell in drei verschiedenen Ausstattungslinien vermarktete. Dabei deckte der Crogen City mit einem vom italienischen Hersteller Minarelli zugelieferten 50er Zweitaktmotor das Segment der klassisch gestalteten Roller für den urbanen Einsatz ab. Entsprechend groß dimensioniert fiel die Sitzbank des City-Modells aus. Für Komfort im Alltag sorgten überdies eine elektrische Startanlage, das stufenlos schaltende Getriebe, ein Gepäckträger und die Bereifung im Format von zwölf Zoll. Besonderheit bei der Ausstattung: In den aktuelleren Baujahren statteten die Ungarn den Crogen City mit einer LED-Beleuchtung inklusive Tagfahrlicht aus. Eine höherwertig ausgestattete Version brachte Motowell mit dem City Ltd auf den Markt, der über Extras wie ein mit Aluminium belegtes Trittbrett oder eine Sitzbank mit roten Nähten verfügte. Ergänzt wurde das Programm durch eine Viertakt-Variante des Crogen City. Eher ungewöhnlich für Cityscooter war bei den Modellen aller Ausstattungslinien die Heckkonstruktion. Ihre schräge Anlage sowie die offenliegenden Federbeine erinnerten eher an die Crogen Motorroller, die Motowell in sportlicher Optik realisierte.
An eine junge Zielgruppe richteten sich die Crogen-Versionen, die Motowell als Sportscooter ins Programm nahm. Für die Crogen Sport und die RS setzten die Konstrukteure von Motowell ein für Sportroller typisches Konzept um, das mit reduzierter Verkleidung und Rallyegrafiken den Racingauftritt entsprechend in Szene setzte. Zudem erhielten die Sport und RS der Baureihe Crogen eine Sportauspuffanlage, große 13 Zoll Räder sowie eine kantig geformte Sitzbank mit kleiner Stufe als Rückenlehne. Als Antrieb nutzten die Ungarn einen Einzylinder-Zweitakter mit 50 ccm Hubraum, der den Sportscootern von Motowell eine Leistung von bis zu 3,9 kW (5,3 PS) zur Verfügung stellen konnte.
Die zweiten Klassiker im Programm von Motowell waren die Scooter der Baureihe Magnet, die sich in erster Linie durch ihren schlankeren Heckbau von den Crogen unterschieden. Auch die Magnet-Modelle boten die Ungarn in unterschiedlichen Ausstattungslinien als Cityscooter mit Zweitakt- und Viertaktmotoren sowie als Sportroller in den Varianten Sport und RS an. Komplettiert wurde die Modellpalette durch den Sportscooter der Baureihe Yoyo, der mit einem Viertaktmotor mit einem Leistungsvermögen von 2,2 kW (3 PS) ausgestattet wurde. Wie die anderen 50er Roller lieferte der Hersteller die Magnet Scooter auf Wunsch und ohne Aufpreis in einer gedrosselten Version aus, die mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h bereits mit einer Mofa-Prüfbescheinigung gefahren werden durfte.
Zwar legte Motowell den Schwerpunkt eindeutig auf die Motorroller in sportlicher Optik, doch den Trend zu Retrorollern konnten auch die Ungarn nicht ganz ignorieren. Daher legten sie in ihrer Baureihe Retrosa im typischen Stil der 60er Jahre gestaltete Motorroller auf, die in den Klassen von 50 ccm und 125 ccm angeboten wurden. Mit dem Modell Elenor kam zudem ein schlanker gestalteter Viertakt-Scooter im Retrolook ins Programm. Spitzenmodell war der als 125er Maxiscooter konstruierte Grand Mexon.