Echte Enduros sind im aktuellen Portfolio der Motorradhersteller und -importeure selten geworden. Der Trend geht immer mehr zur großen straßenorientierten Reiseenduro, die für den Geländeeinsatz viel zu schwer sind. Wer heute an eine “echte” Enduro denkt, hat oft Maschinen wie die Yamaha XT 500 oder die Honda SL 250 (70-iger Jahre) im Sinn. “Echt” bedeutet in diesen Fällen: ein relativ leichter Einzylinder-Viertakter mit bewusst zurück genommener Motorleistung, hochbeinig, unverkleidet und mit Stollenreifen ausgerüstet. Honda bietet aktuell nur eine einzige Maschine an, die - zulassungsfähig und alltagstauglich - puren Endurogenuss liefert. Vielleicht läutet die brandneue Honda CRF 250 L sogar einen neuen Trend ein. Das Zeug dazu hat sie allemal. Für 4.500 Euro offeriert Honda ein nur auf den ersten Blick bescheidenes Motorrad. 23 PS Motorleistung hört sich nicht sehr beeindruckend an und ist es auch nicht. Die Stärken der CRL liegen ganz woanders. Zum einen relativiert sich die Motorleistung angesichts von 144 Kilogramm Gewicht (vollgetankt) ohnehin. Zum anderen ist das Einsatzgebiet der kleinen Enduro natürlich nicht die Autobahn, sondern kleine Landstraßen, Feldwege, leichtes bis mittelschweres Gelände und der Stadtverkehr. Die gewaltigen Federwege von vorn 250 und hinten 240 Millimetern bügeln alles an Unebenheiten glatt. Da kann selbst eine drei Mal so teure KTM (190/190 Millimeter) nicht mithalten. Der Rahmen der CLR mit einer überdimensionierten 43 Millimeter-Telegabel würde auch das Doppelte und Dreifache der Motorleistung spielend verkraften. Und der nur knapp acht Liter große Kraftstofftank ist bei nur ca. drei Liter Verbrauch pro 100 Kilometer keineswegs zu klein. Die Honda CLR 250 bietet sogar einen menschenwürdigen Sitzplatz für die Sozia. Dass die Maschine extrem handlich und wendig ist, verwundert angesichts der Eckdaten und der relativ schmalen Bereifung nicht. Einziges Manko dieses empfehlenswerten und im Unterhalt extrem günstigen Allrounders: die gewaltige Sitzhöhe von 875 Millimetern. Ach ja, eine “unechte” Enduro gibt es bei Honda natürlich auch noch: die legendäre Transalp (60 PS, 8.400 Euro, 220 Kilogramm vollgetankt). Die ist über jeden Zweifel erhaben und hat sich seit einem Vierteljahrhundert als eines der besten Universalmotorräder überhaupt bewährt. Eine Honda Transalp eignet sich für Fernreisen und Einkaufsfahrten gleichermaßen - eine echte Enduro im ursprünglichen Sinn ist sie jedoch nicht.