Volkswagen, meister in der komplexen Preisgestaltung, hat den Touareg eHybrid (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 2,7 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 20,9 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 61 g/km)² im Konfigurator gut versteckt. Wer ihn sucht, findet primär das sündhaft teure R-Modell ab 90.995 Euro (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 2,7-2,6 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 20,5-20,3 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 63-59 g/km)² und erst auf den zweiten Blick die zivilere und weitaus günstigere Alternative. Mindestens in der Ausstattungslinie „Atmosphere“ vorfahrend, gibt es die Option auf den 74.250 Euro teuren und 280 kW/381 PS starken eHybrid, dessen maßgebliche Leistung aus einem 3,0-Liter-Audi-V6 herrührt, den es im Touareg auch schon ab 70.585 Euro zu kaufen gibt.
Wird der Vergleich allerdings innerhalb der gleichen Ausstattungslinie gezogen, so fährt der Plug-in Hybrid, trotz einer Mehrleistung von nominell 40 PS, nach Liste (vor Abzug etwaiger Umweltprämien) sogar 755 Euro günstiger vor als der reine Benziner. Warum ist das so? Volkswagen selbst profitiert davon, wenn sich die Kunden für den Teilzeitstromer entscheiden, spart der Konzern so pro Touareg – auf dem Papier – bis zu 137 Gramm beim CO2-Flottenverbrauch ein, die man sonst hätte woanders wieder kompensieren müssen. Etwa durch den Verkauf eines weiteren vollelektrischen Fahrzeugs.
Schlau von Volkswagen, aber auch eine gute Entscheidung für Kunde und Umwelt? Jein. Es kommt natürlich darauf an, wie das Allrad-SUV genutzt wird. Lädt der netto 14,3 kWh große Akku regelmäßig in bis zu 2,5 Stunden an der Wallbox, können realistischerweise zwischen 35 bis 40 Kilometer rein elektrisch zurückgelegt werden. Im rekuperationsgünstigen Stadtverkehr sogar ein paar Hundert Meter mehr. Bleibt das Ladekabel allerdings im Kofferraum original verpackt liegen, so wäre es ehrlicher, direkt einen Achtzylinder zu kaufen. Wie bei großen Hybrid-SUV üblich, nimmt sich auch der VW Touareg eHybrid bei leerer Batterie ordentlich Sprit. 12 Liter auf 100 Kilometer sind hier ein grober Richtwert.
In dieser Hinsicht gibt es nichts zu beschönigen, auch wenn bei geladenem Stromspeicher kurzzeitig Verbräuche zwischen fünf und neun Liter Benzin sowie 25 bis 28 Kilowattstunden Strom auf 100 Kilometer möglich waren. Diese Testwerte sind reine Kurzzeitaufnahmen, die sich bei einem Reisewagen, welcher der Touareg nun einmal ist, auf längerer Strecke kaum halten lassen. Doch sparen ist das eine, Spaß haben das andere. Die langjährige Erfahrung Porsches mit dem Hybrid-Cayenne kommt dem in weiten Teilen baugleichen Touareg III spürbar zugute, die zusätzlichen 136 Elektro-PS unterstützen den 340 PS Benziner insbesondere beim Herausbeschleunigen deutlich.
Die Boost-Funktion erkennt der Fahrer maßgeblich an einer kurzzeitig blau unterlegten Drehzahl- und Geschwindigkeitsskala, sowie am nachdrücklich zunehmenden Tempo. Die Werksangabe von 6,3 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 wirkt glaubhaft und selbst jenseits von 200 Stundenkilometer ebbt der Vorwärtsdrang des Wolfsburgers nicht ab. Gut 2,5 Tonnen Gewicht schleppt der Touareg eHybrid mit sich herum und so ist es kein Wunder, dass ihm in engen Kehren eine gewisse Leichtigkeit fehlt. Wer sich gar härter und ungehobelter an den Kurvenscheitel heranwagt, erntet früh untersteuernde Tendenzen untermalt von ermahnenden Eingriffen seitens der Elektronik.
An dieser Stelle wäre der Einsatz einer aktiven Wankstabilisierung wünschenswert gewesen, wie sie auch beim Touareg mit nicht elektrifizierten Antrieben sowie beim Schwestermodell Porsche Cayenne E-Hybrid (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 3,7-3,1 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 26,5-25,1 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 83-71 g/km)² als Option verfügbar ist. Doch Volkswagen verzichtet angeblich aus Platzgründen auf den Einsatz der 48-Volt-Dynamikkomponente und lässt überdies die Allradlenkung vermissen. Das nimmt dem SUV viel von seinem Potenzial (siehe Cayenne) und "degradiert" ihn primär zum komfortablen Langstreckenläufer.
Vorausgesetzt natürlich, es wurde das Kreuzchen bei der ebenfalls optionalen Luftfederung gesetzt. In Verbindung mit den adaptiven Dämpfern schluckt der eHybrid selbst schlechtes Straßenflickwerk mit großem Gleichmut, einzig Querfugen scheinen deutlicher zu den Insassen durch. Wenngleich die 8-Gang-Automatik im Regelbetrieb hervorragend verschliffen arbeitet, in sportiven Situationen gleitet sie ins unnötig hektische ab. Große Freude bereitet dagegen die Lenkabstimmung sowie die gleichermaßen beherzt zugreifende Bremse.
Wenig zu mäkeln gibt es überdies am vorne wie hinten großzügig dimensionierten Innenraum. Insgesamt wirkt das Cockpit für den aufgerufenen Preis zwar etwas nüchtern, Materialauswahl und Verarbeitung können aber dennoch überzeugen. Auch das optionale Komfortgestühl verdient seinen Namen und lässt sich gegen ein paar weitere Euro klimatisieren sowie um eine Massagefunktion erweitern. Seit dem Debüt des Touareg III 2018 nichts geändert hat sich indes an der Bedienung. Fahrer- und Infotainmentbildschirm sind weiterhin sehr scharf aufgelöst, deren Bedienung erfordert aber streckenweise Geduld. So nervt das System mit trägen Reaktionszeiten und einer schlechten Sprachbedienung.
Ebenfalls keine Lorbeeren erntet der Touareg für das wenig harmonische Zusammenspiel der einzelnen Assistenzsysteme. Unnötige Kollisionswarnungen ohne Hindernis auf freier Strecke, falsch erkannte Verkehrsschilder und der herzinfarktauslösende Notbremsassistent beim Rückwärtseinparken zeigen ebenso technische Grenzen auf, wie das frühzeitige Versagen jener Assistenten bei bloßer Androhung von Regen oder Schnee.
Diesel raus, Plug-in Hybrid rein. Wo früher acht, zehn oder gar 12 Zylinder im Touareg arbeiteten, muss nun ein elektrifiziertes halbes Dutzend ausreichend sein. Im Vergleich zur alten Verbrenner-Elite sinkt der Verbrauch zwar nur bei richtiger Nutzung, durch die sehr spontane Ansprache der Antriebskomponenten ist aber vor allem gegenüber dem geknebelten drei Liter Diesel ein dynamischer Zugewinn spürbar. Elektrisch fahren kann der VW Touareg eHybrid im Alltag bis zu 40 Kilometer, an den Haken nimmt er weiterhin 3,5 Tonnen. Im Innenraum gibt es derweil gut verarbeitete Nüchternheit, die mäßig funktionierenden Assistenzsysteme konnten dagegen kaum überzeugen. Gleiches gilt für die Optionsliste, die den Teilzeitstromer mit ein paar Extras schnell gen 95.000 Euro und mehr treiben kann. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)