Wer noch daran zweifelt, dass Porsche innerhalb des VW-Konzerns eine Sonderstellung einnimmt, sollte auf beiden Konzernwebseiten einmal nachschauen, ob er oder sie einen Plug-in Hybrid konfigurieren kann. Was bei der Kernmarke und den sonstigen Tochtergesellschaften seit dem Frühjahr nicht mehr möglich ist, läuft bei Porsche als wäre nichts gewesen. Weshalb wir das erwähnen? Weil Volkswagen speziell mit dem Touareg R Hybrid (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 2,4-2,1 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 24,2-23,7 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 54-49 g/km; elektrische Reichweite: 47 Kilometer)² doch sehr versucht hat auf der Klaviatur der Stuttgarter zu spielen. Mit einem einstigen Neupreis von 90.995 Euro gab sich der scharfe „Treg“ zudem nur unwesentlich volksnaher als ein in weiten Teilen baugleicher Porsche Cayenne E-Hybrid (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 3,7-3,1 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 26,5-25,1 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 83-71 g/km; elektrische Reichweite: 41-44 Kilometer)² zu mindestens 97.903 Euro.
Was die Frage aufwirft, warum man den Volkswagen nehmen sollte? Ehrlichweise mussten auch wir während unserer kurzweiligen Stop-and-Go-Fahrten im Münchner Umland erst einmal länger darüber nachdenken. Sowohl der Touareg als auch der Cayenne beziehen ihre Leistung aus dem gleichen, sehr verschliffen arbeitenden, 462 PS starken Hybrid-Antriebsstrang, der maßgeblich durch einen drei Liter großen Audi-V6 mit für sich genommen 340 PS gespeist wird. Die E-Maschine im Achtgang-Automatikgetriebe steuert derweil bis zu 100 kW/136 bei und wenn beide Motoren zusammen agieren, steht ein Berg von maximal 700 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung.
Ob der Sprint von null auf 100 km/h nun in 5,0 (Cayenne) oder 5,1 Sekunden (Touareg) vonstattengeht, ist ziemlich egal. Spürbarer sind, sofern man beide Fahrzeuge relativ zeitnah zum Vergleich heranzieht, eher die Detailarbeiten am Fahrwerk. Der Treg ist weicher, darf in Kurven spürbar wanken, der Cayenne ist mit adaptiver Luftfederung sportlich-straffer abgestimmt. Ein i-Tüpfelchen für alle, die darauf Wert legen: Im Cayenne gibt es, ebenfalls optional, aktive Wankstabilisierung und Allradlenkung zu bestellen – bei Volkswagen konnte man beide Extras dagegen nicht auswählen. Auch hierüber wird der Abstand zum Stiefbruder aus dem Porsche Werk Leipzig gewahrt.
Preislich entgleitet der Porsche Cayenne E-Hybrid mit den zahlreichen in der Aufpreisliste gesetzten Häkchen natürlich schnell seinem Ausgangswert, bietet dafür im Innenraum aber spürbar mehr (hineinkonfigurierbare) Noblesse als der Wolfsburger. Bei einem Auto nahe der 100.000 Euro darf man schließlich mehr erwarten als ein paar blaue Ziernähte und R-Stickereien in den Kopfstützen. Das nüchterne Einheits-Schwarz der Ledersitze des Testwagens macht die Sache nicht besser. Dafür spendiert Volkswagen serienmäßig ein erhellendes Panoramaschiebedach, das wiederum die Kopffreiheit der Fondpassagiere einschränkt.
Hegt man derweil keine allzu hohen sportlichen Ansprüche an den Touareg, lässt es sich mit ihm im Alltag dennoch gut leben. Die Fahrgastzelle ist gut gedämmt, die Sitzposition bequem und auch die elektrische Reichweite von realistischen 40 Kilometern reicht immerhin für die allermeisten Tagesherausforderungen; vom Kinder in die Schule bringen, über Einkaufen bis hin zum einfachen Pendelweg in die Arbeit. Dass man zuhause und unterwegs dann nur mit mageren 7,2 kW laden kann, ist im Jahr 2022 unverständlich. Das gilt übrigens auch für den Porsche Cayenne E-Hybrid.
Ist der 14,3 kW große Akku durchs „Boostern“ oder rein elektrische Fahren leergezogen, genehmigt sich der rund 2,5 Tonnen schwere Wolfsburger 12 bis 14 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer – je nach Fahrprofil können es auch etwas weniger oder mehr sein.
Der Volkswagen Touareg R Hybrid ist per se kein schlechtes Auto. Im Gegenteil bietet er einen hohen Fahr- beziehungsweise Reisekomfort, viel moderne Technik und mehr als ausreichend Leistung. Seine größten Schwächen sind hingegen sein hoher Preis und die Tatsache, dass er dafür zu wenig Prestige offeriert. Er lohnt sich daher vor allem für jene, die ein großes Hybrid-SUV suchen, aufgrund von Neiddiskussionen allerdings keinen Porsche fahren wollen. Bestellbar sein dürfte der Touareg R Hybrid indes wieder ab 2023 mit dem anstehenden Facelift. Fahrdynamischer und sofort verfügbar ist allerdings der Porsche Cayenne E-Hybrid. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)