Gleich vorweg: ein solches Oberklasseauto wird es nicht mehr geben. Nicht bei Volkswagen und auch nicht bei der Konkurrenz aus München oder Stuttgart. Wo der Audi A8 D2 der Youngtimer für die Ewigkeit ist, ist der auf der gleichen Plattform aufbauende Volkswagen Phaeton der ewig Perfekte. Optisch nüchtern, aber mit viel Liebe zum Detail konstruierte man in der Gläsernen Manufaktur Dresden von 2001 bis zum 18. März 2016 eine Limousine, die es durchaus mit englischen Edelkarossen aufnehmen konnte.
Am Ende wollte ihn keiner mehr haben – nicht einmal Volkswagen selbst. Piëchs Erbe, es wurde zuletzt auf den Händlerparkplätzen zu billigsten Konditionen verhökert und via Ein-Prozent-Leasing oftmals zu 500, gar unter 400 Euro an dankbare Phaeton-Versteher abgegeben. Nun locken günstige Gebrauchtwagenpreise und Finanzierungsangebote, um die noch verbliebenen Fahrzeuge endlich und endgültig vom Hof und somit aus den Büchern streichen zu können.
Stärken und Schwächen
Was taugt so ein gebrauchter VW Phaeton und auf was sollte man achten? Grundsätzlich und durch die Baujahre hindurch wurde die Limousine mit absoluter Perfektion gebaut – das sollte man sich immer im Hinterkopf behalten. Wo sonst sieht man solche Kofferraumscharniere, gefräst aus einem Stück Aluminium? Die Lüftungsdüsen im Innenraum öffnen selbstständig nur bei Bedarf, verstecken sich jedoch im Normalfall hinter edlem Holzfurnier. In der Regel sitzt man auf hochwertigem Ledergestühl und Platzmangel kennt der Phaeton-Käufer nur in den seltensten Fällen.
Wo Licht, da auch Schatten? Ja, denn die unzähligen elektrischen Helferlein, Steuergeräte und Komfortfeatures sind auch im Ober-Volkswagen nicht dauerhaltbar. Die automatische Kofferraumklappe neigt zu Defekten, das Navi der ersten Jahre bis einschließlich Mitte 2008 ist ein Grauen an Bedienung und Zuverlässigkeit und wenn das Getriebe nicht jeden Gang butterweich einlegt – sofort die Finger davonlassen. Weiterhin ist das serienmäßige – und äußerst bequeme – Luftfahrwerk ein Hort für Schwächen, optische Mängel gibt es ebenfalls zu verzeichnen.
Allen voran Rost ist hier ein immer deutlicher werdendes Thema. Am Unterboden, den Zierleisten der Türen und natürlich bei unsachgemäß vorgenommenen Reparaturen. Die vorderen Kotflügel sind dagegen gewichtsoptimiert aus Kunststoff gefertigt und die Türblätter aus Aluminium. Doch selbst sie können korrodieren, womit sich der Phaeton-Halter gleichermaßen klagend an den Stammtisch zu ebenfalls leidgeplagten Audi A8 Fahrern setzen kann. Im Generellen gilt, wie bei jedem anderen Gebrauchten auch, Scheckheft und Rechnungen sind einzusehen. Nur umfangreich gewartete Fahrzeuge sollten in die engere Auswahl kommen.
Empfehlenswert ab 2008
Empfehlenswert ist der Phaeton nach der zweiten Modellpflege ab Ende 2008. Ab diesem Zeitpunkt verbaute Volkswagen unter anderem serienmäßig die RSN 810 Navigationseinheit samt Touchscreen und 30 GB Festplatte. Mit heutigen Systemen nicht mehr vergleichbarer, gilt es jedoch als ausgereift und immer noch brauchbar. Der angebotene V6 TDI wurde leistungsstärker und erfüllte ab der „GP2“ die Abgasnorm Euro 5. Bis zum Produktionsende 2016 reduzierte Volkswagen stetig die Motorenpalette, um am Ende nur den 4,2-Liter Achtzylinder (Euro 6) übrig zu lassen. Was uns wohl zu einer der wichtigsten Frage im Phaeton führt: der, nach dem Antrieb.
Kurzum: V6 Benziner und V10 Diesel sind zu meiden, die letzten V6 Dieselmotoren (245 PS) hingegen sind für Vielfahrer nach wie vor geeignet und wer es gediegener haben möchte, der greift zum 334 PS starken V8-Aggregat. Sportliche Ambitionen darf man von beiden Triebwerken nicht erwarten, genussvolles Cruisen steht klar im Vordergrund. Der Selbstzünder hält sich im Normfallfall dezent im Hintergrund und dankt bei zurückhaltender Fahrweise mit einem Verbrauch zwischen neun und zehn Liter Diesel. Den V8 nimmt man noch viel später wahr als den TDI, hört man ihn erst jenseits des Wohlfühltempos eines VW Phaetons leise dahingrummeln. Die Leistung reicht um den Koloss auf 250 km/h zu beschleunigen, Verbrauchswerte von 14 bis 18 Liter Super (Plus) sind einzukalkulieren.
Der W12 als Königsklasse
Die Königsklasse betritt man unbestreitbar mit dem Erwerb eines VW Phaeton W12 in einer exklusiven Langversion. Gute 5,17 Meter sind zu lang für jede normale Parklücke, der Durst nach Super Plus kennt keine Grenzen, aber an Laufkultur, Durchzugsstärke und Prestige geht nichts an dem magischen Dutzend vorbei. Gut gewartete Fahrzeuge mit einer geringen Laufleistung sind bereits auf dem besten Wege zum Klassiker, die preisliche Talsohle gilt auch auf AutoScout24 bereits als durchschritten. Doch sollte man auch hier beachten: die ersten Modelle sind zu meiden, gebaut wurde der W12 bis Anfang 2011 (für China etwas länger) - was man in jedem Fall ausreizen sollte.
Fazit
Piëchs Erbe: in Form des Volkswagen Phaetons bedeutet dies ein tolles Auto, perfekt verarbeitet, aber nicht frei von Mängeln. Wer einen großvolumigen Benziner hat sollte ihn behalten, wer dagegen noch überlegt sollte sich schnell entscheiden. Ähnlich wie BMW 750iL (E38) und Mercedes-Benz 600 SEL (W140) verkörpert der VW Phaeton das Beste aus seinem Hause. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)