Der letzte echte Volkswagen von Format? Natürlich der Passat. Als B8 ist er seit 2015 auf dem Markt, wurde 2019 leicht geliftet und entspricht als Kombi-Modell Variant weiterhin dem, in diesem Fall positiv zu wertenden, Normativ eines Familien- und Vertreterautos. Wer sich bei der Konfiguration zurückhält, bekommt für knapp unter 40.000 Euro auch im auslaufenden Kalenderjahr 2022 sehr viel Auto geboten. Ob man sich das (je nach Ausstattungslinie) zwischen 2.415 und 2.550 Euro teure Doppelkupplungsgetriebe spart und lieber den gut zu bedienenden Sechsgang-Handschalter wählt, bleibt eine Geschmackssache. Ähnlich verhält es sich bei der Motorenwahl.
Technisch gesehen macht man mit der hier getesteten manuellen Option zumindest keinen Fehler. Leichtgängig und gut geführt harmoniert das Getriebe bestens mit dem 150 PS starken 2.0 TDI (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 4,8 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 126 g/km)², der wenig Mühe hat den rund 1,6 Tonnen schweren Niedersachsen nach vorne zu bewegen.
Alternativ steht auch ein moderner Basisbenziner bereit, der sich, gegenüber dem Diesel, beim Verbrauch ehrlicherweise nicht viel nimmt. So lag der Testverbrauch des 2.0 TDI bei rund 7,0 Liter auf 100 Kilometer. Und das, obwohl dem „Passerati“ sportwagenähnliche Geschwindigkeitsorgien fremd sind. Aus dem Stand auf Tempo 100 geht es in gemütlichen 9,1 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist mit 213 km/h angegeben. Mehr Motor braucht es für den Alltag dennoch nicht. Vor allem, da der Passat Variant hohe Komfortreserven zu bieten hat.
Schade an dieser Stelle: Das im Testwagen verbaute und zugleich empfehlenswerte Adaptivfahrwerk DCC ist erst ab der Ausstattungslinie „Business“ zu mindestens 39.270 Euro erhältlich. Alternativ stehen selbst in der Basisvariante „Conceptline“ (ab 34.725 Euro) eine Niveauregulierung für die Hinterachse sowie ein um 15 Millimeter höhergelegtes Schlechtwegefahrwerk (ähnlich zum VW Golf Alltrack) parat. Wenngleich der aktuelle VW Passat Variant mittlerweile über acht Jahre auf dem Buckel hat: Die fahrdynamischen Komponenten bilden weiterhin eine souveräne Einheit, die zwar kaum Emotionen wecken, auf der anderen Seite aber auch keine Fragen aufwerfen.
Mehr Erklärung bedarf hingegen das Navigationssystem "Discover Pro". Zwar lässt sich der Umgang mit diesem früher oder später erlernen, die Reaktionszeiten von Touchscreen und Spracheingabe blieben im Test allerdings erneut hinter den Erwartungen zurück. Empfehlung: Wer noch echte Drehknöpfe favorisiert, greift zum günstigeren, aber ebenfalls mit Wireless CarPlay und Android Auto ausgerüsteten "Discover Media". Dagegen technisch vollständig überholt präsentiert sich das Head-up Display, das seine Informationen auch im Jahr 2022 auf eine ausfahrbare Scheibe projizieren muss.
Mit Blick auf den restlichen Innenraum des Passat Variant verstummt die Kritik überwiegend. Insbesondere im Vergleich zu jüngeren Konzernmodellen darf der Familienkombi qualitativ noch aus dem Vollen schöpfen. Handfeste Kunststoffe, sehr bequeme optionale (ergoComfort)Sitze und viel Platz in der ersten und zweiten Reihe lassen den Wolfsburger durchaus wertig erscheinen. Der Kofferraum des Variant fasst indes 650 bis maximal 1.780 Liter, die Zuladung beträgt 594 Kilogramm und die Anhängelast ist mit immerhin zwei Tonnen angegeben.
Ab der Ausstattungsvariante „Business“ wird zudem der durchaus sinnvolle Anhängerrangierassistent „Trailer Assist“ angeboten, der das rückwärtige Rangieren spürbar erleichtern soll. Mit „IQ.Drive“ bündelt Volkswagen derweil seine fahraktive Assistentenkompetenz in einem Paket, wobei es vor allem der „Travel Assist“ ist, der den Alltag so manches Langstrecken-Autobahnfahrers erleichtern kann. Wer dagegen gerne selbstbestimmt unterwegs ist, kann die Helferlein stets leicht deaktivieren.
Old but Gold: Auch wenn der VW Passat B8 Variant mittlerweile in die Jahre kommt, macht man mit ihm nach wie vor keinen Fehler. Die eingesetzte Technik ist ausgereift (beim Navi lieber nicht die Top-Variante, sondern das "Dicover Media" mit echten Knöpfen nehmen), das Platzangebot üppig und die Qualität auf einem hohen Niveau. Empfehlenswert ist der tiefere Blick in die Ausstattungsliste oder den Konfigurator. Selbst eine zunächst spartanisch wirkende „Conceptline“ mit Basisbenziner kann mit wenigen Klicks interessant verfeinert werden. Ohne Automatikgetriebe und als Benziner bleibt man zudem knapp unter der Grenze von 40.000 Euro. Kein Schnäppchen, aber weiterhin viel Auto fürs Geld. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
*Herstellerangaben