Der VW ID.7 Pro 77 kWh auf einen Blick*
- Erste Elektro-Limousine von VW
- WLTP-Reichweite bis zu 618 km
- Neues Bedienkonzept um MIB4
- Komfortabel und viel Platz
- Bis zu 175 kW DC Laden
- Grundpreis ab 53.995 Euro
*(Stromverbrauch kombiniert: 16,1-14,0 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km; CO2-Klase: A)²
Der ID.7 soll alles besser machen
Nach und nach versucht Volkswagen, mit seinen Stromern das Tal der Tränen zu verlassen. Obwohl man mit e-up! und e-Golf schon früh zwei passable Elektroautos für die Stadt im Programm hatte, konnten die Anfangserfolge nicht auf die Modelle ID.3 und ID.4 abstrahlen. Zahlreiche Softwareprobleme, eine überschaubare Materialqualität und andere technische Schwierigkeiten überschatteten den Hochlauf der E-Mobilität bei den Niedersachsen. Mit dem ID.7 hingegen scheint man aus den anfänglichen Fehlern gelernt zu haben. Bereits die ersten Testfahrten mit der neuen Limousine Ende 2023 zeigten eine deutliche Kehrtwende – der ADAC vergab für den ID.7 in Folge sogar ein seltenes „sehr gut“ in der Eigenschaftswertung.
Ein bequemes Reiseauto, nah dran am Phaeton
Doch die Realität ist kein Windkanal, keine Prüfstrecke und auch kein Hypermiling-Contest. Um in der realen Welt die Menschen von der E-Mobilität zu überzeugen, muss der 210 kW/286 PS starke ID.7 Pro auch auf der Autobahn überzeugen können. Und das eben nicht nur bis maximal Tempo 130. Da mögen manche nun den Kopf schütteln. Aber solange die deutsche Gesetzgebung auf der Bundesautobahn nicht automatisch ein Tempolimit vorsieht, muss es akzeptiert werden, dass die Leute schneller fahren dürfen und das auch wollen. Maximal 180 km/h sind mit dem ID.7 Pro möglich, selbst die GTX-Varianten dürfen nicht schneller fahren.
An dieser Stelle gilt festzuhalten, dass sich 4,96 Meter lange Volkswagen-Limousine bei allen Geschwindigkeiten sehr souverän pilotieren lässt. Der niedrige Schwerpunkt, das ausgewogen abgestimmte Adaptivfahrwerk, die gut gewichtete Lenkung und das niedrige Geräuschniveau im Innenraum sorgen für ein angenehmes Fahrverhalten, nah dran am altehrwürdigen Phaeton. Hinzu kommen (optional) sehr bequeme ergoActive-Sitze und die hin und wieder in der Tat intelligent arbeitende Klimaautomatik. Weniger schlau agiert dagegen der Sprachassistent IDA, der Eingaben oft nur unzureichend versteht. Witz am Rande: Die Aktivierungskommandos „Hallo IDA“ und „Hallo Volkswagen“ können gegen eigene Aufsager getauscht werden – Schimpfwörter inklusive. Diese Art von Humor hätten wir einem Konzern wie VW kaum mehr zugetraut.
VW ID.7 überzeugt mit guten Schnellfahr-Verbräuchen
Schimpfen musste ich mit dem ID.7 die erste Zeit meines Langstreckentests hingegen kaum. Vom bayerischen Irschenberg sollte es ins 453 Kilometer entfernte Lichtenwalde bei Chemnitz gehen. Gestartet mit einer 85 Prozent geladenen Batterie (Nettokapazität 77 kWh), legte ich den ersten Ladestopp nach 277 Kilometern ein. Die Batterie zeigte da noch sechs Prozent, genutzt wurde für die Wegstrecke also rund 79 Prozent der Energie oder 21,96 kWh je 100 Kilometer. Kein schlechter Wert für den Umstand, dass ich, je nach Verkehrslage, auf den unbeschränkten Autobahnschnitten stets die Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h angepeilt habe.
Während selbst längere Vollstrometappen für den Antriebsstrang kein Problem darstellten, hatte das Thermomanagement der Batterie bei sommerlichen Temperaturen keine Freude an meinem Fahrstil. Die maximale Ladeleistung von 175 kW wurde folglich nur kurz erreicht, wobei ich noch kein anderes E-Auto erlebt habe, das an einer Ladesäule so viel Wirbel gemacht hat – alles, was lüften konnte, lief auf Hochtouren. Trotzdem wurde die Batterie nach etwas mehr als 25 Minuten wieder bis auf 80 Prozent geladen – weitere 15 Minuten brachten den Akku auf gut 96 Prozent.
Beim Energiekostenvergleich bleibt der Diesel auf der Langstrecke ungeschlagen
Diese Werte konnten in den folgenden Tagen an verschiedenen HPC-Ladestationen gleichermaßen reproduziert werden. Unterstellt man dem normalen ID.7-Fahrer nun eine etwas effizientere Fahrweise, stehen auf längeren Etappen auch schnell 18 kWh und weniger im Bordcomputer. Die maximale Langstreckenreichweite (5 bis 80 Prozent) steigt dann auf etwa 320 Kilometer. Damit ist der ID.7 auf dem Papier zwar weiterhin nicht automatisch eine Alternative zu einer ausgewachsenen Diesel-Limousine – in der Realität fallen die Zwangshalte jedoch erfreulich kurz aus.
Allerdings sollte man stets die Energiekosten im Blick behalten. Je nach Ladestromanbieter sind an den Schnellladestationen zwischen 0,60 und 0,79 Cent je Kilowattstunde fällig. Macht bei knapp 22,0 kWh (ohne Ladeverluste) schnell eine Stromrechnung von über 17 Euro je 100 Kilometer. Zum Vergleich: Der geschmähte Diesel-Dieter mit mit einem Zwei-Liter-Diesel-A6 zahlt bei einem Verbrauch von 6,8 Liter auf 100 Kilometer für die gleiche Wegstrecke, bei einer vergleichbaren Fahrweise kaum 12 Euro (angenommener Diesel-Preis: 1,75 Euro/l).
Software weiterhin nicht ohne Macken
Obwohl sich der VW ID.7 Pro sehr angenehm fahren lässt, die Materialqualität gegenüber anderen ID-Produkten spürbar verbessert wurde und auch das Reichweitenthema langsam an Gewichtung verliert – gänzlich mängelfrei hat unser Testwagen über die zwei Testwochen nicht gearbeitet. Während mir der sporadische Ausfall des hinteren linken Blinkers noch keine Schweißperlen auf die Stirn getrieben hat, sieht das bei einem Fehler des Elektrosystems schon anders aus. Besonders, wenn man gerade irgendwo in der Walachei steht. Einfluss auf die Antriebsleistung hatte die Meldung zwar glücklicherweise nicht – die Verunsicherung hingegen blieb bestehen.
Fazit
Der ID.7 ist das mit Abstand beste Elektroauto, das Volkswagen derzeit auf dem Markt hat. Die Strom-Limousine lässt sich selbst über längere Distanzen sehr angenehm fahren, bietet ausreichend Antriebskraft und innen viel Platz für Mensch und Gepäck. Selbst die „Vollstrom“-Reichweite geht im Vergleich zur Konkurrenz in Ordnung – die Ladezeiten sind zudem erfreulich kurz. Allerdings scheinen weiterhin nicht alle Softwareprobleme gelöst zu sein. Ein Thema, das nichts mit dem ID.7 als Auto zu tun hat: Auf der Langstrecke ist E-Auto-Fahren weiterhin zu teuer. (Bilder: tv)