Der neue VW ID.7 Pro 77 kWh auf einen Blick
- Neues Aushängeschild der elektrischen ID-Familie
- WLTP-Reichweite bis zu 621 km, 175 kW DC-Ladeleistung
- Sehr komfortabel, gutes Handling
- Hochwertiges Interieur
- Konkurrenz für Mercedes EQE und BMW i5
- Startpreis ab 56.995 Euro
Die Qualitätsoffensive bei Volkswagen geht weiter
In den letzten Monaten muss der Druck bei Volkswagen gewaltig gewesen sein. Nach dem Ende der Diess-Ära mussten Lieferengpässe bewältigt, Qualitätsprobleme beseitigt und zukünftige Modelle korrigiert werden. Doch es macht den Anschein, als hätten die Wolfsburger die Kurve gerade noch einmal gekriegt. Woran wir das festmachen? Unter anderem an der ersten Serien-Testfahrt im 210 kW/286 PS starken ID.7 Pro - dem neuen Aushängeschild von Volkswagen (Stromverbrauch kombiniert: 16,3–14,1 kWh/100 kmh; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km; Elektrische Reichweite: bis zu 621 km)².
Innen groß und gut verarbeitet
Schon beim ersten Blick in und um die 4,96 Meter lange Elektro-Limousine wird klar, dass sich der Konzern gerade in einem positiven Umbruch befindet. Der Rotstift wurde offensichtlich beiseitegelegt, dafür wird den Kunden wieder handfeste VW-Qualität geliefert. Grobes Hartplastik sucht man im täglichen Sicht- und Griffbereich der ersten, aber auch zweiten Sitzreihe vergebens. Vorne und hinten ist mehr als genügend Platz vorhanden, nur Großgewachsene jenseits der 1,90 Meter stoßen im Fond schnell an den Dachhimmel.
Der Kofferraum mit der weit zu öffnenden Heckklappe fasst zwischen 532 und 1.536 Liter – einen Frunk gibt es nicht. Wir stellen derweil die ziemlich bequemen ergoActive Premium-Sitze ein und erfreuen uns an der VW-typisch guten Ergonomie. Anschließend fällt der Blick auf das clever arrangierte Fahrerdisplay und das serienmäßige Augmented-Reality-Head-up-Display. Der 15 Zoll Infotainment-Bildschirm ist gut zu erreichen und unterhalb dessen gibt es endlich beleuchtete Slider für die Lautstärken- und Temperaturregelung. Nach den Bedien-Querelen um die bisherigen ID-Produkte ist die neue Generation des Modularen Infotainment Baukasten (MIB), abgesehen vom Lenkrad mit seinen unpräzisen Touchfeldern, für den norddeutschen Autobauer eine Art Quantensprung.
Hoher Bedienkomfort und niedrige Ladezeiten
Die Menüs sind logisch aufgebaut, die Reaktionszeiten auf gesprochene ("Hallo Ida!") und händisch getätigte Eingabebefehle fallen erfreulich kurz aus. Ergänzt wurde das System zudem um eine flotte sowie auf den ersten Blick sinnige Ladeplanung. Ganz gleich, ob wir von unserer Testlokalität nahe Marseille nach Tegernsee, Athen oder in den Süden Italiens fahren wollten, der ID.7 berechnete binnen weniger Sekunden die Route und plante die entsprechenden Ladestopps ein. Ob es nun die adaptive Climatronic ohne mechanisch zu verstellende Lüftungsdüsen gebraucht hat? Geschmackssache! Weniger Zweifelhaft sind da schon die Verbrauchs- und Ladewerte. Auf unseren Berg- und Talfahrten mit Etappen auf der französischen Autobahn, Starkregen und Außentemperaturen um neun Grad Celsius pendelte sich der ID.7 Pro bei 22 kWh je 100 Kilometer ein. Unter anderen Bedingungen sollte aber auch deutlich weniger möglich sein. Zuträglich ist hier sicherlich die Rekuperations-Fahrstufe "B", die aber weiterhin kein One-Pedal-Driving bis zum Stand ermöglicht.
Die Einsatzreichweite der netto 77 kWh großen Lithium-Ionen-Batterie läge bei unserer Fahrweise somit bei theoretischen 350 Kilometern. Praxisnäher ist es allerdings, auf Überlandstrecken bis zu 25 Prozent abzuziehen, da die Batterie nie ganz leer gefahren, aber in der Regel auch nicht über 80 Prozent geladen wird. Macht einen Langstrecken-Einsatzradius von etwa 260 Kilometern mit einer Ladung. Die 86-kWh-Batterie mit mehr Reichweitenpotenzial aus dem künftigen ID. Buzz LWB kommt erst 2024 - genauso wie der Kombi namens Tourer. Immerhin kann der ID.7 Pro an anderer Stelle wieder Boden gutmachen. Denn beim Selbstversuch lud er an einer lediglich 150 kW-DC-Säule (max. DC-Ladeleistung gemäß Hersteller bis zu 175 kW; 11 kW AC) von 10 auf 80 Prozent in weniger als 30 Minuten. Das entspricht beinahe den Werten aus dem VW-Datenblatt - ohne die maximale Ladeleistung ausgeschöpft zu haben.
Der Geist des Phaetons darf im Fahrwerk nachschwingen
Auch beim Fahrkomfort haben die Wolfsburger den Mund nicht zu voll genommen. Mit dem neuen und weitreichend verstellbaren DCC-Fahrwerk erreicht der VW ID.7 beinahe den Abrollkomfort eines Phaeton. Freilich können die adaptiven Dämpfer nicht ganz die Luftbälge der Piëch-Limousine ersetzen, aber auf normal schlechten Straßen brilliert der Stromer mit samtiger Weichheit und beherrscht gar das leichte Nachschwingen, ohne schwammig zu werden. Ausnahmen: Kurze Stöße oder querliegende Bodenschwellen werden ziemlich stumpf in den Innenraum übertragen. Auffallend ist außerdem, dass Volkswagen die Lenkung sehr gewichtig abgestimmt hat. Das wirkt im ersten Moment ungewohnt, vermittelt aber gleichzeitig ein opulentes Fahrgefühl.
Die satte Straßenlage entsteht natürlich auch durch das tief montierte Batteriepaket zwischen den Achsen (Radstand: 2,97 Meter) und dem Leergewicht von über 2,2 Tonnen. Trotzdem haben es die VW-Ingenieure verstanden, die zahlreichen Pfunde sowie die Außenabmessungen des ID.7 gekonnt zu kaschieren (Wendekreis: 10,9 Meter). In Sachen Antrieb fährt das Flaggschiff zunächst mit einem 210 kW/286 PS starken Heckantrieb vor, der für unser Dafürhalten aber schon mehr als genug Leistung bietet. Das fixe Einfädeln auf Autobahnen gelingt genauso problemlos wie das Meistern von steilen Bergstraßen. In 6,5 Sekunden geht es von null auf 100 km/h, abgeregelt wird bei Tempo 180. Durchdrehende Räder gibt es auch dank des zentral vernetzten Fahrdynamikmanagers eher selten. Die zukünftige Allrad-Variante ist daher vor allem etwas für weiterhin schneesichere Alpenregionen oder für all jene, die mehr Zugkraft benötigen.
Erstes Fazit
Der ID.7 ist sicherlich kein „Gamechanger“ für die gesamte Branche, wohl aber für Volkswagen. Er ist nicht einfach nur eine neue Nummer, sondern eine neue Generation an E-Autos aus Wolfsburg. Qualität und Infotainment stimmen endlich, ebenso gefällt das Platzangebot und der große Kofferraum. Will man dennoch nörgeln, dann sicherlich über die weiterhin überschaubare Langstrecken-Reichweite. Hier wird aber die bald verfügbare Pro S-Variante nachlegen. Etwas kleinlich: Die Wärmepumpe kostet immer extra. In unseren Augen konkurriert der neue VW ID.7 dennoch nicht mit einem Hyundai Ioniq 6, sondern eher mit Mercedes EQE und BMW i5. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)
Technische Daten VW ID.7 Pro 77 kWh
Modell | VW ID.7 Pro 77 kWh |
Motor | Permanentmagnet-Synchronmaschine (PSM) des Typs APP 550 |
Antrieb | Hinterrad, 1-Gang-Automatik des Typs EQ 550-1P |
Max. Systemleistung | 210 kW (286 PS) |
30-Minuten-Leistung | 89 kW (121 PS) |
Max. Systemdrehmoment | bis zu 545 Nm |
Batterie | 77 kWh Lithium-Ionen (netto) | Batterieheizung | Ja, Serie | Wärmepumpe | Ja, optional | Bidirektionales Laden (V2X) | nein |
Max. Ladeleistung AC/DC | 11 kW/175 kW |
Stromverbrauch kombiniert (WLTP) | 16,3–14,1 kWh/100 km² |
Testverbrauch gemäß Bordcomputer | 22 kWh/100 km |
CO2-Emissionen kombiniert | 0 g/km² |
Reichweite nach WLTP | bis zu 621 km (774 km EAER-City)² |
Im Test gemessene Reichweite | bis zu 350 km (ohne Stadtanteil) |
Beschleunigung (0–100 km/h) | 6,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Abmessungen (L/B/H) | 4,96 m/1,86 m/1,54 m |
Leergewicht | ca. 2.300 kg |
Anhängelast | bis zu 1.200 kg |
Kofferraumvolumen | 532 bis 1.586 l |
Grundpreis ID.7 Pro | ab 56.995 Euro |