Volkswagen Golf GTI. Zwei Wörter, eine Abkürzung und so gut wie jeder Autofan hat ein konkretes Bild vor Augen. Welches genau, das hängt davon ab wie alt du bist. Ob nun Golf I oder Golf VII, eines ist gewiss: Bis auf den limitierten Clubsport S im Jahr 2016 hatte kein Serien-GTI zuvor so viel Power unter der Haube wie der aktuelle „Gran Turismo Injection“ mit Clubsport-Zusatz.
221 kW/300 PS für einen Fronttriebler sind ein Wort und rufen gleichzeitig all jene auf den Plan, die diese Kombination als unfahrbar bezeichnen (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,6 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 151 g/km²). Sie haben damit - meistens - unrecht. Ja, Volkswagen dachte sich schon was beim Allrad der R-Varianten, aber bis auf vermehrt durchdrehende sowie stempelnde Räder bei nassen Straßen ist alles gut. Wobei das noch untertrieben wäre.
Was die Damen und Herren in Wolfsburg bei diesem Wagen an Längs- und Querdynamik vom Stapel lassen, lässt auch jene nicht kalt, die mit einem Golf normalerweise wenig anfangen können. Zwar wird der Einheits-2.0-TSI mit der internen Bezeichnung EA888 evo4 ob seiner Soundkulisse kein Gänsehaut-Feeling auslösen, das Getöse mit zeitweise eingespielten Pops und Bangs passt aber immerhin zum Gesamtkonzept des GTI Clubsports.
Mit mindestens 41.265 Euro ist der GTI Clubsport übrigens 4.710 Euro teurer als der normale GTI und gleichzeitig teurer als alle direkten Mitbewerber aus den Häusern Hyundai, Renault oder Honda. Neben mehr Motorleistung bietet der Clubsport derweil einen erweiterten Fahrdynamikmanager sowie einen speziellen Nürburgring-Fahrmodus.
Der Fahrdynamikmanager verbindet dabei erstmals die elektronisch geregelte Vorderachsquerrsperre mit dem optionalen Adaptivfahrwerk (DCC) und soll so bestmöglich das Schieben über die Vorderräder verhindern. In der Praxis gelingt das nicht immer, doch deutlich besser als bei den Vorgängern. Die gut gewichtete und für VW-Verhältnisse mitteilsame elektrische Lenkung gefällt, spürbar sind die Antriebseinflüsse nur selten.
Den Nürburgring-Fahrmodus hätte man hingegen auch Autobahn-Modus nennen können. Ist dieser aktiviert, sind Motor und 7-Gang-DSG auf maximale Eskalation aus, das DCC-Fahrwerk lässt dagegen Milde walten. Mit diesem Setting zollt Volkswagen dem herausfordernden Rundkurs in der Eifel Tribut, es eignet sich aber auch bestens, um über schlechte Asphaltpisten eilig von Frankfurt nach München zu brettern.
Der 2.0 TSI hängt dabei immer heftig am Gas, kredenzt ab 2.000 Umdrehungen 400 Newtonmeter Drehmoment und rennt per Launch Control innerhalb von 5,6 Sekunden von null auf 100 Stundenkilometer. Ende ist laut Tacho irgendwo knapp über Tempo 270, was echten 250 km/h entsprechen dürfte.
In aller Regel harmoniert auch das alternativlose DSG mit dem Motor – nur ab und an kennt das Getriebe offensichtlich seine Aufgabe nicht und verharrt kurzzeitig in einer Art Schockstarre ohne Kraftschluss. In Sachen Spritkonsum benötigst du, was du abforderst. Acht Liter bei zurückhaltender und eher 13 Liter auf 100 Kilometer (laut Bordcomputer) bei forscher Fahrweise sind ungefähre Richtwerte.
Wenig Lob gibt es derweil für die Bedienung des Golf VIII: Von Grund auf wäre das Handhabungskonzept des 8er Golfs kein schlechtes, wären Software und manche Nutzerschnittstelle eine andere. Lässt sich das gestochen scharfe Digitalcockpit noch einigermaßen gut bedienen, steigt der individuelle Frust bereits mit Start der Spracheingabe. Führt die mündliche Ansage nicht zum Erfolg, wird das Discover Pro Navi umständlich per Hand bedient.
Das lenkt nicht nur vom Fahren ab, die Routenführung findet auch nur mittelmäßig zum Ziel. Trotz vorhandener Bundesstraßen werden verschlungene Wege empfohlen oder auf der Autobahn befindest du dich bei Tempo 180 laut Navi plötzlich auf der nebenliegenden Tangente. Ähnlich fehleranfällig präsentierten sich die Assistenzsysteme rund um den Travel Assist, die zwar bei Sonnenschein, nicht aber bei Schnee oder Regen funktionierten.
Bei den Materialien gibt es ebenfalls viel Schatten, aber kaum Licht. Bis auf das tolle Lenkrad und die serienmäßigen Sportsitze (mit zu wenig Beinauflage) ist hier Ernüchterung angesagt. Geht die Verarbeitung noch in Ordnung, sind die überwiegenden Plastikflächen einem über 40.000 Euro teuren Auto nur selten angemessen. Einfache Kunststoffe, billige Zierleisten und etwas Lichtdesign müssen reichen, damit der GTI-Kunde zufrieden gestellt ist. Es fehlt an Liebe zum Detail.
Der Golf 8 GTI Clubsport ist eine Fahrmaschine reinsten Wassers. Wer auf den Allradantrieb des Golf R verzichten kann und will, macht mit ihm keinen Fehler und spart überdies noch gut 8.000 Euro. Insgesamt geht die Preisgestaltung noch als fair durch, mit ihr einher geht allerdings ein günstiger Innenraum, fehleranfällige Assistenzsysteme und ein umständliches Infotainmentsystem. Insbesondere die beiden letzten Punkte muss Volkswagen in naher Zukunft in den Griff bekommen. (Text und Bild: Thomas Vogelhube)