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Erster Test: Volkswagen Arteon – Fürs Genießer-Volk

Volkswagens Ausflug in die Oberklasse war nicht wirklich von Erfolg gekrönt.

Zwar haben die Wolfsburger von ihrer 2002 vorgestellten Luxuslimousine Jahr für Jahr mehr Einheiten verkauft, doch so richtig Fuß fassen konnte der Phaeton zwischen Audi A8, BMW 7er und Mercedes S-Klasse nicht – das konnte auch das Interesse der Chinesen am Über-Passat nicht aufwiegen. Sein Ende fand das zweifelsohne bis ins Detail durchdachte Flaggschiff im vergangenen Jahr, und in seine ehemalige Heimstatt, die Gläserne Manufaktur in Dresden zog eine Elektro-Auto-Ausstellung ein. Ganz ohne Top-Modell oberhalb des Passats fühlte sich VW dann aber doch nicht wohl – also wurde kurzerhand der CC aufgewertet und zum Arteon geadelt.   Dass der Arteon der Nachfolger der Viertür-Passat-Coupé-Version CC ist, hören die VW-Strategen zwar nicht gerne, aber genau das ist er. Auch dass die Passat-Plattform für den Arteon um ein paar Zentimter gestreckt wurde, ändert daran nichts. Für die Passagiere aber bedeutet das zumindest: Mehr Platz. Auch in Reihe zwei sitzen große Gäste ganz gelassen, und fürs Gepäck ist unter der ausladenden Heckklappe auch noch ausreichend Raum. Standardmäßig gehen 563 Liter rein, wer die Fondbank umklappt, kann sogar 1.557 Liter reinpacken.

Damit er sich äußerlich von seinem Technikspender Passat abhebt, haben die Designer mal was neues gewagt, und den Kühlergrill noch mehr in die breite gezogen als beim aktuellen Tiguan. Das wirkt modern, und gibt dem Arteon ebenso mehr Eigenständigkeit als anderen VW-Modellen, wie auch die rahmenlosen Fenster. Die gleiche Designsprache findet sich übrigens auch innen, wo die Lamellen der Lüftungsdüsen quasi über das gesamte Armaturenbrett verlängert wurden. Ansonsten herrscht im Arteon aber gewohnte Passat-Atmosphäre, mit dem digitalen Instrumententräger, der neuesten Generation des Infotainmentsystems, die wir auch schon aus dem Golf-Update kennen und komfortablen Sitzen, die auch auf längeren Strecken sicher nicht so schnell unbequem werden.

Individuell einstellbar

Apropos bequem: Beim Arteon kann der Kunde mit einem digitalen Schieberegler das Fahrwerk stufenlos seinen eigenen Ansprüchen anpassen und natürlich lassen sich wie üblich auch Lenkung, Gasannahme und viele weitere Parameter justieren. So kann jeder ganz individuell den VW ein wenig straffer auslegen oder ihn zu einer butterweichen Sänfte machen – wobei er an den überlegenen Komfort des Phaetons auch in der geschmeidigsten Einstellung nicht rankommt.

Das gilt übrigens auch für die Motoren: Zwar standen für unsere Testfahrt nur die beiden Top-Modelle bereit – der Zweiliter-Turbo-Benziner mit 280 PS (ab 49.325 Euro) und der 240 PS starke Selbstzünder (2.0 TDI, ab 52.100) – die den Arteon zweifelsohne souverän bewegen; die Lässigkeit der Oberklasse vermitteln beide allerdings nicht. Eher noch kommt der Diesel in diese Region, der zwar auf dem Papier vom Ottomotor abgehängt wird und mit 6,5 Sekunden für den Standardsprint fast eine Sekunde länger braucht. Doch wirkt er dank seiner 500 Newtonmeter Drehmoment insgesamt spritziger und durchzugsstärker. Den Verbrauch gibt VW mit 5,9 Litern an.

  • Technische Daten – Volkswagen Arteon

Länge: 4,86 Meter, Breite: 1,87 Meter, Höhe: 1,45 Meter, Radstand: 2,84 Meter, Kofferraumvolumen: 563 – 1.557 Liter

2,0-Liter-Turbobenziner, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb, 206 kW/280 PS, maximales Drehmoment: 350 Nm bei 1.700 – 5.600 U/min, 0-100 km/h: 5,6 s, Vmax: 250 km/h, Normverbrauch: 7,3 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 164 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: C, Testverbrauch: 7,7 Liter

2,0-Liter-Biturbo-Diesel, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb, 176 kW/240 PS, maximales Drehmoment: 500 Nm bei 1.750 – 2.500 U/min, 0-100 km/h: 6,5 s, Vmax: 245 km/h, Normverbrauch: 5,9 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 152 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: B, Testverbrauch: 6,3 Liter

Deutlich teurer

Neben den beiden serienmäßig mit Siebengang

Der 1,5-Liter-Vierzylinder, der gerade im Golf seine Premiere gab und demnächst konzernweit ausgerollt wird punktet mit niedrigem Verbrauch dank Zylinderabschaltung und dürfte wohl für rund 34.500 Euro in der Preisliste stehen. Das sind dann zwar immer noch gut 8.000 Euro mehr als für einen vergleichbaren Passat, aber dafür gibt es immerhin LED-Scheinwerfer, die elektrisch einstellbaren Sitze und 17-Zoll-Aluräder gratis.

Umfangreiche Helferlein

Zwar nicht serienmäßig, dafür aber ziemlich umfangreich ist das Angebot an Assistenzsystemen. Neben den inzwischen schon üblichen Helfern wie Spurhaltefunktion oder Bremsassistent hat VW beim Arteon auch den Notbrems-Assistenten überarbeitet. Wenn der Fahrer nicht mehr ins Geschehen eingreifen kann, weil einen medizinischen Notfall erlitten hat, hält der Wagen nach mehreren Aufweck-Versuchen nicht mehr nur kontrolliert an, sondern sucht sich zuvor auch noch selbstständig den Weg auf die rechteste Spur. Ein Notruf an die Rettungsstelle wird allerdings auch in der aktuellen Ausbaustufe noch nicht automatisch abgesetzt.

Ebenfalls neu ist auch der intelligente Tempomat. Die Geschwindigkeitsregelanlage erkennt nicht nur Tempolimits, sondern weiß auch, ob man auf eine Kurve oder einen Kreisverkehr zufährt, oder ob auf der aktuell im Navi eingestellten Route gleich eine Abbiegestelle kommt und passt das Tempo entsprechend an. Der Fahrer braucht im Idealfall als über weite Strecken nur das Lenkrad übernehmen – allerdings wird man mit der Funktion auch schnell zum Verkehrshindernis. Schließlich hält sich das System auch  ganz akkurat an jede Geschwindigkeitsbegrenzung.

Schneller als Mercedes

Wieviele Kunden die neue Assistenzfunktion am Ende tatsächlich öfter als einmal nutzen, wird sich erst im Laufe der Zeit zeigen. Fakt aber ist: VW überholt damit sogar Mercedes. Zwar haben die Schwaben den schlauen Tempomaten bereits vor einiger Zeit vorgestellt und angekündigt, in Serie geht er in Stuttgart aber erst mit dem S-Klasse Facelift im Juli. Der VW Arteon dagegen steht schon im Juni bei den Händlern. Nein, an den VW Phaeton kommt der Arteon nicht ganz ran, aber den Titel Flaggschiff hat er sich trotzdem verdient. Zum einen, weil er nochmal deutlich geräumiger ist als der Passat, zum anderen, weil er mit dem neuen Gesicht und seinen rahmenlosen Fenstern schon noch eine Nummer attraktiver ist als der gutbürgerliche Mittelklässler. Vorne weg fährt der Arteon auch mit seinem umfangreichen Angebot an Assistenten, bei den Motoren dagegen greift VW auf die bekannten Aggregate aus dem Konzern-Regal zurück. Die sind zwar ausreichend stark, an die Souveränität der Oberklasse kommt der Arteon damit aber nicht ran.

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