565 bis 1.632 Liter Kofferraumvolumen stehen im VW Arteon Shooting Brake zur Verfügung und damit ist schnell klar: Auf dem Papier hat der Kombi gegenüber der Limousine mit ihren 563 bis 1.557 Liter nicht viel hinzugewonnen. In der Praxis passen jetzt allerdings auch sperrige Güter ins Gepäckabteil. Vorausgesetzt, man meistert die zu hohe Ladekante und den zugleich sehr tiefen Kofferraumboden. Optisch verfügt der schnittige Kombinationskraftwagen aber in jedem Fall über eine für sich sprechende Strahlkraft.
Zwar war der Arteon (und zuvor der Passat CC) schon immer der ewige Schönling im VW-Programm, mit dem Shooting Brake (SB) haben die Designer aber erneut ihr Können bewiesen. In uranograu lackiert, mit Elegance-Paket und passenden 20 Zöllern, stiehlt unser Testwagen so manchem Mitbewerber die Show, kostet dafür aber auch eine Stange Geld.
Bereits der Arteon SB im Basistrimm ab 45.535 Euro ist 13.390 Euro teurer als der Passat Variant und unser gut ausgestatteter Vorführer kostet sogar mehr als 68.000 Euro. Für diesen Preis gibt es auch einen 5er BMW oder eine Mercedes E-Klasse – jeweils mit mehr als vier Zylindern.
Damit kann der Arteon auch weiterhin nicht dienen und so wirft VW eben seine Allzweckwaffe, den 2.0 TDI (EA288evo) ins Rennen (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 4,9 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 129 g/km²). 200 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment stellen dieselseitig die Maximalleistung dar, nachdem die einst 240 PS starke Biturbo-Variante im letzten Jahr ausgemustert wurde.
Gekoppelt an ein überwiegend passabel schaltendes 7-Gang-DSG-Getriebe und den traktionsstarken Allradantrieb 4Motion ergeben sich unterm Strich dennoch sehr ansprechende Fahrleistungen. Der insgesamt recht unkultivierte Motorlauf des Selbstzünders und dessen Antrittsschwäche beim spontanen Gasgeben passen allerdings nicht zur sonst eleganten Erscheinung des Wolfsburgers.
Wer mehr Laufruhe wünscht, greift daher besser zu den verfügbaren Benzinern – im R-Top-Modell sogar mit 320 PS (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 9,0 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 203 g/km²). Der Diesel überzeugt derweil durch seinen Verbrauch. 5,8 bis 6,5 Liter auf 100 Kilometer (laut Bordcomputer) geben kaum Anlass zur Kritik und sind nahe der Werksangabe. Pressiert es einmal, marschiert der 2.0 TDI überdies in 7,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und eilt hinauf bis auf 230 Stundenkilometer.
VW Arteon und Passat CC als Gebrauchtwagen
Der VW Arteon ist erst seit 2017 auf dem Markt, entsprechend wenig ist noch über die Langzeitqualität bekannt. In Internetforen wird bislang meist über deutliche Wind- und Knarzgeräusche, ein ruckelndes DSG-Getriebe sowie vereinzelte Problemen mit der Navigation berichtet. Anders sieht es dagegen beim Passat CC aus, der ab 2008 bis einschließlich 2017 gebaut wurde.
Insbesondere die ersten Baujahre wurden im „TÜV-Report 2019“ der Auto Bild bemängelt. Verschlissene Antriebswellen, defekte Federn, Radhausaufhängungen und Fahrwerksdämpfer, schlechte Abgaswerte und Probleme mit dem Abgasrückführungssystem sind nur ein paar Negativbeispiele. Lieber ein Modell ab dem Facelift 2012 suchen. Dann wurde aus dem Passat CC schlicht der VW CC und die Qualität spürbar besser. Mehr Infos über den VW Passat CC findest du in unserem Test-Archiv
Nicht nur der 66 Liter große Kraftstofftank, sondern auch das optionale elektronisch geregelte Fahrwerk (DCC) qualifizieren den Arteon SB weiterhin als Langstreckenfahrzeug. Stufenlos lässt sich der Härtegrad der Dämpfer von komfortabel bis sportlich variieren, passend dazu gefällt die Abstimmung der elektrischen Lenkung.
Unter anderem dank dem aufpreispflichtigen VW Travel Assist wird der Shooting Brake wahlweise automatisch in der Spur gehalten, bremst bei aktiver Routenführung selbstständig vor Kurven und beherrscht bis zu seinen Systemgrenzen sehr souverän das teilautomatisierte Fahren.
Im Innenraum geht es betont schlicht zur Sache. Kunststoffflächen mit eingearbeiteten Nahtstellen sollen zwar für einen wertigen Grundcharakter sorgen, können allerdings nur schwer davon ablenken, dass die eingesetzten Materialien dem hohen Preisgebaren des VW Arteon nicht immer gerecht werden. Dass der Wolfsburger zudem kein taufrisches Auto mehr ist, merkt man mit Blick in das Handschuhfach. Hier findet sich als Relikt vergangener Tage der Einschub für den CD-Wechsler - abgedeckt mit einer billigen Kunststoffblende.
Straff, dafür aber sehr rückenfreundlich sind die ergoComfort Sitze gepolstert. Sie bieten auch größeren Passagieren guten Halt und zumindest der Fahrer kann sich massieren lassen. In Sitzreihe zwei geht es ebenfalls nicht eng zu und so finden vier Erwachsene locker ihren Platz. Erwähnenswert ist an dieser Stelle das optionale Harman Kardon Soundsystem, das nach Jahren die Lautsprecher des Hauslieferanten Dynaudio abgelöst hat.
Anders als beim aktuellen Golf 8 verzichtet Volkswagen darauf, alle elementaren Bedienelemente in die MIB3-Haupteinheit zu verfrachten. Zwar ist auch im Arteon die Klimabedienung (je nach gewählter Ausstattung) nur mehr per Touchfunktion möglich – aber immerhin gibt es noch eine eigenständige (und beleuchtete!) Temperatur- und Lüftungssteuerung.
Kritikwürdig ist das unübersichtliche und schlecht zu bedienende Navigationssystem Discover Pro, das überdies durch eine ungenaue Routenführung auffiel. Ohne Fehl und Tadel: Das Digital Cockpit Pro mit seiner hochauflösenden Darstellung. Das Head-up Display mit extra Projektionsscheibchen war dagegen schon vor vier Jahren kein Highlight mehr.
Die Kombi-Variante des Arteon könnte vor allem einem gefährlich werden: Dem Passat Variant. Dieser bietet zwar weiterhin mehr Stauvolumen und ist günstiger. Der optische Gewinner heißt aber klar Arteon Shooting Brake. Technisch liefern die Wolfsburger mit dem 200 PS starken 2.0 TDI bewährte Kost, die knurrigen Eigenheiten sowie die ausgeprägte Anfahrschwäche des Selbstzünders passen jedoch nicht immer zum eleganten Außenauftritt. Im Fahrkapitel ist der Shooting Brake ein sonst unauffälliger Kandidat, was gleichzeitig auf den Innenraum zutrifft. Hier ist für die selbstbewusste Preisgestaltung mehr Hingabe gefragt, um auch wirklich den Kunden abzuholen, der vorher einen Shooting Brake mit Stern gefahren hat. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)