Wer nur die Prospekte wälzt, wird sich klar für den Opel Insignia entscheiden. Der 4,90 Meter Lange Sportstourer hat mit 540 Litern zwar drei Dutzend Liter weniger Stauraum als der V70. In allen anderen Belangen schlägt er den Schwedenkombi aber problemlos. Der doppelt aufgeladene Zweiliter-Motor des 2.0 BiTurbo CDTi leistet 195 PS, der gleichgroße D4 im V70 kommt nur auf 163 PS. Während sich der Volvo für den Standardsprint fast zehn Sekunden nimmt, fährt der Opel eine Sekunde früher schon 100 km/h.
Gut, beim Verbrauch liegt der Volvo mit 4,5 Litern 600 Milliliter pro 100 Kilometer vor dem Opel. Aber: In der Praxis ist der Unterschied kaum rausfahrbar und sieht man sich den Preis an, relativiert sich die Spritersparnis schnell wieder: Mit 38.300 Euro ist der V70 nämlich über 3.600 Euro teurer, als der Rüsselsheimer Kombi. Zieht man die Nebelscheinwerfer und Leichtmetallräder, die der Volvo zusätzlich zu beiderseits vorhandenen Standards wie CD-Radio, Klimaanlage, Tempomat, Stopp-Start-Automatik oder elektrischen Fensterhebern an Bord hat ab, ergibt sich zwar ein Ausstattungsvorteil gegenüber dem Opel von gut 600 Euro, der allerdings von den beim Insignia serienmäßigen Parksensoren mehr als aufgezehrt wird.
Zahlreiche Pluspunkte für den Opel
Die nackten Zahlen sprechen also für den Opel. Und was die Fahrwerte versprechen, wird auch in der Realität bestätigt. Obwohl der Opel sein Drehmomentmaximum von 400 Newtonmeter erst bei 1.700 Touren, und damit 200 Umdrehungen später bereit stellt, als der Volvo ist von einer Anfahrschwäche beim Insignia nichts zu spüren. Der Grund: Schon bei nur 1.250 Motorumdrehungen stehen 80 Prozent der Kraft, also 320 Newtonmeter bereit. Und spätestens wenn bei anderthalbtausend Touren sich der größere der beiden Turboladern richtig ins Zeug legt, prescht der Opel nach vorne.
Dass tut der Volvo, der ebenfalls auf 400 Newtonmeter zurückgreifen kann, zwar auch, zusammen mit der in unserem Testwagen verbauten Sechsgang-Automatik wirkt er aber nicht ganz so spritzig wie der in diesem Vergleich handgeschaltete Opel. Und selbst wer in Rüsselsheim die Automatik-Version bestellt, verliert beim Standardsprint nur ein Zehntel, ist also immer noch 0,9 Sekunden schneller als mit dem V70. Und obwohl der Automat das Temperament des Schwedens ein wenig in Zaum hält, scharrt dieser beim schnellen Anfahren mit den Vorderrädern. Eine Unart, die sich der Opel nur selten erlaubt.
Volvos Vorzüge
Bis jetzt hat der Opel also nur Pluspunkte gesammelt, während der Volvo sich auf dem zweiten Platz häuslich einzurichten scheint. Wenn da nicht zum Beispiel die Lautstärke wäre. Unter der Haube des V70 arbeitet ein Fünfzylinder, der seinem Dienst hörbar leiser nachgeht, als der raue Vierzylinder aus Rüsselsheim. Generell überzeugt der Volvo mit dem niedrigeren, angenehmeren Geräuschniveau - ein Vorteil, den vor allem Vielfahrer zu schätzen wissen.
Zum Wohlfühlambiente des Volvos trägt aber nicht nur der geringere Lärm bei, auch die Inneneinrichtung des V70 ist um einiges wohnlicher als im Opel, höherwertiger und vor allem aber aufgeräumter. Während das Insignia-Cockpit mit Tasten überfrachtet und unbersichtlich ist, regiert im Volvo die schon viel zu oft zitierte nordische Schlichtheit. Die wirkt sich auch positiv aus die Bedienung aus, der V70 ist selbsterklärend und für das Navigations- und Entertainmentsystem gibt es im Volvo zusätzlich eine Fernbedienung, mit der der Beifahrer oder die Rückbänkler kommod ein neues Ziel eingeben können.
Mehr Komfort im Volvo
Sitzen lässt es sich in beiden Kandidaten ähnlich gut, die große Stühle mit ausreichend Seitenhalt empfehlen sich auch für die Langstrecke und auch hinten finden nicht allzu große Zeitgenossen ausreichend Platz. Dass es sich im Volvo trotzdem angenehmer Sitz, liegt an seinem besseren Federungskomfort. Der V70-Unterbau verheimlicht die meisten Unebenheiten im Asphalt vor den Passagieren und gaukelt ihnen brettlebene Straßen vor.
Das gelingt dem Opel nicht ganz, auch wenn er mit einem adaptiven Fahrwerk ausgerüstet ist, das dem Fahrer erlaubt, die Dämpfung in drei Stufen einzustellen. Abgesehen davon, dass die Unterschiede der drei Modi eher gering sind, ist auch der komfortbetonte Tour-Modus noch zu straff. Auch wenn der Volvo mit seiner eher indirekten Lenkung in Sachen Fahrdynamik ein paar Punkte an den knapp 200 Kilogramm leicheteren Opel abtreten muss, bietet der V70 das stimmigere Setup. Auf dem Papier fährt der Opel klar den Sieg in diesem Vergleich ein. Er hat den stärkeren Motor, ist deutlich flotter unterwegs und vor allem um einiges günstiger als der Volvo. Allerdings glänz der Schwede auf den zweiten Blick mit ein paar Pluspunkten, die ihn durchaus als Alternative qualifizieren.
Der V70 ist deutlich leiser als der Insignia, das Cockpit des Schwedenkombis wirkt schicker und ist nicht so mit Tasten überladen und sein Fahrkomfort ist unschlagbar. Ob das allerdings über dreieinhalb Tausend Euro mehr Wert ist, muss jeder selbst entscheiden.