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Aus dem Archiv: BMW 630i vs. Mercedes CLS 350 im Vergleichstest (2005)

Vor 20 Jahren war die Autowelt eine gänzlich andere. Wir blicken zurück auf das Jahr 2005 und starten unsere neue Artikelreihe mit einem Vergleichstest nach Art des Hauses: BMW 630i (E63) gegen Mercedes CLS 350 (C 219). Wie gut sind beide Modell im Jahr 2025? Das klärt unser Gebrauchtwagen-Check.

Propeller oder Stern? Reihensechszylinder oder V6? Sechs- oder Siebengangautomatik? Zwei oder vier Türen? Schnell werden erste Unterschiede zwischen dem BMW 630i und dem Mercedes CLS 350 deutlich.

Wie ähnlich sind sich die Basismodelle der süddeutschen Luxuscoupés überhaupt? 6er wie CLS firmieren als Coupé. Der BMW, weil er als zweitüriger 2+2-Sitzer eines ist. Der Benz, weil Mercedes ihn so nennt. Trotz vier Türen bringt er zumindest eine schwungvoll abfallende Dachlinie mit. Beeindruckende Erscheinungen sind beide, jeder auf seine Art.

BMW 630i und Mercedes CLS 350 auf einen Blick

Modell BMW 630i CLS 350
Motor R6-Sauger, 2.996 cm³ V6-Sauger, 3.498 cm³
Leistung 258 PS 272 PS
Drehmoment 300 Nm 350 Nm
0-100 km/h 6,5 s 7,5 s
Verbrauch 9,0-9,6 l/100 km 10,1-10,6 l/100 km
Grundpreis (2005) ab 60.050 Euro ab 56.028 Euro

BMW 630i (E63) und Mercedes CLS (C 219) im Gebrauchtwagen-Check

Der BMW E63/E64 ist als Coupé und Cabrio auf dem Gebrauchtwagenmarkt rar, insbesondere in gutem Zustand. Die Preise bewegen sich zwischen 8.000 Euro für einfache Coupés und 50.000 Euro für gepflegte Spitzenmodelle wie den M6. Der Pflegezustand beeinflusst den Wert mehr als die Ausstattung.

Modelle ab 2007 sind aufgrund des Facelifts und des moderneren iDrive-Systems beliebter. Der frühe 630i mit seinem 258 PS starken Reihensechszylinder gilt als zuverlässig und weiterhin alltagstauglich, während die V8-Motoren mehr Wartung erfordern, insbesondere bei Ventilschaftdichtungen und Wasserrohren. Der M6 bietet hohe Leistung, setzt jedoch penible Wartung voraus.

Typische Schwachstellen sind Wassereinbruch bei frühen Modellen und Verschleiß bei Direkteinspritzern. Eine vollständige Wartungshistorie ist empfehlenswert. Der Innenraum bietet vorne viel Platz, die Rücksitze sind eher für kurze Strecken geeignet. Der Kofferraum ist für die Fahrzeugklasse großzügig dimensioniert. Ein 630i von 2003 bis 2007 ist als Einstiegsmodell eine gute Wahl, während M6 und V8-Varianten mehr Kosten und Pflege erfordern.

Der Mercedes CLS (C 219) war von 2004 bis 2010 das erste viertürige Coupé seiner Klasse und verbindet Eleganz mit Technik der E-Klasse W 211. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt bewegen sich die Preise zwischen 6.000 Euro für einfache Modelle mit hohem Kilometerstand und bis zu 30.000 Euro für gepflegte AMG-Versionen. Entscheidend ist der Zustand, weniger die Ausstattung. Modelle ab 2006 sind empfehlenswert, da sie keine SBC-Bremse mehr haben, die als anfällig gilt. Fahrzeuge mit dem Luftfahrwerk Airmatic bieten mehr Komfort, sind aber reparaturanfällig und teuer. Die Stahlfederung ist solider und für Pragmatiker eine gute Wahl.

Die Motorenpalette reicht von sparsamen Dieselvarianten wie dem 320 CDI bis zu kraftvollen V8-Modellen wie dem CLS 500. Der CLS 350 mit V6-Benziner ist ein guter Kompromiss zwischen Leistung und Unterhaltskosten. AMG-Modelle wie der CLS 63 bieten maximale Leistung, erfordern jedoch eine penible Wartung. Dieselmodelle zeigen oft hohe Laufleistungen, daher ist eine gründliche Überprüfung der Technik wichtig.

Typische Schwachstellen sind Probleme mit den Comand-Systemen, Ölverlust am Differenzial und mögliche Verschleißerscheinungen bei Vielfahrermodellen. Ein lückenloses Scheckheft und eine Untersuchung bei TÜV oder DEKRA sind empfehlenswert. Der Innenraum bietet vorne großzügige Platzverhältnisse, die Rücksitze sind jedoch eher für gelegentliche Mitfahrer geeignet. Der CLS ist eine gute Wahl für Käufer, die Wert auf Design und Komfort legen. Modelle mit überschaubaren Vorbesitzern und guter Wartungshistorie sind langfristig die bessere Option.

Design: Form vor Funktion

Der BMW steht flacher, angriffslustiger da, polarisiert mit seiner breiten Nase, den hängenden Augen und vor allem mit dem gebirgsmassiven Kofferraumdeckel. Dagegen wirkt der tatsächlich fast zehn Zentimeter längere und auch breitere CLS graziler – trotz des am Testwagen angebrachten AMG-Optikpakets mit den wuchtigen Schürzen und Seitenschwellern. Die hochgezogenen Frontscheinwerfer, die sehr hohe Schulter und die extrem schmalen Seitenfenster strecken den Sternträger ungemein.

Grundverschieden ist auch die Atmosphäre im Innenraum. Nobel und mit einem Schuss Retrostyle zeigt der Mercedes jedem seiner maximal vier Insassen: Das ist die Luxusklasse. Bei der Gestaltung des Armaturenbretts nahmen es die Designer wörtlich, setzten auf einen durchgehenden Edelholz-Riegel. Selbst die die Fondbank teilende Mittelkonsole ist holzgetäfelt.

bmw630-mercedescls350-front

Innenraum & Infotainment: Wer schön sein will, muss leiden

So viel Luxusambiente täuscht nicht darüber hinweg, dass es sich im Fond nur bedingt bequem reisen lässt. Die Beinfreiheit ist ausreichend, doch mangelt es an Kopffreiheit. Auch vorne, wo Menschen jenseits der 1,85 Meter wegen des Schiebedachs ebenfalls den Himmel berühren. Nicht weniger ärgerlich: Wird bei Regen die Fondtür geöffnet, schwappt ein Wasserschwall auf die Sitzfläche.

Im BMW geht es hinten noch enger zu, und der Einstieg ist trotz Entry-Funktion alles andere als easy – ein Zweitürer eben. Eine Mittelarmlehne zwischen den zwei eng geschnittenen Sitzmulden im Fond gibt es nicht. Stattdessen ziert nur ein loses Polster die Skisackabdeckung. Im 6er sitzt man eben besser vorne. Am liebsten natürlich links hinter dem griffigen Lederlenkrad. Das Cockpit ist auf den Fahrer zugeschnitten, das Ambiente ebenfalls hochwertig, technischer, aber nicht so betörend wie im CLS.

BMW mag’s funktional: Der Bildschirm sitzt optimal einsehbar hoch, die holzverblendete Mittelkonsole ist nahezu frei von Tasten. Beinahe alle Audio- und Navigationsfunktionen müssen per iDrive angesteuert werden – nicht jedermanns Sache. Dafür hat man im Bayern eine bessere Rundumsicht, und auch der rechte Außenspiegel ist komplett einsehbar. Im CLS wird er teilweise von der A-Säule verdeckt.

In hohem Maße reisetauglich sind beide – vorausgesetzt, man fährt zu zweit. Die Kofferraumvolumina jedenfalls sind üppig. 450 Liter schluckt der BMW, 505 Liter der Mercedes. Umklappen lässt sich die Rückbank bei keinem, doch zumindest ist in beiden Aufpreislisten der Posten „Skisack“ vermerkt (CLS rund 200 Euro, 330 Euro im 6er).

bmw630cockpit

Motoren: Sechszylinder-Schauspiel

Der 3,0-Liter-Reihensechszylinder im BMW 630i leistet 258 PS. Was seinen seidenweichen Lauf, die Drehfreude und die stetig mit der Drehzahl zunehmende Kraft betrifft, steht das Aggregat in bester BMW-Tradition. Kernig knurrt es bei mittleren Touren vor sich hin, trompetet dann hoch, bis ab 6.000 Umdrehungen ein metallisches Flirren mitschwingt. Besonders im Sport-Programm der hervorragend abgestimmten Sechsgangautomatik (2.050 Euro) hängt der Sechser-Riegel ungemein bissig am Gas.

Diese Sportlichkeit fehlt dem CLS 350, dessen V6 immerhin 272 PS aus 3,5 Liter Hubraum schöpft. Doch muss er mit 1,7 Tonnen Leergewicht rund 150 Kilogramm mehr bewegen. Und die serienmäßige Siebengangautomatik setzt die Kraft spürbar träger um. Selbst im manuellen Modus erfolgen die Gangwechsel mit merklicher Verzögerung – zumindest im direkten Vergleich zum BMW, dessen Automat prompt auf den Schaltbefehl reagiert. Nicht falsch verstehen: Auch der CLS 350 beschleunigt hervorragend, klingt dabei voluminös-kernig, durchaus sportlich, aber unaufgeregter.

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Fahreindruck: Getrennte Wege

Dazu passen die Fahreindrücke. Während der 6er Spurrillen gerne nachläuft und bei niedrigem Tempo auch akustisch vernehmbar durch Schlaglöcher plumpst, bemüht sich der Benz sichtlich um mehr Ruhe. Bei hohem Autobahntempo relativieren sich die Unterschiede, spuren beide souverän dahin, wobei das Geräuschniveau im Mercedes auch hier etwas niedriger ist. Lediglich die ab Tempo 180 auftretenden Windgeräusche an den Außenspiegeln stören die schwäbische Stille.

Sobald die Autobahn verlassen wird und die Landstraße wartet, gehen 6er und CLS getrennte Wege. Der Mercedes ist wie geschaffen für die auf Straßenkarten grün hinterlegten Strecken: Landschaftlich reizvolle Wege mit abwechselnd kurvigen Passagen und Zwischensprint-Geraden. Hier fühlt sich der CLS wohl, hier kann er seine hohen Cruiser-Qualitäten voll zur Geltung bringen. Spurgenau zu dirigieren, lässt er sich durchaus gerne auf Kurven ein. Unterstützt den Fahrer sogar, indem er ihm die kurvenäußeren Sitzwangen entgegenpumpt (Dynamik-Sitz: 655,40 Euro). Nur allzu hastig sollten die Links-Rechts-Richtungswechsel nicht aufeinander folgen. Einerseits geht dem Fauteuil dann die Puste aus, andererseits kann der CLS sein hohes Gewicht nicht wegzaubern.

Ganz anders der 6er. Seine Lieblingsstrecken sehen in der Kartendarstellung aus wie heiße Spaghetti auf dem Teller: gewunden und verdreht, rauf und runter, kreuz und quer. Die messerscharfe Servolenkung und der aktive Wankausgleich „Dynamik Drive“ (2.600 Euro) verhelfen dem großen BMW-Coupé zu einer Agilität, die man anderswo nicht findet. Wer es richtig sportlich will, kann den weiter gesteckten DTC-Modus der elektronischen Stabilitätskontrolle (DSC) wählen. Von der kompletten DSC-Deaktivierung sollten weniger geübte Fahrer allerdings die Finger lassen, denn im Grenzbereich ist der 630i nicht frei von Lastwechselreaktionen. Kommt man in die Verlegenheit, in einer sehr schnell gefahrenen Kurve scharf bremsen zu müssen, verhält sich der CLS 350 einen Tick neutraler.

mercedesclscockpit

Preise: Beide Coupés sind teure Weggefährten

Beim Preisvergleich dann die Überraschung: Mit knapp 56.028 Euro Grundpreis ist der Mercedes deutlich günstiger, zumal er serienmäßig mit Automatikgetriebe vom Werksgelände rollt. Der 6er kostet 60.050 Euro, plus 2.050 Euro für den Sechsgang-Wandler. CD-Radio, Leichtmetallfelgen und Klimaautomatik haben beide von Haus aus mit an Bord.

Mit weiteren, in dieser Klasse im Grunde obligatorischen Sonderausstattungsposten wie Metallic-Lack, Navigationssystem und Lederausstattung geht die Preisschere noch weiter auseinander, denn die Einzelposten in der Münchner „Möcht’-ich-haben-Liste“ sind zum Teil deutlich teurer.

bmw630-mercedescls350-heck

Fazit

BMW oder Mercedes? 630i oder CLS 350? Das sind Fragen des Geschmacks, des Fahrertypus’, letztlich des Charakters. Beide „Coupés“ ermöglichen spektakuläre Auftritte, verbinden Komfort mit Fahrdynamik. Nur die Prioritäten liegen anders.

Der CLS ist mehr eine außergewöhnlich elegante Limousine denn ein sportliches Coupé. Er ist der schnelle Cruiser, fährt sich gesetzter, gelassener, komfortabler als der 6er. Der Bayer bietet dafür den Extraschuss an Fahrspaß, ist ein Fahrerauto par excellence. Rückbänkler duldet er – anders als der Benz – nur im Notfall. (Ursprünglicher Artikel vom 26.07.2005 | Text: Thomas Weiss, Sascha Brauer | Überarbeitung: Thomas Vogelhuber | Bilder: AutoScout24)

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