Die Zeit, in der wir leben, sie ist hektisch und von stetiger Veränderung geprägt. Was heute noch gut, ist morgen schon alt. Ganz besonders in der Autobranche. Da ist es beinahe wohltuend, dass althergebrachtes bei einer Automarke wie Toyota noch Bestand hat. Für den neuen GR Supra ersparte man der Kundschaft überdrüssige Umweltparolen und kredenzt noch einmal einen aufgeladenen Reihensechszylinder – auch wenn dieser aus dem Oberösterreichischen BMW-Motorenwerk Steyr stammt. Der restliche Wagen wird in der benachbarten Steiermark bei Magna in Graz gefertigt. Lange haben wir daher überlegt, ob das nun etwas Schlechtes ist, wenn sich ein japanisches Auto fährt, anfühlt und sogar riecht wie ein BMW.
Die Seele Japans, das Herz aus Bayern
Unterm Strich zählt allerdings, was hinten rauskommt. Und das lautet auch im Falle des Toyota GR Supra: Fahrfreude! Freude am Fahren ginge freilich auch, aber jener Markenspruch ist ja bereits durch das Schwestermodell BMW Z4 besetzt. 340 PS leistet der 3,0-Liter-Reihensechszylinder im Supra, stemmt bereits ab 1.600 Touren stolze 500 Newtonmeter Drehmoment in Richtung der hinteren 19-Zoll-Pneus und verteilt die Kraft stets per 8-Gang-Automatikgetriebe. Letzteres, wie sollte es auch anders sein, beigesteuert durch ZF. Soviel zur messbaren Fahrfreude laut Datenblatt, die sich mit einem beherzten Druck aufs kleine Schwarze unten rechts auch in realen und durchaus vehementen Vortrieb umsetzen lässt.
Präzise Lenkung
Wir glauben Toyota, wenn sie aus dem Stand auf 100 km/h rund 4,3 Sekunden angeben, abgeregelt wird naturgemäß bei Tempo 250. Derlei Höhenflüge haben wir bei der nationalen Fahrvorstellung entlang der Deutschen Weinstraße selbstredend nicht erlebt. Wohl aber, wie sich der Supra in engen Kehren verhält. Es fällt zunächst auf, dass die elektrische Lenkung, im Gegensatz zu aktuellen BMW-Modellen, spürbar mehr Gefühl aufweist. Zwar wird sie mit zunehmendem Tempo leichtgängiger und etwas nervöser – das Lenkgefühl bleibt aber insgesamt präzise. Spitz ist der gut austarierte Zweisitzer abgestimmt, folgt selbst harschen Manöverbefehlen ohne zu murren und welch Gripniveau zur Verfügung steht ist schon gewaltig.
Automatik nicht immer perfekt
Arg muss man den Supra aus der Fassung bringen, damit er mit dem Heck schwänzelt, das serienmäßig adaptive Fahrwerk ist bestens abgestimmt und so auch die Schaltzeiten des Automatikgetriebes. Zumindest, wenn man nicht fahren will, wie von der Tarantel gestochen. Dann nämlich wünscht man sich doch öfter einen Handschalter herbei oder eben ein Doppelkupplungsgetriebe à la Porsche PDK. Zu oft versanden schnelle Kickdowns irgendwo im Wandler, zu häufig schaltet der Automat nicht zur vollständigen Begeisterung. Das Bayerische Twin-Scroll-Motorenwerk im Bug freilich, liefert immer genug Punch, um stets mehr als flott unterwegs zu sein.
Reihensechser könnte mehr tönen
Beim Sound müssen wir, rein subjektiv betrachtet, allerdings die Erwartungshaltung sprichwörtlich dämpfen. Etwas zu sehr in Watte gepackt, mit einem eher gequälten Ton nach oben raus, fehlt dem Aggregat spürbar die mechanische Note. Das turbinenartige Geräusch früherer BMW-Motoren wurde Typ B58 ja ohnehin schon lange abtrainiert – da hilft auch alles Sounddesign durch die Japaner nichts. Untermalt wird das Klingen des Motors, gerade innerorts, durch eine quietschende Bremse. BMW-Fahrer kennen jenes Übel. Es heißt: M-Sportbremse. Sie ist natürlich aus dem Regal der Bayern entliehen und ist bislang der einzige Anker, den man im Toyota Supra werfen kann.
Ankerwurf auf bayerisch
Auf der normalen Straße mag die Bremsleistung in Ordnung gehen, für den Trackday hätten wir uns allerdings die Option auf eine mächtigere Anlage gewünscht. Denn obwohl die Gewichtsverteilung 50 zu 50 erfolgt darf man nicht vergessen, dass ein fahrbereiter Toyota GR Supra mehr als 1.570 Kilogramm auf die Waage bringt. Nichts was rühmlich wäre, aber in Zeiten wo ein Porsche 911 schon an den 1,7 Tonnen kratzt wohl auch ein wenig dem Hier und Jetzt geschuldet. Bleibt am Ende noch der Blick in den Innenraum des Toyota Supra.
Nach innen gut, aber wenig eigenständig
Jenes Kapitel können wir jedoch in aller Kürze abhandeln. Denn obwohl die Japaner beim Außendesign sichtlich eigene Wege gehen, im Interieur entpuppt sich der Supra klar als BMW-Geburt. Das kann man tadeln, man kann es allerdings auch loben. Denn so sehr wir uns mehr Eigenständigkeit für den Toyota Supra gewünscht hätten: in Sachen Bedienergonomie, Materialanmutung und Ausstattung können die Japaner aus eigener Herstellung nichts bieten, was besser zum Supra gepasst hätte. Um den Unterschied im Detail dennoch zu wahren, gibt es ein eigens designtes Instrumentenkombi und ein paar andere Schalter. Das Volant mag etwas merkwürdig aussehen, es liegt aber derart gut in der Hand, dass man an dieser Stelle klar die Funktion vor das Design stellen muss.
Erstes Fazit
Der Toyota GR Supra ist per se ein gutes und vor allem schnelles Auto geworden. Man mag von der Kooperation zwischen BMW und Toyota nun halten was man will, der Supra hat jedoch maßgeblich davon profitiert. Natürlich nur, wenn man sich ihm wertfrei nähert. Alteingesessene Supra-Fans, die gerne noch in Mk4-Dimensionen denken, werden mit so viel Weißwurst und so wenig Sushi aber vermutlich nicht restlos glücklich. Der größte Konkurrent des neuen Toyota GR Supra? Aus unserer Sicht der ausstattungsbereinigt wesentlich teurere Porsche Cayman S. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten*
- Modell: Toyota GR Supra
- Motor: Sechszylinder-R-Turbobenziner, 2.998 ccm
- Leistung: 340 PS (250 kW) zwischen 5.000 und 6.500 U/min
- Drehmoment: 500 Nm zwischen 1.600 und 4.500 U/min
- Antrieb: Heckantrieb, 8-Gang-Automatik
- Verbrauch: 7,5 l S /100 km (NEFZ)
- Beschleunigung (0 – 100 km/h): 4,3 s
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
- Abmessungen (L/B/H): 4,38 m/1,85 m/1,29 m
- Gewicht ca: 1.570 Kg (ECE)
- Tankvolumen: 52 l
- Grundpreis Österreich: 71.900,00 Euro
*Herstellerangaben