Die dünne Tür fällt ins Schloss. Luftholen. Riechen. Hier muss doch irgendwo der Duft des Jet Sets festhängen. Der Luxus der 80er. Zigarre, teures Parfum. Aber: Nichts. Der Innenraum des Autos riecht, wie ein mittlerweile fast 40 Jahre altes Auto eben riecht. Angenehm, nicht abgestanden.
Warum die Suche nach den olfaktorischen Reizen? Das Auto, um das es sich hier handelt, hat einen prominenten Vorbesitzer. Hollywoodstar und James-Bond-Darsteller Roger Moore hat einst den Toyota Land Cruiser besessen, in dem wir heute unterwegs sein dürfen.
Der fünftürige Geländewagen, Baujahr 1982, ist das Modell FJ60. Die weit verzweigte Modellpalette der japanischen Geländewagenikone, die sich mittlerweile in drei Baureihen auffächert, wird durch Buchstaben und Nummern unterteilt.
Militär-Ausschreibung als Startpunkt der Entwicklung
Das „J“ verdanken die Land Cruiser bis heute der Ursprungsidee in Japan, einen „Toyota Jeep“ zu entwickeln. Anfang der 1950er Jahre war das, nach einer Ausschreibung für ein Militärfahrzeug. Der Name Jeep war damals noch nicht als Marke eingetragen. Den Auftrag der Streitkräfte hatte Toyota nicht gewonnen, aber den Geländewagen trotzdem zur Serienreife entwickelt.
„Jeep“ durften sie ihn dann nicht mehr nennen, also wählte man einen neuen Namen. Der Überlieferung zufolge gefiel den Verantwortlichen der Klang der Worte Land Rover. Also taufte man das neue Kind Land Cruiser.
Der Allradler bezwang von Beginn an nicht nur Geländestrecken, sondern auch Landesgrenzen. Als erster Toyota wurde er exportiert, beginnend mit Pakistan und den USA. Somit legte er den Grundstein für den internationalen Erfolg, der Toyota heute (im steten Wechsel mit VW) zum größten Autobauer der Welt gemacht hat.
Zurück zum Land Cruiser LJ60. Der dünne Schlüssel steckt im Zündschloss an der, das war halt damals so, nicht einstellbaren Lenksäule. Ein Dreh weckt den Motor. Downsizing? Aufladung? Effizient? Vokabeln, die damals entweder nicht existierten oder bei einem solchen Auto keine Rolle spielten.
4,2 Liter Hubraum, sechs Zylinder. Und dann: 120 PS
4,2 Liter Hubraum verteilt der Benziner auf sechs Zylinder. Was dann da als maximale Leistung herauskommt, liest sich wie ein Tippfehler: 88 kW, also 120 PS produziert das Aggregat. Mr. Moore hat den braunen Station Wagon, so sagt es die Überlieferung, einige Zeit an seinem Wohnsitz in der Schweiz bewegt. Mittlerweile gehört der Wagen der Toyota Collection, die ihn für uns rauslassen.
Auf einem ehemaligen, leeren Flugfeld kurven hier entspannt über Asphalt und erlauben uns sogar einen Ausflug über die Wiese. Leiterrahmen und Allradantrieb des Geländegängers scheinen sich zu langweilen, aber auch aus Respekt vor dem Alter muten wir dem Land Cruiser heute nicht mehr zu. Außerdem haben wir versprochen, das Museumsstück heil wieder zu bringen.
Das gilt auch für den nächsten Kandidaten. „Land Cruiser HJ75“ ist die Bezeichnung des beigen Fahrzeugs. „Halt“, werden Kenner jetzt rufen, „das ist doch ein BJ75!“. Nicht ganz.
Dieser ehemalige BJ75, der ursprünglich im braven Weiß seine Transportaufgaben in einem Braunkohletagebau erledigte, wurde von seinem Besitzer aufwendig restauriert und umgebaut. Zuerst ging es aber wochenlang durch Europa, Nordafrika und den Nahen Osten, meist über Wüstensand. Seitdem hat der Toyota einen Campingausbau im Heck.
Neuwagenzustand nach umfangreicher Restauration
Zurück in Europa wurde das Auto komplett zerlegt und restauriert. Kletter- und Rutschpartien auch unter dem Auto beweisen, dass man diesem Land Cruiser bis zur letzten Schraube beinahe Neuwagenqualitäten bescheinigen kann. Trotz 290.000 Kilometern auf dem Tacho.
Die meisten davon legte er mit dem 90 PS starken Saugdiesel, intern 3B genannt (deswegen BJ75), zurück. Jetzt steckt aber ein Reihensechszylinder-Turbodiesel mit vier Litern Hubraum und 136 PS unter der Motorhaube.
Und der zeigt die alte Turboschule. Beim Anfahren will der rechte Fuß unter Kontrolle gehalten werden, sonst machen fünf Meter Auto einen gewaltigen Satz nach vorne, sobald der Lader seinen Druck aufgebaut hat. Vorher passiert nichts. Schnell sind Fahrer und Klassiker aber eine Einheit und trotz der zu hoch montierten Nachrüst-Recaros kommt auch im „Buschtaxi“ genannten Land Cruiser aus 1989 schnell Fahrfreude auf.
Der Besitzer dieses Autos ist übrigens nicht aus Film und Fernsehen berühmt. Das erledigte der Wagen selbst. Auftritte in der Hollywood-Produktion „Point Break“ und der CIA-Serie „Homeland“ sind Teil der Geschichte dieses Exemplars.
Ein Facelift kommt noch 2020
Zwei klassische Toyota Land Cruiser sorgten für schöne Momente während der Ausfahrten. Zwei von über zehn Millionen. So viele Exemplare wurden bislang weltweit gebaut, weitere dürften folgen. Die aktuelle Baureihe J15 (in einigen Märkten auch „Prado“ genannt) soll noch in diesem Jahr ein Facelift bekommen. Der 2,8 Liter Turbodiesel mit jetzt 177 PS (Kraftstoffverbrauch Toyota Land Cruiser 3-Türer kombiniert: 7,5 l/100 km; CO2-Emissionen 199 g/km²) soll dann auf 200 PS erstarken, dazu kommen optische Retuschen.
Die lange Geschichte großer, japanischer Geländewagen lebt in ihm weiter. Der Nissan Patrol wird hier nicht mehr verkauft, der Mitsubishi Pajero wurde eingestellt. Aber der Land Cruiser sucht sich weiter seinen Weg – gewiss auch in Zukunft mit einem „J“ in der internen Modellbezeichnung. (Text: Bernd Conrad | Bild: Bernd Conrad und Andreas Hof)