Doch im September 2012 hat die Zeit das Wartens ein Ende: Mit dem GT86 bringt Toyota wieder einen Sportwagen, gebaut nach klassischer Manier und mit drehzahlgierigem Boxermotor. Natürlich will Toyota den GT86 verkaufen und damit Geld verdienen. Doch das 4,24 Meter lange Coupé ist für die Marke mehr als nur ein weiteres Modell. Brandbuilder nennt man seine Funktion, also Markenmacher. Der GT86 soll das Ansehen Toyotas aufmöbeln, alten Glanz wieder zum Leben erwecken und – ganz wichtig – auch neue Kunden in die Schauräume locken. Gewonnen hat Toyota schließlich auch dann, wenn jemand zum Händler geht um den GT86 anzuschauen und dann einen Auris kauft.
Weckt Begehrlichkeiten
Dass der GT86 solche Begehrlichkeiten wecken kann, steht außer Frage. In Sachen Design eifert er schließlich dem 2000 GT (target=undefined), einer Stilikone aus den späten 1960er Jahren, nach und sticht mit seiner langen, flachen Motorhaube, dem tiefen Kühlergrill, markanten Scheinwerfern und dem knackigen Heck aus der Masse heraus.
Als zweites Vorbild dient ihm der Sports 800 (target=undefined), dessen Aufbau für den GT86 wieder aufgegriffen wurde: vorne ein Boxermotor, hinten der Antrieb. Hier kommt Kooperationspartner Subaru ins Spiel, der als Boxer-Experte für den Antrieb verantwortlich zeigt. Der Vorteil dieser Bauart ist, neben dem, durch den optimalem Massenausgleich bedingt, äußert kultivierten Lauf, die geringe Höhe. Nur so ließ sich die tiefe Einbaulage umsetzen, die wiederum für den niedrigen Schwerpunkt (460 Millimeter) und die flache Motorhaube nötig war.
Der Motor muss selbst Atmen
Und noch etwas war den Ingenieuren ein Anliegen. Der Motor musste selbst atmen; ein Turbo oder Kompressor kam nicht in Frage. An Hightech mangelt es dem Triebwerk trotzdem nicht, Toyota spendierte dem Boxer seine Einspritzanlage D4-S, eine Kombination aus Saugrohr- und Direkteinspritzung, die nicht nur für spontaneres Ansprechen, sondern auch für geringeren Verbrauch sorgt – Toyota gibt den Konsum mit 7,8 Litern an. Ebenfalls positiv auf den Verbrauch und auch auf die Laufruhe wirkt sich der quadratische Zylinderlängsschnitt aus: Bohrung und Hub betragen jeweils, dem GT seinen Namen gebende, 86 Millimeter.
Vor brachialer Leistungsentfaltung stand im Lastenheft ein anderer Eintrag: Fahrdynamik. Doch auch wenn das perfekte Handling den Entwicklern wichtiger war als die schnelle Geradeausfahrt: Ein wenig mehr Wumms würde dem Viersitzer nicht schaden. Der Tritt ins Kreuz bleibt auch unter Volllast weitgehend aus; der Spurt auf Tempo 100 dauert 7,2 Sekunden. Mag sein, das man in der von Turbos durchsetzten Zeit drehmomentverwöhnt ist und einem die lineare Leistungsabgabe nach alter Motoren-Sitte etwas fremd geworden ist. Doch mit seinen 205 Newtonmetern rangiert der Sauger wahrlich nicht am oberen Ende der Skala. Zumal die maximale Kraft erst bei hohen 6.400 Umdrehungen voll an der Kurbelwelle anliegt; die größtmögliche Leistung steht sogar erst bei 7.000 Touren bereit.
Dreht willig hoch
Zum Glück ist das Triebwerk keineswegs faul und die Nadel des Drehzahlmessers schnellt dem Gasbefehl artig folgend flink in die Höhe. Doch auch der drehfreudigste Motor braucht nun mal Zeit, bis er seinen Zenith erreicht und der Fahrer muss sich darauf einlassen (wollen), den Motor bei Laune, sprich jenseits der 6.000 Umdrehungen, zu halten. Gibt man allerdings in diesen Sphären noch einmal Gas, werden die Passagiere sogar leicht in die nicht allzu großen, aber bequemen und mit reichlich Seitenhalt ausstaffierten Sportsitze gedrückt. Und sie werden von einer dank Soundgenerator kraftvollen Klangkulisse eingehüllt.
Unterstützt werden Fahrer und Drehwille des Motors von einem knackigen, sportlich übersetzten Sechsgang-Getriebe mit kurzen Schaltwegen und straffer Kupplung. Wer die Gangwechsel nicht selber durchführen will, kann diese einem ebenfalls sechsstufigem Wandlerautomaten überlassen – begeht beim Bestellen desselbigen aber einen großen Fehler. Zwar braucht die Automatikversion noch einmal 0,7 Liter weniger, doch trotz seiner flinken Schaltzeiten raubt das länger übersetzte Getriebe dem Boxer seinen Elan und dem GT86 damit seine Sportlichkeit; auch die Schaltwippen am Lenkrad können das nicht ausgleichen.
Hervorragende Fahrdynamik
Während der Motor vielleicht noch die ein oder andere zusätzliche Pferdestärke vertragen könnte – beim Partner Subaru spricht man von einer denkbaren 250-PS-Version –, gibt es am Fahrwerk und der Lenkung nichts auszusetzen. Hier hat Toyota bewiesen, dass sie ihre Paradedisziplin nach wie vor beherrschen. Das Beste: Der GT86 ist kein brettharter Sportler, sondern steckt Unebenheiten überraschend gut weg und reagiert nur auf kurze Stöße etwas polternd.
Trotz des hohen Komfortfaktors weist das Fahrwerk hervorragende Dynamiktalente auf und zusammen mit dem tiefen Schwerpunkt, der Gewichtsverteilung von 53 zu 47 Prozent zu Gunsten der Vorderräder und dem Sperrdifferenzial an der Hinterachse dauert es lange, bis das ESP (mit Extra-Sportmodus) einen Grund hat, auf seine etwas ruppige Art, einzugreifen. Im Gegenteil: Es erfordert schon etwas fahrerisches Können und einen ordentlichen Tritt aufs Gaspedal, will man den Toyota aus der Bahn werfen und ihm zum Tänzeln mit dem Heck auffordern; mit etwas mehr Leistung ließe sich diese Art von Fahrspaß sicher noch steigern.
Gute Ausstattung, wenig Helfer
Mehr Kraft würde aber auch einen höheren Preis bedeuten, und den wollte Toyota bewusst günstig halten. Mit 29.990 Euro ist der GT86 nämlich ein erschwinglicher Sportler. Ob er allerdings als Erstfahrzeug taugt, hängt von den persönlichen Ansprüchen ab. Fahrer und Beifahrer finden in dem leider üppig mit wenig ansprechendem Kunststoffen ausgekleideten Cockpit gut Platz, die beiden Sitze im Fond dienen dagegen lediglich als Ablage. Die könnte häufig von Nöten sein, schluckt der schmale Kofferraum schließlich nur 243 Liter.
Trotz des günstigen Preises hat Toyota nicht an der Ausstattung gespart. Serie sind 17-Zoll-Räder, Xenon-Licht, Nebelleuchten, eine Klimaautomatik, Tempomat, das Audiosystem und das schlüssellose Zugangssystem. Optional bleiben das nicht empfehlenswerte Automatikgetriebe (1.550 Euro), die Parksensoren (390 Euro), die wegen der schlechten Rundumsicht auf jeden Fall an Bord sein sollten, ein 550-Euro-Navigationssystem, die Lederausstattung (1.600 Euro) und für die, die es etwas prolliger wollen, ein Aerodynamikpaket mit Frontspoiler und großem Flügel auf dem Kofferraumdeckel (1.400 Euro).
Nicht im Angebot hat Toyota, neben Lenkradtasten, die bei anderen Herstellern mittlerweile übliche Flut an Fahrerassistenzsystemen; 7 Airbags und ESP müssen reichen. Im GT86 hat der Fahrer selbst den Abstand zum Vordermann zu halten, ihn warnt niemand davor, dass er müde sein könnte, er ist selbst verantwortlich, nicht von der Spur abzukommen und auch den Toten Winkel muss er alleine überwachen. Letzteres ist allerdings gar nicht so leicht, da man beim Schulterblick vor allem die C-Säule sieht. Erst Mitte September 2012 kommt der GT86 zu den deutschen Händlern, noch in diesem Jahr will Toyota 2.000 Stück verkaufen, im kommenden Jahr sollen es 3.600 werden. Dieses nicht zu selbstbewusst gesteckte Ziel zu erreichen, dürfte dem Japaner nicht schwer fallen: Vor allem seine hervorragenden Handlingeigenschaften sprechen für ihn und lassen die Materialschwächen im Innenraum vergessen.
Dass er sich auf dem Markt mit dem baugleichen Subaru BRZ, der sich lediglich durch kleine Änderungen an der Front und bei der Fahrwerksabstimmung unterscheidet, in die Quere kommt, befürchtet Toyota nicht. Die Konkurrenz sitzt viel mehr in Wolfsburg und Paris. Den Peugeot RCZ gibt es mit ebenfalls 200 PS für 30.150 Euro, den Scirocco 2.0 TFSI bekommt man schon für 27.075 Euro; austattungsbereinigt liegt er nur knapp über dem Toyota.
Preislich etwas weiter entfernt ist der 34.000 Euro teure Audi TT 2.0 TFSI. Und auch das Hyundai Genesis Coupé ist ein nicht zu vergessender Mitbewerber. Zwar spielt der Koreaner mit fast fünf Metern Länge in einer anderen Liga, liegt aber preislich und in Sachen Leistung mit dem GT86 gleich auf. Was den Toyota aber von all seinen Mitbewerbern unterscheidet: Er ist der einzige, der auf einen Saugmotor setzt. Und das dürfte für viele Sportwagenfans ein entscheidendes Argument sein.