Bei seinem Erscheinen 2015 war der SUV-Boom bereits in voller Fahrt. Dennoch hat die dritte Generation des Škoda Superb auch gegen die hausinterne Konkurrenz mit Namen Kodiaq und Enyaq noch einige Asse im Ärmel. Vor allem wenn es sich um den stärksten Selbstzünder, den 2.0 TDI 4x4 (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,1 l/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 159 g/km)² mit 200 PS handelt. Doch wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Und so muss unser Test die Frage klären, ob einem traditionellen Kombi mit konventionellem Dieselmotor noch die Zukunft gehören kann.
Ein geschätzter Kollege schrieb einst, dass wir SUV irgendwann so satt haben wie Arschgeweih und durchlöcherte Jeans. Erst dann werden wir die Unaufgeregtheit des klassischen Kombis wieder zu schätzen wissen. Und bis dahin sollte der Škoda Superb Combi durchhalten. Denn allein aus praktischen Gesichtsgründen, mit seinen fast 2.000 Litern maximalem Ladevolumen, der gigantischen Weite im Fond oder den unzähligen praktisch durchdachten Details für den Autofahreralltag, wäre er ein echter Verlust. Und das auch nach fast sieben Jahren Bauzeit noch. Das dezente Facelift vor gut drei Jahren tat ihm gut, das kürzliche Update des Infotainments auf die aktuelle Generation des Modularen Infotainmentbaukasten ließ allerdings auch einigen Bedienfrust einziehen.
Denn vor allem sind es die regelmäßig auftreten Ausfälle. Mal crasht eine App, mal hakt es bei der Umschaltung zwischen Smartlink+ und dem Škoda-eigenen Infotainment. Überhaupt scheint die Rechenleistung eher ein gemütliches Tempolimit zu haben. Man kann diesen Mangel allerdings kaum den Tschechen anhängen, denn an diesem Problem knabbert der gesamte Volkswagen-Konzern aktuell. Es bleibt dann auch der einzige Tadel im Interieur. Der Rest bietet die gewohnten Qualitäten – und davon reichlich.
Die Ergonomie stimmt und das auch ohne aufpreispflichtige Massagesitze und teuren Lederbezug. Die Stoffsitze bieten sehr guten Komfort, vor allem in Sachen Behaglichkeit auch bei winterlich-kalten Außentemperaturen. Die Sitzheizung, vor allem aber auch die Lenkradheizung tun ihr Übriges für hohen Wärmekomfort. Allerdings muss der Zuheizer in der Startphase ganz schön schuften um das Luftvolumen im Innenraum zu temperieren. Angesichts der gigantischen Größe von Fond und Kofferraum geht die Heizleistung aber absolut in Ordnung. Übrigens: Die feinen Stoffbezüge haben vom Marketing kein hippes Vegan-Label, oder Tierfrei-Label verpasst bekommen, sondern firmieren schlicht als „Interieur schwarz“ in der Preisliste. So einfach kann es sein.
Ein wesentlicher Charakterzug des großen Superb Combi zeigt sich allerdings erst, wenn man wirklich ausgiebig mit ihm unterwegs war. Die Puzzlestücke wie Platz, Verarbeitung, Ergonomie und Ausstattung setzen sich erst nach einer echten Langstrecke zum fertigen Bild zusammen. Und hier liefert der Tscheche weiterhin so ab, wie es kaum ein anderes Auto in seiner Klasse kann. Der Fahrkomfort ist, besonders mit dem sehr empfehlenswerten Optionsfahrwerk mit DCC-Dämpfung, beeindruckend. Wer mit dem Gedanken spielt ein hochbeiniges SUV statt des Superb zu wählen, der sollte unbedingt die Probe machen. Denn die Eleganz und die Souveränität des großen Kombis können die Pseudogeländewagen nicht im Ansatz mitgehen, gerade in Sachen Abrollkomfort und generellem Fahrverhalten zeigt der Škoda Superb Combi 2.0 TDI 4x4 in jeder Situation, dass ein tieferer Schwerpunkt und eine clevere Kombination aus weicher Dämpfung und großer Reifenflanke für einen beinahe vergessen geglaubten Fahrkomfort sorgen kann.
Einen wesentlichen Anteil an diesem Erlebnis hat auch der 200 PS starke Dieselmotor. Gerade in der Drehzahlmitte, in einem Bereich oberhalb der 2.000er-Marke drückt er trotz der langen Gesamtübersetzung des 7-Gang-DSG-Getriebes mit einer Vehemenz nach vorne, die für echte Fahrfreude sorgt. Natürlich nicht im Sprint-Sinne, aber vor allem im Zwischenspurt und Herausbeschleunigen aus Autobahnbaustellen oder ähnlichen Situationen. Auf der zügigen Langstrecke kann der Škoda Superb Combi 2.0 TDI auch mit seinem Verbrauch glänzen. Schnell hat man den Bordcomputer auf einen Wert nahe der 6,0 l/100km gedrückt, wirklich defensive Fahrernaturen schaffen die fünf vor dem Komma spielend. Nur bei wirklich Vollgas-Eskapaden oder im Stadtverkehr läuft der Zähler wieder etwas hoch.
Im Langsamfahrbetrieb trittt auch eine weitere Eigenart zu Tage: die hohe Komplexität des Antriebsstrangs. Ein hoch aufgeladener und doch sehr sauberer Diesel, ein aufwändiges Doppelkupplungsgetriebe und ein variabler Haldex-Allrad – drei Systeme, die perfekt ineinandergreifen und extrem sauber abgestimmt sein müssen. Und obwohl man nicht nur in Mlada Boleslav, sondern vor allem in Wolfsburg jahrzehntelange Erfahrung mit genau dieser Kombination hat, so zeigt die jüngste Entwicklung besonders der Hybrid- und Elektromodelle, wie einfach es gehen kann. Deren ansatzlose und nahezu mühelose Beschleunigung aus dem Stand, das lautlose und unmittelbare Vorankommen lässt den großen Tschechen beinahe ein bisschen behäbig wirken im Stadtverkehr. Und es zeigt auch, wie schnell das Bessere des Guten Feind ist.
Der Škoda Superb Combi 2.0 TDI 4x4 ist die beste Visitenkarte für den klassischen Kombi. Er erledigt nicht nur Außendienst- und Familienalltag, sondern auch die längste Urlaubsreise mit schwerem Gepäck. Dabei sorgt der starke 200 PS-Diesel jederzeit für ein Lächeln auf den Lippen. Er zeigt aber auch, dass die Zeit nicht stehenbleibt und er in einigen Bereichen nicht mehr unbedingt auf der Höhe der Zeit ist. Allerdings naht der Modellwechsel auch in großen Schritten. Man darf also darauf hoffen, dass seine Talente auch in der neuen, moderneren Generation weiterleben. (Text und Bild: Fabian Mechtel)