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Test Rolls-Royce Ghost II: Nobel-Oase mit V12-Kick

Der Rolls-Royce Ghost gilt gemeinhin als Einstiegsmodell in eine ganz besondere Autowelt. Dabei ist der „Baby-Rolls“ alles andere als klein und auch nicht weniger opulent ausgestattet wie seine großen Geschwister. Wir zeigen im Test, wie sich die 571 PS starke Luxusyacht auf Rädern fahren lässt.


Der Rolls-Royce Ghost II im Überblick


Pro

Stärken

  • - Äußerst souveräner V12-Antrieb
  • - Ausgezeichneter Federungskomfort
  • - Sehr hochwertige Materialauswahl
  • - Viel Platz für Mensch und Gepäck
  • - Einfache Bedienung
Contra

Schwächen

  • - Exorbitant teuer
  • - Sehr hoher Kraftstoffverbrauch
  • - Mangelnde Übersichtlichkeit

Rolls-Royce-Ghost-Front-Road

Von allem Weltlichen losgesagt

Die Tür fällt wie von Geisterhand ins Schloss. Per Knopfdruck wird das V12-Triebwerk gestartet und was danach folgt ist – Stille. Kaum etwas ist in der heutigen Zeit beruhigender als in einem Rolls-Royce Platz zu nehmen. Klingt dekadent? Genau das ist es auch. Wer es sich jedoch leisten kann erhält auch mit dem „Baby-Rolls“ eine Burg auf Rädern, dank 100 Kilogramm zusätzlichem Dämmmaterial und Doppelglas nahezu vollständig entkoppelt von der Außenwelt. Der Preis des aristokratischen Gefährts? Im Falle des Testwagens erhabene 339.425 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer (Rolls Royce Ghost Kraftstoffverbrauch kombiniert: 15,7-15,2 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 358-347 g/km)².

Rolls-Royce-Ghost-Cockpit

Eigenheim oder Luxusschlitten?

Es stellt sich also die Frage: Eigenheim oder Luxusschlitten? Geschrieben werden kann im Falle des Rolls-Royce Ghost der zweiten Generation auf jeden Fall, dass dieser mehr Leder und Echtholz im Interieur trägt als so manche Neubauwohnung. Allein die Lammfellfußmatten kosten schon horrendes Geld und mit all dem Tierischen sowie dem Fossilen (doch dazu später mehr) eignet sich der Nobel-Engländer sicherlich perfekt als Vorstandsfahrzeug bei einer Umweltschutzorganisation. Immerhin: Auch bei Rolls-Royce haben sie nachhaltige Materialien und sogar die Elektromobilität für sich entdeckt. Letzteres dauert aber noch einen Moment.

Rolls-Royce-Ghost-Engine

Leistung im Überfluss

Bis es so weit ist gilt es sich am Althergebrachten zu ergötzen. 6,75 Liter Hubraum, nicht Wischwasser! Da staunt der Autotester und blickt ob der beiden angeflanschten Turbolader noch ein wenig ehrfürchtiger in den Maschinenraum. Die Leistung? Mit 571 Pferdestärken und 850 Newtonmeter Drehmoment mehr als ausreichend. Und zwar immer. Egal ob bei 50 oder 150 km/h, der Schub des V12 ist gewaltig und stellt auch so manche elektrifizierte Edelkarosse in den Schatten. Nicht, dass 4,8 Sekunden von null auf 100 km/h für den Kauf eines Ghost entscheidend währen, doch wie der Rolls im Zweifel von dannen eilt, ist schon bemerkenswert. Die Höchstgeschwindigkeit ist, elektronisch limitiert, bei Tempo 250 erreicht.

Rolls-Royce-Ghost-Side

Muscle-Car made in U.K.

Beim zu vermeidenden Kavaliersstart zeigen sich derweil Parallelen zu einem alten amerikanischen Muscle-Car. Die Karosse bäumt sich ähnlich spürbar auf, das äußerst gediegene „Magic Carpet“ genannte adaptive Luftfahrwerk hat erst gar nicht den Anspruch gegen die Nick- und Rollbewegungen anzukämpfen und auch die Lenkung des Engländers zeigt sich eher leichtgängig und weniger direkt. Der V12 erhebt auf sehr niedrigem Niveau seine Stimme, aber im Gegensatz zu den V8-Boliden aus Übersee sind mit dem Ghost keine Rauchzeichen möglich – Allradantrieb sei Dank. Das Mehr an Traktion ist ein spürbarer Sicherheitszugewinn, wohingegen es die serienmäßige Allradlenkung beim Wenden mit den schieren Außenabmessungen aufzunehmen versucht.

Rolls-Royce-Ghost-Interieur-Seats

Im Inneren nur das Feinste

Dem Ghost bei einer Länge von 5,55 Meter und einem Wendekreis von knapp 13 Metern allerdings eine ausgewiesene Handlichkeit zu unterstellen, würde kaum der Wahrheit entsprechen. Und dennoch: Trotz der teils adipösen Opulenz schafft es die Luxuslimousine eine beinahe schon leichtfüßige Fahrfreude zu vermitteln. Wiedersprüche zu vereinen, dass gelingt auch im Innenraum. Offenporiges Walnussholz, Lavalina-Leder wohin das Auge blickt und handschmeichelnde Metallapplikationen zeugen von der hohen Handwerkskunst am Stammsitz in Crewe, wohingegen das mittlerweile spürbar angestaubte BMW-iDrive-System nahtlos und unaufdringlich in die innere Designlandschaft integriert wurde.

Rolls-Royce-Ghost-Front-Stars

Sternenhimmel und automatische Türen

Details, wie der mehr als 13.000 Euro teure Sternenhimmel (mit Sternschnuppenfunktion), oder der beleuchtete Ghost-Schriftzug oberhalb des Armaturenbretts offenbaren eine enorme Detailverliebtheit, deren Konsequenz sich über die Lederziernähte bis hin zur Integration von beheizten Schirmhaltern in den hinteren Türen fortführen lässt. Die Portale selbst müssen selbstverständlich nicht mehr per Hand betätigt werden und lassen sich automatisch öffnen und schließen. Damit das auch auf abschüssigen Stellplätzen immer in gleicher Weise funktioniert, wurden in die Türen G-Sensoren integriert, die dafür sorgen, dass immer mit der gleichen Kraft gearbeitet wird.

Rolls-Royce-Ghost-Interieur-Rearseats

Feinkritik jenseits der 400.000 Euro

Gibt es bei diesem 400.000-Euro-Statement auch Kritikpunkte? Nun, wer nicht gerade die rückwärtigen Einzelsitze samt Champagner-Kühler bestellt, erhält stattdessen Kunststoff-Getränkehalter von überschaubarer Wertigkeit. Die analoge Klimasteuerung kennt keine exakten Temperaturen, sondern lässt sich nur nach Gefühl bedienen und dann wäre da noch der Kraftstoffverbrauch, der sich während der Testtage um 18 Liter auf 100 Kilometer eingependelt hat. Der erlauchten Kundschaft dürfte das freilich egal sein, vielmehr stört sie vielleicht der gering bemessene Kraftstofftank mit lediglich 83 Liter Fassungsvermögen.

Rolls-Royce-Ghost-Rear-Road

Fazit

Luxus für den Selbstfahrer! Der Rolls-Royce Ghost überzeugt in zweiter Generation trotz seiner Abmessungen, trotz seines Gewichts, mit sehr ansprechenden Fahrleistungen. Der 6,75-Liter-V12-Biturbo bleibt im Motorenbau das Maß der Dinge und lässt im Kopf nur schwerlich Platz für eine Elektrifizierung der englischen Traditionsmarke. Der Innenraum glänzt derweil durch edle Materialien, eine absolut wertige Verarbeitung und die enorme Detailverliebtheit. Der exorbitant hohe Preis sowie die bei weitem nicht mehr zeitgemäßen Verbrauchswerte sind indes Randnotizen, die für die Zielgruppe des Ghost kaum von Belang sein dürften. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten*

  • Modell: Rolls-Royce Ghost II
  • Motor: Zwölfzylinder-Benziner, 6.749 ccm
  • Leistung: 571 PS (420 kW) bei 5.000 U/min
  • Drehmoment: 850 Nm bei 1.600U/min
  • Antrieb: Allrad, 8-Gang-Automatik
  • Verbrauch kombiniert: 15,7-15,2 l/100 km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: 358-347 g/km²
  • Beschleunigung (0–100 km/h): 4,8 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 245 km/h
  • Abmessungen (L/B/H): 5,55 m/1,98 m/1,57 m
  • Gewicht: ca. 2.600 kg
  • Testwagenpreis: 403.915,75 Euro

*Herstellerangaben

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