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Test: Renault Captur TCe 90 – Geschmackssache

So allmählich scheinen deutsche Autokäufer wieder etwas zur Vernunft zu kommen, denn ihr Heißhunger auf die ganz großen SUVs und Offroader lässt spürbar nach. Doch ohne Abenteuerlook und Hochbeinigkeit scheint es dann doch nicht mehr zu gehen, denn parallel wächst der Appetit auf kleine SUVs.

Zu diesen zählt auch der auf dem Clio basierende Captur. Das angesichts von Kombi und Limousine überflüssig erscheinende Modell überzeugt im Abgang. Allein schon das Handschuhfach ist ein faszinierendes Schmankerl. Ein SUVchen ist der Captur, ein dezent Hochbeiniger, der sich mit seiner Karosserie irgendwo zwischen Kleinwagen, Kombi und Kompakten einsortiert. Mit peppigen Außenhaut-Aufhübschungen wie der Zweifarblackierung, Karodesign-Aufklebern auf Dach und Heckklappe sowie Robustheit suggerierender Kunststoffbeplankung am unteren Fahrzeugrand versprüht er zusammen mit etwas Chrom- und LED-Chichi einen urbanen Abenteuerlook. Damit trifft der Captur ganz zweifelsfrei den Nerv der Zeit.

Schön oder nicht?

Allerdings hat der 4,12 Meter lange Clio-Ableger ein nicht ganz so perfekt anliegendes Kleid wie seine kompaktere Basis. So wirkt das Heck eine Spur zu pummelig, während die Front fast übertrieben durchgestylt anmutet. Und doch macht der Captur was her, sorgen seine charaktervollen Linien und Sicken in den Flanken für einen durchaus dynamischen Auftritt bereits im Stand. Gefällt er oder gefällt er nicht? Irgendwie ist es schwer, sich hier eindeutig festzulegen.

Innen bietet der im Vergleich zum Clio etwas geräumigere Captur ein praktisches wie stylisches Interieur. Der Einstieg nach vorne ist aufgrund der hoch bauenden Karosserie und der fast im rechten Winkel öffnenden Türen recht bequem, die Verstellmöglichkeiten und das Platzangebot am Arbeitsplatz sind gut. Im Fond können sogar bis zu drei Erwachsene mitreisen, die sich dank der um 16 Zentimeter in der Länge verschiebbaren Rückbank zudem noch über gute Beinfreiheit freuen können. Bei der Kopffreiheit haben Fondgäste bis etwa 1,80 Meter Körperlänge noch ausreichend Entfaltungsspielraum.

Fast schon Platz wie im Golf

Das Kofferraumvolumen ist für ein Kleinwagen-Derivat ebenfalls gut. Normal passen in das mit herausnehmbarem Zwischenboden ausgestattete Gepäckabteil 377 Liter, die sich dank einer klassisch nach vorne klappbaren Rückbanklehne auf bis zu 1.235 Liter ausbauen lassen. Das ist fast auf Golf-Niveau und der Captur damit für den Autoalltag ausreichend geräumig und variabel.

Darüber hinaus bietet das SUV-Modell diverse Möglichkeiten zum Verstauen und Ablegen von Kleinkram. In der Mittelkonsole befinden sich neben zwei Getränkehaltern noch drei kleinere Ablagen, während sich auf der Armaturenbrettmitte eine weitere Mulde unter einer Klappe versteckt. Stauraum-Höhepunkt ist jedoch das Handschuhfach, welches sich beim Öffnen als gigantisch anmutende 12-Liter-Schublade entpuppt. Wow. Und dank solider Schienenführung wirkt das Staufach zudem noch wie ein robustes Möbelstück.

Stellenweise mit klassischer Kleinwagen-Qualität

Nicht alles im Captur ist allerdings von derart massiver Machart und manches Plastikteil ist von eher einfacher und manchmal sogar windiger Qualität. Trotz einiger Hochglanzflächen und Chromverzierungen schimmert in dem auf den ersten Blick recht schick wirkenden Interieur an einigen Stellen dann doch noch klassisches Kleinwagenflair durch.

Besonders hervortun kann sich wiederum die Bedien- und Anzeigen-Einheit für Klimaanlage und den R-Link genannten Infotainment-Navi-Komplex. Hier vereinen sich übersichtlich in einem Bauteil zusammengefasst und hübsch mit Klavierlack-Rahmung in Szene gesetzt zwei zentrale Bedienelemente. Dank des großen Touchscreens konnte Renault viele der sonst üblichen Tasten und Schalter in die Menüstruktur verfrachten und damit für einen besonders aufgeräumten Eindruck sorgen.

Touch me

Bei der Menüführung des R-Link-Systems kennt man sich allerdings nicht sofort aus, denn vieles folgt einer etwas anderen Logik als jener, die man von ähnlichen Systemen deutscher Hersteller kennt. Letztlich aber verlangt das Renault-System nach einer nur kurzen Kennenlernphase, denn alle wichtigen Funktionen konnten wir ohne Zuhilfenahme der Bedienungsanleitung nach einer vernachlässigbar raschen Zeit der Orientierung problemlos nutzen.

Die Möglichkeiten von R-Link sind vielfältig, denn neben den klassischen Audio- und Navifunktionen lassen sich noch Mobiltelefon, Fahrzeuginformationen, Multimediafunktionen und Internet-Apps einbinden beziehungsweise nutzen. Angesichts seiner Vielseitigkeit wird dieser schicke Multimedia-Alleskönner zu moderaten Preisen (ab 590 Euro) angeboten.

Praktische Lösungen

Ein Tempomat mit Bedientasten am Lenkrad, ein schüsselloses Zugangs- und Startsystem, eine 12-Volt-Steckdose und ein USB-Anschluss (wichtig für das Laden des Smartphones) runden den Alltagsnutzen des Captur ab. Eine Besonderheit der Topversion Dynamique sind außerdem die per Reißverschluss abnehmbaren und damit problemlos in der Waschmaschine zu reinigenden Textilbezüge der Vordersitze.

Irgendwie praktisch für ein Auto, welches ob seines SUVigen Naturells ja auch mal gerne abseits befestigter Straßen bewegt werden könnte. Zwar gibt es keinerlei Offroad-Antriebstechnik, doch die erhöhte Bodenfreiheit und eine gegenüber Unebenheiten etwas tolerantere Federung erlauben Ausflüge in den Schmutz. Wenn auch kein Kraxler, so ist der Fronttriebler ein für die Schotterpistengaudi durchaus einsetzbares Auto. Und auch als Großstadt-Abenteurer kann sich der Captur empfehlen, denn Bordsteinkanten nimmt er lässig, fährt auf Wunsch auch zackig ums Eck, ist übersichtlich, und zudem steckt das Fahrwerk Kopfsteinpflaster gut weg. Kehrseite dieser Eigenschaften: Die Wankneigung des Captur ist in schnell gefahrenen Kurven recht ausgeprägt.

Klein, aber nicht oho

Mit seinem 90-PS-Turbobenziner bietet der Captur für den Stadtverkehr einen absolut ausreichenden Vorwärtsdrang. Bei Überlandfahrten könnte man dem nur 900 Kubikzentimeter großen Dreizylinder allerdings eine gewisse Durchzugsschwäche attestieren. Der moderate Turbokick (135 Newtonmeter bei 2.500 Touren) kann zumindest keine Temperamentssprünge provozieren und man muss sich schon etwas in Geduld fassen, bis der 1,2-Tonner in höhere dreistellige km/h-Regionen vordringt. Manch gut motorisierter Diesel kann da auf der Überholspur schon mal ungeduldig drängeln. Aber eigentlich ist der maximal bis 171 km/h schnelle und in 13 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 sprintende Franzose mit ausreichender Kraft gesegnet. Auch die Laufkultur ist angesichts der drei Zylinder fein und bei Ampelpausen herrscht dank des Start-Stopp-Systems sogar völlige Stille.

Mit dem Spritsparversprechen ist es allerdings so eine Sache: Eigentlich sollen es glatte fünf Liter mit dem Sechsgang-Schaltgetriebe sein, doch bei normaler Fahrweise kamen bereits zwei Liter Praxisaufschlag hinzu, während schneller gefahrene Autobahntouren mit Tempo 160 sogar eine Verdoppelung des Normverbrauchs provozierten. Der Dreizylinder harmoniert mit dem Captur, aber eine Traumpaarung gehen die beiden nicht ein. Der ebenfalls recht kleine, gleich starke, gleich schnelle, aber deutlich drehmomentstärkere und effizientere Diesel 1.5 dCi bietet mehr Potenzial zum Glücklichmachen.

Gar nicht mal teuer

Allerdings kostet der Diesel im Vergleich zum TCe 90 1.800 Euro Aufpreis. Damit steigt der Basispreis dann von 15.290 auf gut 17.000 Euro. Bei diesen Tarifen gibt es nur das unterste Ausstattungsniveau Expression, welches immerhin schon mit einigen Nettigkeiten verwöhnt. Will man hingegen aus dem Vollen schöpfen, muss man die schon recht umfangreich bestückte Version Luxe (ab 18.790 Euro) ordern. Die dann wenigen noch bestellbaren Extras treiben den maximal möglichen Preis für den Captur TCe 90 auf knapp über 20.000 Euro. Für ein vollausgestattetes Auto seiner Größe ein eigentlich günstiger Preis.

Für ein Kleinwagen-Derivat mag der Basispreis zunächst etwas happig zu sein, doch genau genommen liegt dieser nur 900 Euro über dem eines identisch motorisierten Clio. Der Captur bietet für diesen noch dreistelligen Mehrpreis mehr Alltagsnutzen und zudem mehr Zeitgeist und Prestige. Und wenn man dann noch an das als Schublade inszenierte Handschuhfach denkt, könnte man das Gefühl haben, diesen Aufpreis gerne zahlen zu wollen. Über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten und dürfte der Captur ein Auto sein, an dem sich viele Geister scheiden. Gut so, denn so gesehen ist das französische SUVchen ein erfreulicher Charakterdarsteller, der mehr als nur nüchternes Transportmittel sein will.

Doch nüchtern betrachtet bietet der Renault im Abenteuerkleidchen auch einige besondere Vorteile. Da wäre sein gutes Platzangebot in alle Richtungen, sein bequemer Einstieg, die übersichtliche Sitzposition oder das recht komfortable Fahrwerk. Und dann gibt es noch Schmankerl wie das schubladenartige Handschuhfach oder die abnehmbaren Sitzbezüge vorne. Und trotz seiner Größe, seiner Alltagstauglichkeit und einigen pfiffigen Lösungen ist er ein durchaus günstiges Auto, für den mit attraktiver Vollausstattung recht bescheidene 20.000 Euro fällig werden.

Der Dreizylinder-Benziner TCe 90 ist allerdings nur denjenigen zu empfehlen, die keine Ambitionen zu flotteren Autobahntouren hegen. Mal abgesehen vom mäßigen Durchzug neigt der kleine Turbo nämlich bei höheren Tempi zu unverhältnismäßig hohen Durst.

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