Der Porsche Macan electric auf einen Blick
- Der Bestseller von Porsche kommt 2024 voll elektrisch
- Im Top-Modell steigt die Leistung auf 450 kW/612 PS
- Mehr als 1.000 Nm Drehmoment möglich
- Optional mit Hinterachslenkung und Luftfederung
- Preise liegen markant über den Verbrenner-Versionen
Porsche Macan electric – 75 Mal rund um die Erde
Extreme Hitze, brutale Kälte. Trockene Wüsten, eisige Schneepisten. Bis ein Auto die Serienreife erreicht, muss es Millionen von Kilometern abspulen. Rund drei Millionen oder 75 Mal rund um die Erde werden es beim aktuellen Porsche Macan sein. Schon im nächsten Jahr kommt das erste Elektro-SUV der Zuffenhausener auf den Markt. Zeit für die abschließenden Straßentests. Quasi die letzte Meile. Und wir sind mit an Bord. Die Fahrzeuge sind außen nur noch leicht getarnt, nur das Cockpit dürfen wir mit Ausnahme des Tachos nicht zeigen. Große schwarze Matten liegen über dem Armaturenbrett. Aber wir können das Auto erfühlen, selbst fahren und erfahren, zusammen mit den Entwicklungsingenieuren von Porsche. Ein ziemlich exklusives Vergnügen.
Der Macan ist zwar erst das zweitjüngste Familienmitglied von Porsche, aber eines der wichtigsten Autos des Sportwagenherstellers überhaupt. Warum? Weil allein auf den Macan etwa ein Drittel der ausgelieferten Fahrzeuge weltweit entfallen. Und ausgerechnet dieses SUV soll als erster Verbrenner aus dem Porsche-Stall auf einen reinen Stromer umgerüstet werden. Als Grundlage dafür dient die neue Premium Plattform Electric (PPE), die gemeinsam mit Audi entwickelt wurde und auf der auch der Audi Q6 steht. Der muss zum Macan allerdings einen zeitlichen Abstand von ein paar Monaten einhalten, nachdem der Produktionsstart mehrmals wegen Software-Problemen verschoben wurde.
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Im Interieur eine Kreuzung aus Taycan und Cayenne
Macan heißt auf Indonesisch Tiger. Als Verbrenner war er das auf alle Fälle. Der Turbo, der GTS – alles feine Sportwagen im SUV-Gewand, die vor allem in den USA und China viele Freunde gewonnen hatten. Risiko - kann der Macan das alles ins Elektro-Zeitalter retten? Bevor wir zur Erprobungsfahrt durch die schwäbische Alb starten, ein kleiner Karosserie-Check. Nachdem die Ingenieure selbst Hand angelegt und die Tarndecken entfernt haben, erblicken wir den Macan zum ersten Mal: Sieht gewohnt aus, aber in Details viel schnittiger und markanter als die Verbrenner-Version. Der Kühler ist zusammengeschnurrt auf eine flache Leiste, dafür sind die Lufteinlässe darunter größer und ausladender geworden. Die Nebelscheinwerfer rücken dafür nach oben, direkt unter die großen Frontlichter mit dem neuen Tagfahrlicht: Vier schmale Striche statt der vier Quadrate. Die Schultern sind runder und fließend, trotzdem wirkt das Heck knackig und verwegen: Liegt an den zusammengekniffenen Rückleuchten und an dem Gitterrost, der die untere Spange ersetzt, dort, wo früher die Auspuffrohre waren.
Über das Innenleben dürfen wir nicht allzu viel verraten, liegt ja überall dicker Teppich drüber. Erlkönig-Fotos zeigen jedoch, dass sich der Macan ziemlich am Taycan-Outfit und Cayenne-Facelift orientieren wird. Total digital, nächste Stufe mit Breitleinwand-Optik, in der sogar das eigene Display des Beifahrers eingebettet ist. Und auch die Klimaanlage kann separat bedient werden. Das auffälligste Detail: Der Ganghebel wandert von der Mittelkonsole nach oben aufs Armaturenbrett, direkt neben das Lenkrad. Aber was macht das Herz des neuen Macans – der Antrieb? Wir fahren unterschiedliche Modelle. Einmal den, nennen wir ihn mal Macan Turbo, mit 450 kW (612 PS), über 1.000 Nm Drehmoment und zwei Motoren an Vorder- und Hinterachse. Und einmal die einfachere Version mit rund 440 PS. Alle mit Allrad (Vorserienfahrzeuge, Homologation ausstehend)².
Deutlich unter vier Sekunden geht es von null auf Tempo 100
Natürlich ist die stärkere Ausführung mit einem Sprintwert von null auf Tempo 100 weit unter vier Sekunden eine echte Urgewalt. Die Leistung bringt das schätzungsweise 2,2 Tonnen schwere SUV bemerkenswert ruhig und souverän auf die Straße. Das Ziel: Der Elektro-Macan sollte „makellos schnell“ sein, wie Thomas Maulick, Director Vehicle Dynamics, sagt, der neben uns Platz genommen hat. „Agil muss er sein, der elektrische Macan, gut in der Fahrperformance.“ Ein kleiner Druck auf das Fahrpedal, ein großer Schritt für den Macan. Das E-SUV spurtet los, als ob es kein Morgen gäbe. Auf Wunsch auch mit der entsprechenden künstlichen Soundbegleitung. Muss man mögen, diese Töne. Deep Space Nine. Wir finden: sie passen zu diesem Auto, das den Sprung ins Elektro-Zeitalter möglichst ohne große Verluste beim (Massen-)Absatz absolvieren soll. Aber ehrlich gesagt: So kompromisslos wie der 612-PS-Elektrosportler auch abgeht: Die Basisvariante mit rund 200 PS weniger reicht im täglichen und traditionellen Einsatzgebiet des Macans, als Zweit-Auto und Schüler-Taxi, vollkommen aus.
Das kann und darf natürlich nicht der Anspruch von Porsche sein, die den Macan 3.0 auch an den sportlich orientierten Autofan bringen will. Deshalb wird dieses E-SUV auch entsprechend hochgerüstet auf der Performance-Seite. Schon bei der Konstruktion wurde auf einen niedrigen Schwerpunkt geachtet (zwei Zentimeter tiefer als beim aktuellen Macan), mit einer Achse, die weiter nach hinten gewandert ist. Dadurch ergibt sich eine Gewichtsverteilung von 48 zu 52 Prozent und eine bessere Traktion. Der Allradler verschiebt die Antriebsmomente zwischen den Achsen, wie es gerade am besten passt. Auf der Stellung "Sport" oder "Sport Plus" wird besonders viel Leistung ans Heck geliefert. Da schwanzelt der Elektro-Macan ganz ansprechend. „Was die Längsbeschleunigung angeht“, so Maulick, „da hat der Elektro-Motor klare Vorteile. Für die Querdynamik mussten wir mehr tun.“ Das haben sie. Gut so. Kleiner Einschub für Experten: Wer die elektronische Stabilitätskontrolle (ESC) ausschaltet, der bekommt wirklich den puren Macan. Nur der Bremsstabilisator vom ABS greift dann noch ein.
Porsche Macan electric – jetzt auch mit Hinterachslenkung bestellbar
Optional ist der Macan mit einem Luftfahrwerk ausgestattet und kann bis zu 20 Millimeter gesenkt werden (Sport Plus). Interessant: Porsche verzichtet auf einen aktiven Wankausgleich. Die Karosserie ist offenbar steif genug, dass sie in Kurven nicht künstlich gestützt werden muss. Das war auch unser Eindruck in der schwäbischen Alb. Dass der neue Macan agil um die Kurven flitzt, hat eine einfach Erklärung. Es gibt jetzt optional auch eine Hinterachslenkung, die mit bis zu fünf Grad einschlägt und das Sport-SUV zum absoluten Wendehals macht. Der Vollständigkeit halber: Die Quersperre hinten ist elektronisch, damit kann die Drehmoment-Verteilung zwischen den Hinterrädern dynamisch geregelt werden, auch mit den entsprechenden Brems-Eingriffen. Apropos Lenkung: Sie spricht in allen Fahrmodi gleich gut an mit einer feinen Präzision und der dazu passenden ebenfalls perfekten Rückmeldung. Maulick: „Auf die Lenkung haben wir großen Wert gelegt, sie sollte in allen Fahrmodi gleich gut sein – das ist unsere Philosophie.“
Einstieg ins Yacht-Geschäft: Der Macan-Antrieb geht schwimmen
Und weil wir gerade dabei sind: Zur Porsche-Philosophie im Elektro-Zeitalter gehört auch diese Aussage. „Wir wollen keine unendlich großen Batterien, wir wollen viel lieber schnell laden“, sagt Georg Goldgruber, verantwortlicher Fachreferent für das Gesamtfahrzeug. Deshalb ist die rund 100-kWh-Batterie (Reichweite nach WLTP wahrscheinlich bis zu 500 Kilometer) wie beim Taycan auch in eine 800-Volt-Architektur eingebettet. Mit einer Ladegeschwindigkeit von bis zu 270 kW (DC) „tankt“ der Macan im Idealfall innerhalb von vier Minuten bis zu 100 Kilometer auf. Das heißt: Er schafft in weniger als 25 Minuten den Sprung von 10 auf 80 Prozent.
Was kann der Macan-Antrieb noch? Eine Achtmeter-Yacht antreiben zum Beispiel. Ganz ohne Blödsinn – wer Porsche fahren will, kann das jetzt auch auf dem Wasser tun. Zusammen mit dem österreichischen Bootshersteller Frauscher bringen die Stuttgarter jetzt eine eigen E-Yacht heraus. Die 850 Fantom Air verfügt über den Macan-Antrieb nebst 100-kWh-Akku mit leichten Modifikationen. Zum Beispiel wurde die Leistung reduziert, die Batterie hängt mit Drahtseildämpfern im Rumpf. Und die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 85 km/h, was aber auf dem Wasser schon ziemlich stattlich ist. Das Boot kostet über eine halbe Million Euro, aber ist tatsächlich ein echter Porsche. Dafür hat auch das Design-Center von F.A. Porsche gesorgt, das für das Cockpit der Fantom Air zuständig war. Porsche-Lenkrad, fünf Rundinstrumente und der Startknopf auf der linken Seite des Lenkrads - Zuffenhausen lässt grüßen. Das Elektro-Schiff packt je nach Beanspruchung zwischen zwei und drei Stunden Betrieb und ist sowohl für Frauscher als auch für Porsche eine Blaupause, um Yachting in die neue Elektro-Ära zu transportieren.
Erstes Fazit
Zurück zum elektrischen Macan und zu unserem ersten Eindruck: Vorsicht Petrol Heads, das ist schwer verdauliche Kost! Auch wenn beim E-Macan nichts raucht und stinkt und lärmt – wer das neue Elektro-SVU fährt, wird definitiv nichts vermissen. Das ist ein echter Porsche durch und durch. Mit fetter Power und purer Fahrdynamik. Dieser Macan fährt sich schlicht wie bisher - nur elektrisch. Allerdings darf die Kundschaft nicht empfindlich sein. Auch wenn die Preise noch nicht raus sind, klar ist: Schon die Basis misst sich an den Fahrleistungen des bisher stärksten Macan. Und wird sich vermutlich auch an diesem Preis orientieren. (Text: Rudolf Bögel | Bilder: Hersteller)