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Gebrauchtwagen-Kaufberater: Was kann der Porsche Cayenne 9PA?

Schnäppchen oder Groschengrab? Mit dem Cayenne (9PA) setzte Porsche 2002 erstmals einen Fuß abseits geteerter Straßen. Ob die erste Generation heute noch das Zeug zum taffen Allesüberwinder hat, klärt unsere Kaufberatung.


Der Porsche Cayenne 9PA (955 & 957) im Überblick


Pro

Stärken

  • - Breites Motorenangebot inkl. Diesel
  • - Sportliche Straßenlage
  • - Gute Offroad-Eigenschaften
  • - Hohe Anhängelast (bis zu 3,5 Tonnen)
  • - Insgesamt solide Verarbeitung
Contra

Schwächen

  • - V8-Motoren mit hohen Verbräuchen
  • - Karosserie im Alter rostanfällig
  • - Hoher Reifen- und Bremsenverschleiß
  • - V8 mit Kühlmittel- und Ölverlusten
  • - Steuerkettenprobleme (v. a. VR6 3.2)

Der einstige Stolz aus Zuffenhausen

Es sind traurige Szenen, die sich auf den Schotterplätzen der Fähnchenhändler an den großen Ausfallstraßen der Republik abspielen. Irgendwo eingekeilt zwischen abgewirtschafteten Luxuslimousinen und Leasingrückläufern ragt er hervor. Der einstige Stolz schwäbischer Ingenieurskunst und das Aushängeschild des erfolgreichen Geschäftsmannes der 2000er Jahre. Doch der Lack ist ab, denn im Alter ist auch ein Porsche Cayenne meist nichts anderes als ein altes gebrauchtes Auto, dass, statt seinen nächsten Besitzer direkt von A nach B zu bringen, mitunter den Umweg über das Feld mit dem wirtschaftlichen Bankrott wählt. Um dem zu entgehen, haben wir die wichtigsten Tipps für dich zum SUV-Kauf zusammengefasst.

Porsche-Cayenne-9PA-Top

Erfolgreich gestartet

Das Leben für den Porsche Cayenne begann als "dritte Baureihe", die durch Wendelin Wiedeking angetrieben wurde, zunächst positiv. Ab 2002 rollten die gemeinsam mit Volkswagen entwickelten SUV-Modelle in einer eigens für die Endmontage gebauten Fabrik in Leipzig vom Band und die Kunden bestellten, als wären die mindestens veranschlagten 60.204 Euro (Cayenne S) nur Kleingeld. 340 PS bekam der Kunde im Einstiegs-V8 geboten, angerichtet mit 4,5 Liter Hubraum. Wer mehr wollte, ließ sich auf das Spiel mit den beiden Turboladern ein und bestellte für satte 40.000 Euro mehr den Cayenne Turbo mit 450 PS oder den Turbo S mit erst 521 und am Ende sagenhaften 550 PS.

Porsche-Cayenne-Turbo-9PA-Engine

Breites Leistungsangebot

Doch auch für Sparfüchse hielt die Preisliste etwas bereit: nämlich den von Volkswagen beigesteuerten 3,2 Liter VR6-Benziner mit 250 PS. Den gab es bereits für knapp 50.000 Euro und ab 2003 auch mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe, statt der anfangs obligatorischen Sechsgang-Automatik. Mit dem Sechszylinder kam allerdings auch die Behäbigkeit in das 2,2 Tonnen SUV. Magere 9,1 Sekunden warf das Messgerät bei der Beschleunigung auf 100 km/h aus und der Top-Speed war mit 216 km/h ähnlich bescheiden. So konnte der VR6 vor allem mit einem moderaten Verbrauch auftrumpfen. Der betrug mit 13,2 Liter im Schnitt rund sieben (!) Liter weniger als beim Turbo-Modell. Für die persönliche Rechnung: man spricht im Falle des Turbos von Super Plus Kraftstoff.

Porsche-Cayenne-9PA-GTS

Cayenne GTS: Sportler mit Ladehemmung

Mit dem im Februar 2007 vorgenommenem 957-Facelift veränderte Porsche die Erscheinung des Cayenne nur minimal. Wesentlicher war da schon die Erweiterung des Motorenprogramm auf sparsame Direkteinspritzer. Unter anderem flog der 3,2-Liter-VR6 aus dem Programm und wurde durch einen 3,6-Liter-V6 ersetzt, der auch im Touareg, Passat und Q7 zum Einsatz kam. Neuer Star der Baureihe war neben dem jetzt 550 PS starken Turbo S allerdings der besonders sportliche Cayenne GTS mit einem 405 PS starken V8-Sauger. Seine Fahrleistungen lagen zwar eher in der Region des nunmehr 385 PS starken Cayenne S, doch vor allem beim Fahrwerk und in der Optik ging der GTS eigene Wege.

Porsche-Cayenne-9PA-Diesel

Sparsame V6 Diesel

Auf die dynamische Optik des GTS musste der ab 2009 lieferbare Selbstzünder Cayenne zwar verzichten, doch langsam war der mit einem 3,0-Liter-V6-Motor von Audi ausgerüstete Ölbrenner nicht. 240 PS und 550 Newtonmeter Drehmoment (mehr als bei dem Cayenne GTS) sorgten für ein angenehmes Fahrgefühl, ohne dass dem Fahrer an der Tankstelle die Armut drohte. 9,3 Liter Diesel auf 100 Kilometer war auch 2009 ein Wert, mit dem sich gut leben ließ und der für den Verzicht auf das eine oder andere PS entschädigte. Zu beachten ist allerdings, dass die Diesel im ersten Porsche Cayenne meist nur über die Abgasnorm Euro 4 verfügten.

Porsche-Cayenne-9PA-Water

Solide Basis, Rost und Wassereinbrüche sind aber große Problemstellen

Der erste Porsche Cayenne sollte vor allem eines sein: solide. Anders als von vielen heutigen Softroadern gewohnt, konnte der Stuttgarter dank zusätzlicher Sperren und dem optionalen Luftfahrwerk in der Tat abseits befestigter Straßen bewegt werden. Zahlreiche Vergleichstests, auch gegenüber dem Offroad-Urgestein Mercedes G, attestierten dem Erstlingswerk kurz nach der Jahrtausendwende wahre Bergsteigerqualitäten.

Die ersten Modelle erreichen 2022 das zarte Youngtimer-Alter von 20 Jahren und nach zwei Dekaden zeigt sich vor allem eines: Rost! Die Rohkarossen, die, wie jene vom Audi Q7 und VW Touareg, von Volkswagen Slovakia in Bratislava gefertigt wurden, haben schon so manchem Porsche-Besitzer Nerven gekostet. Schweller, Türen, Heckklappen und Kotflügel sind vom Lochfraß betroffen - manche Modelle gar nicht, manche umso mehr. Dabei spielt es wohl keine Rolle, ob es sich um das Vor-Faceliftmodell 955 oder den ab 2007 gebauten 957 handelt.

Lohnenswert vor dem Kauf: Sowohl die Radhausinnenschalen als auch die lediglich geclipsten Schwellerabdeckungen hinten demontieren und einen Blick hinter die Kulissen werfen. Werden in diesem Bereich nicht regelmäßig Laub, Sand und andere grobe Verschmutzungen entfernt, beginnt es dort unweigerlich zu gammeln. Ferner gibt es zahlreiche Ablaufstopfen (hier vor allem jene hinter der Radhausinnenschale vorne), die sich mit der Zeit zusetzen. Kann hierdurch das Wasser, zum Beispiel aus den Abläufen des Schiebedachs, nicht mehr abfließen, läuft es irgendwann durch den Beifahrerfußraum oder über die Deckenbeleuchtung ins Fahrzeuginnere. Es drohen empfindliche Schäden, auch an Steuergeräten im Bereich des Wasserkastens.

Technisch weniger gravierend, dafür ein optisches Ärgernis: Rost an den Kotflügeln und Blasenbildung an den Türunterkanten. Diese Korrosionsherde können allerdings durch einen einfachen Handgriff ertastet werden. Bei der Heckklappe sind es die Kennzeichenleuchten, die gerne für blühende Landschaften sorgen. Bei derlei Beschädigungen hilft auch die 12-jährige Garantie von Porsche gegen Durchrostung nicht weiter.

Porsche-Cayenne-Turbo-Offroad

Fahrwerk genau prüfen

Weitestgehend problemlos sind indes die Achsen des Cayennes. Meist mit dem in der Höhe verstellbarem Luftfederfahrwerk ausgerüstet, kann der Porsche auch im hohen Alter mit einer soliden Straßenlage punkten. Lediglich ausgeschlagene Querlenkerlager und defekte Stoßdämpfer lassen ihn poltern und wanken. Die Luftfederbeine sind nur in Ausnahmefällen defekt, da sie durch eine Metallhülle gekapselt sind. Undichtigkeiten in dem System erkennt man am ehesten durch das akustisch gut wahrnehmbare, häufige Anlaufen des Luftkompressors, der stundenlangen Dauerbetrieb mit einem Kolbenfresser quittiert. Doch selbst dann muss es nicht automatisch bedeuten, dass ein Luftbalg defekt ist, denn auch die Luftanschlüsse sorgen gelegentlich für Kummer.

Porsche-Cayenne-Turbo-9PA-Dynamic

Teure Verschleißteile

Bremsen und Reifen gehören dagegen zu den normalen Verschleißteilen, von denen der Porsche, je nach Fahrstil, viel und reichlich konsumiert. Häufig wird gerade daran beim letzten Besitzer gespart, was dann für den Gebrauchtwagenkäufer ein gutes Argument ist, den Preis nachhaltig zu reduzieren. Allerdings: Gerade die Reifendimensionen des Cayenne gehören heute zu den gängigen Formaten, was beim Gang zum Gummihändler nicht automatisch den Ruin bedeutet. Im Winter fährt der in Leipzig gebaute Stuttgarter meist mit 18-, im Sommer mit 20-Zöllern vor. Kein Erbarmen gibt es allerdings, muss die optionale Keramik-Bremse ersetzt werden. Hier werden schnell fünfstellige Summen fällig.

Porsche-Cayenne-Turbo-Blueprint

Antrieb mit Schwächen

Einer der wohl heikelsten Punkte des Cayennes ist die Kraftübertragung. Ist bei den Modellen mit dem Sechsgang-Handschaltgetriebe lediglich die hoch belastete Kupplung samt Ausrücklager ein Problemfeld, macht der Automat mit seinem komplexen Allradantrieb gerade im Alter deutlich mehr Schwierigkeiten. Während ein Ölverlust auch durch den Ottonormalfahrer noch festzustellen ist, fängt bei einem leichten Teillastruckeln das Raten schon an. Ab 150.000 Kilometer können neben altem Öl (Porsche sieht einen Ölwechsel erst ab 200.000 Kilometer vor) auch eine verschlissene Kupplung oder ein defekter Schieberkasten in Frage kommen. Falsche Adaptionswerte der Wandler-Elektronik sind ebenfalls nicht auszuschließen.

Porsche-Cayenne-Turbo-9PA-Automatic

Für einen Laien beginnt dann eine Odyssee, an deren Ende meist der Austausch des ganzen Getriebes steht. Ein teures Unterfangen, denn Porsche verlangt für ein Austausch-Getriebe mehr als 3.000 Euro netto, ohne Arbeitslohn. Günstiger ist es da, mit Werkstätten in Kontakt zu treten, die sich auf das Instandsetzen und Reparieren von Getrieben spezialisiert haben. Sie gibt es überall in Deutschland verteilt und hat man erst einen Spezialisten gefunden, lohnt sich auch der Blick auf das Kardanwellenmittellager. Das Gummielement verschleißt gerne vorzeitig und ist nur mit der kompletten Welle (im Porsche Zentrum grob ab 800 Euro) zu bekommen.

Porsche-Cayenne-9PA-Side

Nicht alle Motoren sind zu empfehlen

Alles, außer Boxer und Vierzylinder. So lautet das Motto im Bug des Cayenne. Mindestens mit 3,2-Liter-VR6 fährt der erste Geländespross aus Zuffenhausen vor, wobei der 250 PS starke Sechszylinder der ersten Generation 955 häufig an defekten Steuerketten kränkelt. Hier teilt er sich die Problematik unter anderem mit dem Audi A3 8P 3.2 und dem Golf 5 R32. Auch sind seine Leistung und das geringe Drehmoment (310 Nm) kaum Quell an Fahrfreude.

Empfehlenswerter ist an dieser Stelle der 3.6 Liter FSI mit 290 PS und immerhin 385 Nm oder direkt der 3.0 V6-Diesel aus dem Hause Audi. Letzterer verfügt allerdings häufig noch über die Abgasnorm Euro 4 und seltener über Euro 5. Richtig standesgemäß wird der Cayenne natürlich erst mit einem V8-Motor. Gelten die Eigenkonstruktionen von Porsche gemeinhin als stabile Dauerläufer, zeigte sich über die Jahre allerdings ein entscheidendes Problem im Kühlkreislauf. Unterhalb der Ansaugbrücke sind Plastikrohre verbaut, die mit dem Alter undicht werden und zu Kühlmittelverlust führen können. Auch der tief montierte Anlasser kann von ausfließendem Kühlmittel beschädigt werden. Seit 2006 setzt Porsche hier auf Aluminiumteile, die so auch im Ersatzteilhandel angeboten werden.

Kolbenkipper, defekte Zündspulen und auch bei den V8-Motoren Kettenschäden sind ebenfalls Punkte, die man im Auge behalten sollte. Die Audi-Diesel kränkeln im Alter überdies, genauso wie die Turbo-Modelle, mit hohen Ölverbräuchen.

Porsche-Cayenne-9PA-Exhaust

Die solide Basis wird ebenfalls durch die Abgasanlage verhagelt. Unzureichende Wirkung der Katalysatoren, defekte Lambdasonden und zu guter Letzt noch undichte Flexrohre bei den Abgasrohren kosten Nerven, Zeit und immenses Geld. Mitunter spricht die Eigendiagnose des Motormanagements an, dann brennt die Kontrolllampe im Kombiinstrument. Ein Umstand, den findige Händler aber auch wegzaubern können, weswegen es durchaus ratsam ist, den Fehlerspeicher bei einer neutralen Werkstatt oder einem Automobilclub vor dem Kauf auszulesen.

Elektronik mit Licht und Schatten

Das auch Porsche zu Beginn der 2000er-Jahre nur mit Wasser kochte, wird am ehesten bei der Elektronik des Cayennes deutlich. Zahllose Steuergeräte an allen möglichen Orten im Fahrzeug sorgen besonders bei frühen Exemplaren immer mal wieder für Systemausfälle. Hinzu kommt, dass die Steuergeräte bisweilen durch Feuchtigkeit außer Gefecht gesetzt werden. Besonders betroffen von diesem Phänomen: Fahrzeuge mit dem großen Panorama-Schiebedach.

Porsche-Cayenne-Turbo-Trunk

Das darüber hinaus auch das Navigationsgerät der ersten Generation gelegentlich einen elektronischen Kurzurlaub macht, fällt dagegen kaum ins Gewicht, denn es arbeitet so langsam, dass man besser das Handy zur Navigation benutzt. Ist der Wagen zusätzlich mit dem Sprachdialogsystem ausgerüstet, dürfen auch an dieses System keine allzu übertriebenen Erwartungen gestellt werden. Es funktioniert – meistens. Mehr nicht. Gottlob sind dies die einzigen Ausfälle der Elektronik, denn alles, was für das eigentliche Fahren wichtig ist, hält in der Regel ein Autoleben lang.

Porsche-Cayenne-Lineup

Teils billiger Innenraum

Gewöhnungsbedürftig - das ist der erste Gedanke, wenn man in einen Basis Cayenne der ersten Stunde steigt. Die Kunststoffe wirken mit ihrer übertriebenen Lederoptik und speckigem Look schlicht unattraktiv und billig. Dazu grüßt das scharfe Porsche Controlling von einst mit abgeplatzten Softlacken an allerhand Bedienelementen. Porsche hatte teilweise ein Einsehen und verbaute, natürlich gegen Aufpreis, zumindest für die Schalttafel einen edlen Lederbezug. Ab 2007 stieg die Materialqualität im Innenraum spürbar an. Leder gab es natürlich auch für die Sitze, jedoch bei den Einstiegsmodellen nur gegen Mehrpreis.

Porsche-Cayenne-9PA-Interior

Fazit: Porsche Cayenne zum Golf-Preis

Der Cayenne der ersten Generation, gebaut von 2002 bis 2010, wurde von Porsche Ende 2021 in den Classic-Olymp gehoben. Das bedeutet, dass die Stuttgarter nun vermehrt Teile nachproduzieren und neues Zubehör entwickeln. Ebenfalls dürfte dieser Schritt das Ende der sehr niedrigen Gebrauchtwagen-Preise einläuten. Denn obwohl im vorangegangenen Text viele Schwachstellen auftauchen - in vielen Bereichen wirkt der Cayenne 9PA auch heute noch überentwickelt gut. Wenngleich die Innenraumqualität zu Beginn gerne kritisiert wurde, finden sich heute nur selten Modelle, die ein wirklich abgewohntes Cockpit zeigen. Auch bei der Hauptuntersuchung gibt sich der Porsche Cayenne selten die Blöße, sofern seine Vorbesitzer auf einen ordentlichen Pflegezustand geachtet haben.

Der Gang zum Porsche Zentrum ist keine Pflicht, eine versierte Werkstatt sollte es aber schon sein, wenn man die laufenden Kosten im Rahmen halten will. Preislich rangieren gut erhaltene VR6-Modelle (ab 2007) um 15.000 Euro, nur wenig mehr kostet ein Cayenne S mit V8. Für einen Cayenne GTS mit unter 150.000 Kilometer werden auch heute noch mehr als 20.000 Euro fällig. Ebenfalls gesucht und preislich stabil: Cayenne V6 Diesel mit Abgasnorm Euro 5. (Autoren: tv, sj | Bilder: Hersteller)

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