Es sind traurige Szenen, die sich auf den Schotterplätzen der Fähnchenhändler an den großen Ausfallstraßen der Republik abspielen. Irgendwo eingekeilt zwischen abgewirtschafteten Luxuslimousinen und Leasingrückläufern ragt er hervor. Der einstige Stolz schwäbischer Ingenieurskunst und das Aushängeschild des erfolgreichen Geschäftsmannes der 2000er Jahre. Doch der Lack ist ab, denn im Alter ist auch ein Porsche Cayenne meist nichts anderes, als ein altes gebrauchtes Auto, das statt seinen nächsten Besitzer direkt von A nach B zu bringen, mitunter den Umweg über das Feld mit dem wirtschaftlichen Bankrott wählt. Um dem zu entgehen, haben wir die wichtigsten Tipps für Sie zum SUV-Kauf zusammengefasst.
Erfolgreich gestartet
Das Leben für den Porsche Cayenne begann, als dritte Baureihe, die durch Wendelin Wiedeking angetrieben wurde, zunächst positiv. Ab 2002 rollten die gemeinsam mit Volkswagen entwickelten SUV-Modelle in einer eigens für die Endmontage gebauten Fabrik in Leipzig vom Band und die Kunden bestellten, als wären die mindestens veranschlagten 60.204 Euro (Cayenne S) nur Kleingeld. 340 PS bekam der Kunde im Einstiegs-V8 geboten, angerichtet mit 4,5 Liter Hubraum. Wer mehr wollte, ließ sich auf das Spiel mit den beiden Turboladern ein und bestellte für satte 40.000 Euro mehr den Cayenne Turbo mit 450 PS oder den Turbo S mit sagenhaften 521 PS.
Breites Leistungsangebot
Doch auch für Sparfüchse hielt die Preisliste etwas bereit: nämlich den von Volkswagen beigesteuerten 3,2 Liter Sechszylinder-Benziner mit 250 PS. Den gab es bereits für knapp 50.000 Euro und ab 2003 auch mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe, statt der anfangs obligatorischen Sechsgang-Automatik. Mit dem V6 kam allerdings auch die Behäbigkeit in das 2,2 Tonnen SUV. Magere 9,1 Sekunden warf das Messgerät bei der Beschleunigung auf 100 km/h aus und der Top-Speed war mit 216 km/h ähnlich bescheiden. So konnte der V6 vor allem mit einem moderaten Verbrauch auftrumpfen. Der betrug mit 13,2 Liter im Schnitt rund sieben (!) Liter weniger als beim Turbo-Modell. Für die persönliche Rechnung: man spricht im Falle des Turbos von Super Plus Kraftstoff.
Cayenne GTS: Sportler mit Ladehemmung
Mit dem im Februar 2007 vorgenommenem Facelift veränderte Porsche die Erscheinung des Cayenne nur minimal. Wesentlicher war da schon die Erweiterung des Motorenprogramm auf sparsame Direkteinspritzer. Neuer Star der Baureihe war neben dem jetzt 550 PS starken Turbo S auch der besonders sportlich gestylte Cayenne GTS mit einem 405 PS starken V8-Sauger. Seine Fahrleistungen lagen zwar eher in der Region des nunmehr 385 PS starken Cayenne S, doch optisch machte der GTS deutlich mehr her.
Sparsame V6 Diesel
Auf die dynamische Optik des GTS musste der ab 2009 lieferbare Selbstzünder Cayenne zwar verzichten, doch langsam war der mit einem 3,0-Liter-V6-Motor von Audi ausgerüstete Ölbrenner nicht. 240 PS und 550 Newtonmeter Drehmoment (mehr als bei dem Cayenne GTS) sorgten für ein angenehmes Fahrgefühl, ohne dass dem Fahrer an der Tankstelle die Armut drohte. 9,3 Liter Diesel auf 100 Kilometer war auch 2009 ein Wert, mit dem sich gut leben ließ und der für den Verzicht auf das eine oder andere PS entschädigte. Zu beachten ist allerdings, dass die Diesel im ersten Porsche Cayenne meist nur über die Abgasnorm Euro 4 verfügten.
Solide Basis, kaum Rost
Routinierte Großserienfertigung mit hohem Qualitätsstandard. Das trifft es am ehesten, wenn es um die Karosserie des Cayennes geht. Unfallfreiheit vorausgesetzt, gibt es auch bei 10-jährigen Fahrzeugen meist nichts auszusetzen. Allenfalls scheuern die zusätzlichen Gummidichtungen an den Türen etwas den Lack ab, vergilben die wenig UV-beständigen Scheinwerferstreuscheiben oder verlangen die Stoßfänger nach einer Kur mit der Lackpistole. Rost? Eher Fehlanzeige. Und dennoch lohnt sich ein Blick unter den Porsche, denn mitunter hat das Stuttgarter Sport-SUV ein Leben auf dem Land hinter sich und setzte dabei, trotz des häufig verbauten Luftfahrwerks, das ein oder andere mal auf. Beschädigungen an Unterboden oder Schweller wären dann ein Einfallstor für die braune Pest. Bei derlei Beschädigungen hilft auch die 12-jährige Garantie von Porsche gegen Durchrostung nicht weiter.
Fahrwerk genau prüfen
Weitestgehend problemlos sind auch die Achsen des Cayennes. Meist mit dem in der Höhe verstellbarem Luftfederfahrwerk ausgerüstet, kann der Porsche auch im hohen Alter mit einer soliden Straßenlage punkten. Lediglich ausgeschlagene Querlenkerlager und defekte Stoßdämpfer lassen ihn poltern und wanken. Die Luftfederbeine sind nur in Ausnahmefällen defekt, da sie durch eine Metallhülle gekapselt sind. Undichtigkeiten in dem System erkennt man am ehesten durch das akustisch gut wahrnehmbare, häufige Anlaufen des Luftkompressors, der stundenlangen Dauerbetrieb mit einem Kolbenfresser quittiert. Doch selbst dann muss es nicht automatisch bedeuten, dass ein Luftbalg defekt ist, denn auch die Luftanschlüsse sorgen gelegentlich für Kummer.
Teure Verschleißteile
Bremsen und Reifen gehören dagegen zu den normalen Verschleißteilen, von denen der Porsche, je nach Fahrstil, viel und reichlich konsumiert. Häufig wird gerade daran beim letzten Besitzer gespart, was dann für den Gebrauchtwagenkäufer ein gutes Argument ist, den Preis nachhaltig zu reduzieren. Denn die Kosten für die Rundumerneuerung können schnell auf drei- bis viertausend Euro ansteigen. Und was nutzt das schneidigste SUV, wenn die 20-Zoll-Alufelgen mit profillosen Slicks bestückt sind? Keinen Rabatt gibt es dagegen, wenn die optionale Carbon-Bremse quietscht wie ein einfahrender Güterzug. Diese Geräuschentwicklung ist schlicht der Technik geschuldet und begleitet sogar Porschefahrer im Jahr 2019.
Komplexe Automatik
Der wohl heikelste Punkt des Cayennes ist die Kraftübertragung. Ist bei den Modellen mit dem Sechsgang-Handschaltgetriebe lediglich die hoch belastete Kupplung samt Ausrücklager ein Problemfeld, macht der Automat mit seinem komplexen Allradantrieb gerade im Alter deutlich mehr Schwierigkeiten. Während ein Ölverlust auch durch den Ottonormalfahrer noch festzustellen ist, fängt bei einem leichten Teillastruckeln das Raten schon an. Ab 150.000 Kilometer können neben altem Öl (Porsche sieht einen Ölwechsel erst ab 200.000 Kilometer vor) auch eine verschlissene Kupplung oder ein defekter Schieberkasten in Frage kommen. Falsche Adaptionswerte der Wandler-Elektronik sind ebenfalls nicht auszuschließen.
Für einen Laien beginnt dann eine Odyssee, an deren Ende meist der Austausch des ganzen Getriebes steht. Ein teures Unterfangen, denn Porsche verlangt für ein Austausch-Getriebe mehr als 3.000 Euro netto, ohne Arbeitslohn. Günstiger ist es da, mit Werkstätten in Kontakt zu treten, die sich auf das Instandsetzen und Reparieren von Getrieben spezialisiert haben. Sie gibt es überall in Deutschland verteilt und hat man erst einen Spezialisten gefunden, lohnt sich auch der Blick auf das Kardanwellenmittellager. Das Gummielement verschleißt gerne vorzeitig und ist nur mit der kompletten Welle (im Porsche Zentrum grob ab 800 Euro) zu bekommen.
Ausgereifte Motoren, anfällige Abgasanlage
Alles, außer Boxer und Vierzylinder. So lautet das Motto im Bug des Cayennes. Doch weder die von Audi beigesteuerten V6-Diesel, noch die V8-Motoren (Porsche-Eigenkonstruktion) sorgen für wirkliche Probleme. Eine regelmäßige Wartung vorausgesetzt, laufen die Aggregate problemlos. Anbauteile, wie Lichtmaschine oder Servopumpe können zwar im Alter Macken aufweisen, doch auch nicht mehr, als bei anderen Autos. Dennoch sollte man den Vorbesitzer nach dem Ölverbrauch fragen, stecken gerade bei den Turbo-Modellen oftmals teurere Reparaturen hinter Verbräuchen jenseits des obligatorisch im Serviceheft angegebenen 1 Liter auf 1000 Kilometer.
Schade nur, dass die Abgasanlage die Bilanz verhagelt. Unzureichende Wirkung der Katalysatoren, defekte Lambdasonden und zu guter Letzt noch undichte Flexrohre bei den Abgasrohren kosten Nerven, Zeit und immenses Geld. Mitunter spricht die Eigendiagnose des Motormanagements an, dann brennt die Kontrolllampe im Kombiinstrument. Ein Umstand, den findige Händler aber auch wegzaubern können, weswegen es durchaus ratsam ist, den Fehlerspeicher bei einer neutralen Werkstatt oder einem Automobilclub vor dem Kauf auszulesen.
Chronik
- 1998: Beginn der Planung eines gemeinsamen SUV-Projektes von Porsche und Volkswagen
- 02/2000: Grundsteinlegung des Werk Leipzig als Produktionsstätte des ersten Porsche SUV
- 06/2000: Offizielle Ankündigung der dritten Porsche Baureihe mit dem Namen Cayenne
- 12/2002: Vorstellung des Porsche Cayenne, erhältlich als V6- und V8-Modell, Turbo S kommt wenige Wochen später auf den Markt
- 02/2007: Umfangreiches Facelift mit neuen Scheinwerfern und LED-Rückleuchten, neuer Front- und Heckverkleidung, neuen Außenspiegeln, neuen Kotflügeln, veränderten Seitenschwellern und einem überarbeiteten Heckspoiler. Neue, deutlich sparsamere Motorengeneration mit Direkteinspritzer.
- 09/2007: Vorstellung des Sportmodells Cayenne GTS mit veränderten Schürzen und V8-Saugmotor mit 405 PS
- 08/2008: Cayenne Turbo S mit 550 PS, Carbon-Bremse gegen Aufpreis lieferbar
- 11/2008: Präsentation Porsche Cayenne mit Dieselmotor
- 05/2010: Ende der Produktion Porsche Cayenne 1. Generation
Unterhaltskosten-Beispiel: Porsche Cayenne V6 3.2 (Stand 07/2019)
- Haftplicht-Typklasse: 23
- Vollkasko-Typklasse: 24
- Teilkasko-Typklasse: 23
- Kfz-Steuer: 216 Euro
Ausgewählte Ersatzteile (Preise netto, Stand 2013):
- Bremse vorne (Scheiben und Beläge): 679 Euro
- Luftfederbein vorne: 507 Euro
- Automatik-Getriebe: 2.970 Euro
- Kardanwelle: 800 Euro
- ein Satz Reifen: ca. 1.500 Euro
Elektronik mit Schwächen
Das auch Porsche zu Beginn der 2000er-Jahre nur mit Wasser kochte, wird am ehesten bei der Elektronik des Cayennes deutlich. Zahllose Steuergeräte an allen möglichen Orten im Fahrzeug sorgen besonders bei frühen Exemplaren immer mal wieder für Systemausfälle. Hinzu kommt, dass die Steuergeräte bisweilen durch Feuchtigkeit außer Gefecht gesetzt werden. Besonders betroffen von diesem Phänomen: Fahrzeuge mit dem großen Panorama Schiebedach.
Das darüber hinaus auch das Navigationsgerät der ersten Generation gelegentlich einen elektronischen Kurzurlaub macht, fällt dagegen kaum ins Gewicht, denn es arbeitet so langsam, dass man besser das Handy zur Navigation benutzt. Ist der Wagen zusätzlich mit dem Sprachdialogsystem ausgerüstet, dürfen auch an dieses System keine allzu übertriebenen Erwartungen gestellt werden. Es funktioniert – meistens. Mehr nicht. Gottlob sind dies die einzigen Ausfälle der Elektronik, denn alles, was für das eigentliche Fahren wichtig ist, hält in der Regel ein Autoleben lang.
Porsche Cayenne 9PA – Pro und Contra
Pro:
- geräumige und gut verarbeitete Karosserie mit hoher Variabilität
- breites Motorenangebot mit guten Fahrleistungen
- sehr gute Fahreigenschaften
- solide Antriebstechnik
- hohe Anhängelast (3.500 kg gebremst)
Contra:
- exorbitante Verbräuche (V8-Motoren)
- horrende Ersatzteilkosten
- schlechter Wiederverkauf
- hoher Reifen- und Bremsenverschleiß
- begrenzte Wendigkeit
- überschaubare Innenraumqualität
Teils billiger Innenraum
Grauenvoll, das ist der erste Gedanke, wenn man in einen Basis Cayenne der ersten Stunde steigt. Die Kunststoffe wirken mit ihrer übertriebenen Lederoptik und speckigem Look schlicht unattraktiv und billig. Dazu grüßt das scharfe Porsche Controlling von einst mit abgeplatzten Softlacken an allerhand Bedienelementen. Porsche hatte zumindest teilweise ein Einsehen und verbaute, natürlich gegen Aufpreis, zumindest für die Schalttafel einen edlen Lederbezug. Ab 2007 stieg die Materialqualität im Innenraum allerdings spürbar an. Leder gab es natürlich auch für die Sitze, jedoch bei den Einstiegsmodellen nur gegen Mehrpreis. Die in unseren Breiten notwendige Sitzheizung gehörte bei US-Modellen nicht zur Serienausstattung, weshalb bei Re-Importen dieses Feature häufig fehlt.
Porsche Cayenne zum Golf-Preis
So erfolgreich Porsches erstes SUV am Markt auch war, so verlockend ist es heute mit dem Boliden von einst auf „Dicke Hose“ zu machen. Doch Vorsicht: Cayennes der ersten Stunde (bis Baujahr 2007) sind eigentlich nur etwas für Selbstschrauber. Viele Kilometer und zweifelhafte Vorbesitzer samt obskurer Scheckhefte sind der sichere Untergang für das eigene Girokonto. Dann lieber etwas neuer. Doch mit dem Baujahr steigt auch der Preis, denn ab Facelift sind die Autos immer noch spürbar teurer. Zudem erfordert auch ihr Unterhalt ein gutes Finanzpolster. Wer das hat, bekommt derzeit zum Preis eines aktuellen Basis-Golf einen 2008er Cayenne mit rund 100.000 Kilometern und (wichtig) lückenlosem Porsche-Scheckheft. (Autoren: tv, sj | Bilder: Hersteller)
Wer sich auf die Suche nach einem gebrauchten Cayenne der ersten Generation machen will, findet zahlreiche Exemplare in der AutoScout24-Börse.