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Je nach Kilometerstand und Pflegezustand prangen an gebrauchten Porsche Carrera GT Preisschilder jenseits der 900.000 Euro. Knapp eine Million Euro für ein Auto – ist es das wert? Fragt man ausgewiesene Fachleuchte, so ist der ab Anfang 2003 gebaute 612 PS Bolide einer der besten und zugleich kompromisslosesten Sportwagen unserer Zeit.
Beileibe kann ich bestätigen, dass Porsche bei der Entwicklung vor allem die konsequente Sportlichkeit in den Vordergrund stellte. Denn allein schon das Ein- und Aussteigen gestaltet sich nicht nur mit 1,94 Meter Körpergröße etwas ungalant - oder eben betont sportlich. Das eingesetzte GFK-Monocoque war Anfang der 2000er eine Weltneuheit im Automobilbau und verdeutlichte, dass alles am Carrera GT auf Leichtbau und damit kaum auf Komfort getrimmt war.
Sportwagen ohne Fettpölsterchen
Lediglich 1.380 Kilogramm nennt das Porsche Museum heute als Gewichtsangabe für S-GO 9800, was natürlich auch Auswirkungen auf den Innenraum hat. Luxus definiert sich im Carrera GT-Cockpit durch Bauteile aus Magnesium, Verbundwerkstoffen und einem Hauch an Glattleder. Dass die Schalensitze nicht einfach nur aus Kohlefasern, sondern zugleich aus Aramid-Fasern (besser bekannt als Kevlar) gefertigt wurden, sparte zusätzliche Pfunde.
Über die dicken CFK-Schweller in die Vollschalen gerutscht, den Gurt zurechtgezogen und den Zündschlüssel in Position gebracht, erinnere ich mich an einen gut gemeinten Rat aus der Museums-Werkstatt: „Kupplung immer vollständig kommen lassen, erst dann Gas geben“. Der Hinweis des Technikers sollte ein paar Zeilen weiter unten wahrlich Gold wert sein.
Kuppeln will gelernt sein
Doch zunächst geht es um das Erwecken des Triebwerks. Wobei Trieb-Werk bei zehn Zylindern, 5,7 Liter Hubraum und 612 PS in der Tat eine passende Umschreibung ist. Mit einem lauten Weckruf meldet sich der V10 zu Wort, um anschließend in einen sonoren, nicht übertrieben lauten, Grundton zu verfallen.
Wie sich dann herausstellte, führt die konsequente Auslegung als Supersportwagen dazu, dass man selbst als routinierter Kuppler den Carrera GT zumindest einmal abwürgt. Als weitere Superlative verbaute Porsche nämlich eine gewichts- und schwerpunktoptimierte im Durchmesser nur 169 Millimeter messende 2-Scheiben Keramik-Kupplung. Ihr äußerst geringer Pedalweg führt unter anderem dazu, dass das Anfahren für Ungeübte zur feinfühligen Geduldsprobe mutiert.
Carrera GT klingt wie ein Formel-1-Renner
Gibst du beim Anfahren wiederholt unnötig viel Gas, kannst du beim Porschehändler deines Vertrauens auch gleich eine neue Kupplung bestellen. Ihr Kostenpunkt? Auf jeden Fall fünfstellig. Ist der 612 PS Bolide aber erst einmal in Fahrt, erreichst du eine gänzlich neue Ebene des Autofahrens. Obwohl die Carbon-Flunder aus 2003 stammt, ist die Gasannahme, die Leistungsentfaltung und natürlich der Sound besser als bei vielen heutigen Supersportlern.
Der V10-Saugmotor dreht bis 8.400 Touren und klingt, als wäre man mit einem Formel-1-Renner im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs. Schweißnasse Hände inklusive. Denn ein weiterer Rat aus dem Porsche Museum lautete dahingehend auch, die Traktionskontrolle besser aktiviert zu lassen. Dass die 612 PS in Tateinheit mit 590 Newtonmetern recht erbarmungslos an den 335er Pneus der Hinterachse zerren, versteht sich beinahe von selbst.
Fahrdynamisch oben auf
Das nächste Highlight im Carrera GT ist das quer zur Fahrtrichtung eingebaute 6-Gang-Schaltgetriebe. Dessen Schaltzüge bestehen nicht aus gewickelten Stahlseelen, sondern aus flachen Edelstahlbändern – sogenannten Flexball-Schaltzügen. Stilecht per Holzschaltknauf werden die Gänge dabei präzise dirigiert und tragen zusätzlich zum dichten Fahrvergnügen bei.
Die Lenkung arbeitet derweil direkt und harmoniert damit in bester Manier mit den Feder-Dämpfer-Einheiten. Sogenannte Pushrod-Aufhängungen sorgen weiterhin dafür, dass Nick- und Wankbewegungen zur Gänze ausbleiben. Auch dank des 2.730 Millimeter gestreckten Radstands liegt der Carrera GT bei höheren Geschwindigkeiten sehr sicher auf der Fahrbahn. Zum Nachteil hat jene Konstruktion lediglich, dass der Abrollkomfort insbesondere bei niedrigem Tempo leidet.
In 9,9 Sekunden auf Tempo 200 – Vmax 334 km/h
Aber zum Langsamfahren gibt es andere Autos. Der Porsche Carrera GT will am liebsten von früh bis spät gefordert werden. Die Werksangabe besagen derlei glaubhafte 3,9 Sekunden von null auf 100 km/h und sagenhafte 9,9 Sekunden aus dem Stand auf 200 Stundenkilometer. Da eine Höchstgeschwindigkeit von 334 km/h erreicht werden kann, verwundert es an dieser Stelle auch nicht, dass Porsche nicht nur auf Leichtbau, sondern gleichermaßen auf die Aerodynamik Wert legte.
So verfügt der Porsche Carrera GT über einen Luftwiderstandsbeiwert von 0,39, zeigt der Außenwelt aber vor allem durch den üppigen Heckdiffusor, den verstellbaren Flügel sowie den gänzlich geschlossenen Kohlefaser-Unterboden, dass mehr als genügend Anpressdruck für Hochgeschwindigkeitsfahrten bereitsteht. Gebremst wird der Mittelmotor-Sportler übrigens serienmäßig mittels einer PCCB-Keramikbremsanlage. Auch ihr Ersatz kostet im Zweifel mehr als ein vernünftig ausgestatteter Kleinwagen.
Fazit
Der Porsche Carrera GT ist einst als faszinierende Ikone geboren worden und ist auch heute eine (noch teurere) Ikone geblieben. Sein V10-Saugmotor schiebt den Stuttgarter im Sportwagen-Olymp ganz weit nach oben. Der betriebene konstruktive Aufwand ist schier atemberaubend – genauso wie der Sound. Schade, dass man dieses automobilgeschichtliche Erbstück so gut wie nie auf öffentlichen Straßen erblicken wird. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)