Der Porsche 918 Spyder auf einen Blick
- Erster Hybrid-Sportwagen von Porsche
- 4,6-Liter-V8-Sauger + 2 E-Maschinen mit 887 System-PS
- 0-100 km/h in 2,6 s, Vmax 345 km/h
- Präzises und sehr sicheres Handling
- Auf 918 Stück limitiert
- Ehemaliger Neupreis (2013) ab 768.026 Euro
Der Porsche 918 Spyder könnte auch erst übermorgen vorgestellt werden
Es ist ja oft so: Was gerade noch Stand der Technik ist, ist morgen schon wieder hoffnungslos veraltet. Man kennt dies vor allem von Smartphones. Wer kräht heute zum Beispiel noch nach dem iPhone 4? Dessen Vorstellung war im Frühsommer 2010 und damit kurz nach der Präsentation des Porsche 918 Spyder auf dem Genfer Automobilsalon. Im Gegensatz zum Apfeltelefon hat sich der Supersportwagen seine Aktualität bewahrt und fährt sich auch heute noch so, als würde er übermorgen erst der Weltöffentlichkeit vorgestellt werden. Viele heutige Porsche-Kunden, vielleicht ohne es zu wissen, profitieren immer noch von den technischen Innovationen dieses 887 PS starken Meisterwerks. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der neue Porsche Cayenne Turbo E-Hybrid, der ebenfalls über beeindruckende 739 System-PS verfügt (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 1,9–1,8 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 43–40 g/km; Stromverbrauch kombiniert: 31,1–30,2 kWh/100 km; elektrische Reichweite kombiniert: 71-82 km)².
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So ist es nicht falsch zu behaupten, dass der Porsche 918 Spyder als Blaupause für so ziemlich alle aktuellen Hybrid- und Elektro-Modelle der Stuttgarter diente. Auch die ewige Ikone, der Porsche 911, wird hoffentlich vom Hybrid-Sportler ein paar Ideen übernommen haben, wenn er in den kommenden Monaten sein teilelektrisches Debüt feiert. Wie sie das jetzt genau zwischen Zuffenhausen und Weissach verhackstücken, ob dabei zunächst ein braver Hybrid-Carrera oder ein rassiger GT2 R Hybrid herausspringt, werden wir sehen. Doch Angst vor der elektrischen Zukunft bei Porsche braucht so schnell keiner zu haben. Denn auch die anlässlich des 75. Firmenjubiläums präsentierte Studie Mission X deutet darauf hin, dass die Elektrifizierung vor allem eins fördern soll: den Fahrspaß.
Das schwäbische Reinheitsgebot für den Sportwagenbau
Der wahrscheinlich 1.000 bis 1.500 PS starke Zweisitzer wird aller Voraussicht nach als leicht abgewandelte straßentaugliche Kleinserie den Porsche 918 in der Zuffenhausener Supersportwagen-Dynastie beerben. Szenenwechsel in die Gegenwart: Hier rollt das teilelektrische Ausnahmetalent bei seiner Anlieferung zunächst flüsterleise vom Lkw und schon an dieser Stelle können wir nicht zur Gänze unseren Überschwang für dieses Automobil verbergen. Da steht das heißeste Eisen aus Weissach überhaupt, sieht aus wie der Inbegriff eines Hypercars und klingt... wie ein Prius. Verrückt! Wir beginnen anschließend das – je nach Angebot – zwischen 1,2 und 2,7 Millionen Euro teure Gefährt für die erste Ausfahrt vorzubereiten. Das bedeutet, dass wir in jedem Fall das zweigeteilte Carbondach abmontieren. Erneut halten wir inne und es wird einem ob der Werte in der Datenkarte doch ein wenig flau im Magen. Man denkt an Walter Röhrl und dessen Zitat: „Ein Auto ist erst dann schnell genug, wenn man morgens davor steht und Angst hat, es aufzuschließen.“ Wohl denn Walter, wir können diese Aussage ab jetzt zu 100 Prozent nachvollziehen.
Da können sie uns noch so viele schnelle Autos in den Hof stellen, niemand hat uns auch nur annähernd darauf vorbereitet, was wir hier gleich an technischer Genialität erleben dürfen. Würde es ein schwäbisches Reinheitsgebot für den Sportwagenbau geben, es müsste für unseren Geschmack immer zwei Elektromotoren, einen 4,6-Liter-V8-Sauger und zwei Top Pipes als Abgasanlage beinhalten. Ohne Lärm rollen wir mit unserem Hyper-Hybrid aus dem Ortsgebiet und drehen den Mode-Schalter das erste Mal auf „S“. Anschließend bleibt im wahrsten Sinne die Welt stehen, bevor sie in Donnergrollen untergeht. Dieser bis maximal 9.150 U/min drehende Achtzylinder ist eine Offenbarung und tönt in jedem einzelnen Online-Video nur halb so gut wie in Wirklichkeit. Der seinerzeit leichteste Serien-V8 beherrscht fast jede Tonlage, die acht Zylinder nur bieten können. Von säuselnd über kreischend bis hin zum untertourigen Pick-up-HEMI-Bollern ist da alles drin. Letzteres war und ist sicherlich untypisch für einen V8 mit Flatplane-Kurbelwelle.
Technikschauspiel mit Suchtfaktor
Wir können es nicht anders schreiben, aber da ist so ein aktueller 4,0-Liter-GT-Boxermotor im direkten Vergleich eher der Orgelspieler auf einem Kindergeburtstag. Im 918 Spyder wird man hingegen von einem Antriebstrio bespaßt, das in einer schier ungekannten Art und Weise die Party rockt. Kein Ruckeln, kein Zuckeln unterbricht die Leistungseskalation - die Wechsel zwischen Verbrenner und den beiden Synchronmaschinen funktionieren stets tadellos. Der Mittelmotor-V8 (608 PS) ist über eine Trennkupplung direkt an eine der beiden E-Maschinen (115 kW/156 PS) angeflanscht, die Kraftübertragung erfolgt über ein Siebengang-Direktschaltgetriebe an die Hinterräder. Der andere Elektroantrieb (95 kW/129 PS) sitzt ebenfalls mit einer Trennkupplung versehen ohne direkte mechanische Verbindung an der Vorderachse und besitzt ein festes Übersetzungsverhältnis. Er wird ab 265 km/h abgekoppelt, um das Überdrehen der Maschine zu verhindern.
Werden die drei Motoren entsprechend gefordert, marschiert der knapp 1,7 Tonnen schwere 918 Spyder RS (mit optionalem Weissach-Paket) ziemlich gnadenlos nach vorn. Ganz weit draußen, fernab jeglicher Zivilisation, haben wir den entsprechenden Kavaliersstart geprobt. Freie Straße, kein Verkehr, festbremsen, noch schnell die Zähne zusammenbeißen und dann ab die Lutzi! 2,6 Sekunden von null auf 100 km/h wirken kaum erfunden, Kopf und Magen würden auch ein paar Hundertstel weniger akzeptieren. Der Beifahrer sowieso. Wie sich die 21 Zoll großen Magnesium Räder samt der aufgezogenen und speziell angemischten Michelin Cup Sport 2 in den Asphalt beißen – da bleibt einem echt die Spucke weg!
Der 918 Spyder ist nichts für Raser, sondern für Connaisseure
Ende Gelände ist laut der Kollegen der „auto motor und sport“ übrigens erst bei Tempo 351 (Werksangabe 345 km/h). Wir glauben es ihnen, wollten das jetzt nicht unbedingt auf der sowieso kaum mehr leeren Autobahn herausfahren. Wer nun aber denkt, der 918 Spyder sei nur etwas für wahre Geschwindigkeitsfreaks, für Leute, die im Straßenverkehr immerzu über die Stränge schlagen müssen, den können wir beruhigen. 887 System-PS kennen auch eine zahme Seite. Dann, wenn 608 von ihnen mittels „Map-Schalter“ am Lenkrad urplötzlich stillgelegt werden. Die Arbeit übernehmen jetzt alleinig die rein rechnerisch 286 PS starken E-Motoren. Der Genießer lernt schnell, wann er den Verbrenner schweigen lässt, wo er sich im Neubaugebiet und vor Stadtradlern moralisch nicht angreifbar machen will.
Ohnehin bist du den meisten anderen Verkehrsteilnehmern mit der gebotenen elektrischen Leistung, auch heute noch, haushoch überlegen. Selbst ohne das Zutun des Achtzylinders erreicht der 918 in knapp sieben Sekunden aus dem Stand Landstraßentempo. Rein elektrisch beträgt die Höchstgeschwindigkeit derweil 150 km/h. Ja selbst die reine E-Reichweite ist dank des 6,8 kWh großen Akkus so schlecht nicht. Mehr als 15 Kilometer schaffen weder ein McLaren P1 noch ein Ferrari La Ferrari – um hier Gleiches mit Gleichem zu messen. Wer die Elektrotechnik gekonnt einsetzt, wird am Ende überdies mit einem schier unglaublichen Durchschnittsverbrauch belohnt. Bei uns waren es um die 9,5 Liter auf 100 Kilometer.
Dieser Porsche schlägt sich mit einem Grinsen in die (Kurven-)Schlacht
Laden kann man diesen ganz besonderen Plug-in Hybrid natürlich per Kabel (bis zu 3,6 kW), oder aber, wenn man ordentlich aufs Gas drückt. So schnell sich die Batterie bei voller Leistungsabforderung leert, so schnell ist sie auch wieder gefüllt. Was uns dann schlussendlich zu den Kurvenqualitäten des Spyder bringt. Wir erleben es während vier Testtagen kein einziges Mal, dass die Traktionskontrolle auch nur leicht geblinkt hätte. Ganz gleich wie hart du eine Biegung attackierst, dieser Porsche schlägt sich mit einem Grinsen in die Schlacht. Er fordert ob dem enormen mechanischem Grip gar noch mehr von dir, will offensichtlich nichts geringeres als den Krieg gegen die Fahrphysik gewinnen. Das gelingt ihm auch dank aktiver Aeroelemente an der Fahrzeugfront, dem Unterboden und durch den 120 Millimeter ausfahrbaren Heckspoiler. So ausgerüstet lassen sich knapp 900 PS auch nach heutigen Maßstäben recht mühelos und sicher bewegen.
(Allrad-)Antrieb, (Allrad-)Lenkung und selbstverständlich auch das verstellbare Fahrwerk bilden dabei eine Einheit, die wir so bisher in kaum einem zweiten Auto erlebt haben. Der 918 Spyder liegt im Normalfall sehr komfortabel auf der Gasse, ist selbst für schlecht asphaltierte Hinterlandstraßen oder Tiefgaragen nie zu tief und die Lenkpräzision setzen wir hier klar auf ein Niveau mit dem neuen Porsche 911 S/T (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 13,8 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 313 g/km)². Auch dank der serienmäßigen Carbon-Vollschalensitze bist du ziemlich perfekt mit dem Auto verbunden, wobei das Gestühl in leicht abgewandelter Form ja mittlerweile durch so ziemlich alle Sportgeräte aus Stuttgart geschleift wird. Aber auch der 918 ist nicht perfekt. Das größte Manko am Millionen-Euro-Hypercar ist seine Bedienung. So recht funktioniert haben die Touch-Felder auf der grazil gespannten Mittelkonsole nicht mehr. Oder nur dann, wenn man neben die eigentlichen Symbole geklickt hat.
Fazit
Wer einige Stunden mit dem Porsche 918 Spyder auf der Straße verbringt, kommt unweigerlich zu zwei Erkenntnissen. Die erste: Dieser Supersportwagen ist eines der besten Autos, das jemals gebaut wurde. Und die zweite: Warum haben die Stuttgarter ihren heiligen Sportwagen-Gral, den Porsche 911, eigentlich nicht schon längst teilweise elektrifiziert? Das Know-how hätten sie bereits vor über zehn Jahren gehabt und die eingesetzte Technik funktioniert auch heute noch einfach blendend. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten Porsche 918 Spyder
- Modell: Porsche 918 Spyder
- Motor: Achtzylinder-Sauger, 4.593 ccm + 2 E-Maschinen
- Systemleistung: 887 PS (652 kW) bei 8.500 U/min
- Drehmoment: 917–1.280 Nm (Gesamtsystem, je nach Gang)
- Antrieb: situativer Allradantrieb, Siebengang-PDK
- Batterie: 6,8 kWh Lithium Ionen
- Kraftstoffverbrauch kombiniert (NEFZ): 3,1-3,0 l/100 km²
- CO2-Emissionen kombiniert (NEFZ): 72-70 g/km²
- Elektrische Reichweite: 16-31 km
- Testverbrauch: ca. 9,5 l/100 km
- Beschleunigung (0–100 km/h): 2,6 s
- Beschleunigung (0–200 km/h): 7,3-7,2 s
- Beschleunigung (0–300 km/h): 20,9-19,9 s
- Höchstgeschwindigkeit: 345 km/h (elektrisch 150 km/h)
- Abmessungen (L/B/H): 4,64 m/1,94 m/1,17 m
- Gewicht: ca. 1.674-1.634 kg
- Ehemaliger Neupreis 2013: ab 768.026 Euro