Der Porsche 911 (996) GT3 auf einen Blick
- Erster GT3 ab 1999
- 3,6-Liter-Mezger-Boxer
- 360 PS und 370 Nm Drehmoment
- Max. Drehmoment 7.800 U/min
- Leergewicht ca. 1.350 kg
- 0-100 km/h in 4,8 s, Vmax 302 km/h
- Grundpreis 1999 ab 179.500 DM
Es brauchte einen längeren Moment, bis der immerhin 24 Jahre alte 996 GT3 aus dem Fundus des Porsche Museums nach dem Transport starten wollte. Die Batterie schien schwach, vielleicht zu wenig gefahren? Das werden wir in den folgenden Tagen ändern, denn zwischen Bayrischzell und Irschenberg, über den Sudelfeldpass sowie links und rechts des Leitzachtals bewegt, bieten sich viele Gelegenheiten, dem ersten 911 GT3 ordentlich auf den Zahn zu fühlen und sowohl die Starterbatterie als auch unsere Nostalgieakkus wieder aufzufüllen.
Leichtgewicht mit Charakter: Der Mezger-Motor in Höchstform
360 PS und 370 Nm bei 5.000 U/min aus einem 3,6-Liter-Sechszylinder-Boxermotor – ohne Turboaufladung. Die nackten Zahlen locken heute freilich niemanden mehr hinterm Ofen hervor. Aber im gleichen Atemzug sei erwähnt, dass der legendäre Mezger-Motor (benannt nach seinem Konstrukteur Hans Mezger) im 996 ein ziemlich leichtes Spiel hat. Lediglich 1.350 Kilogramm bringt der erste GT3 auf die Waage.
Und so ist es das Zusammenspiel von gut dosierbarer Leistung und einem überschaubaren Gewicht, das den 996 GT3 bis heute zu einem sehr besonderen Auto macht. Während moderne Elfer, selbst der aktuelle 992 GT3 RS, spürbar mehr Pfunde mit sich herumtragen müssen, fühlt sich der 996 in jeder Lebenslage leichtfüßig und agil an. Jeder Lenkimpuls wird feinfühlig umgesetzt, jeder Tritt aufs Pedal treibt das Auto mit einer rohen, sehr ungefilterten Kraft nach vorn. Der direkt am Gas hängende 3,6-Liter-Saugmotor entfaltet einen markant rauchigen Boxerklang, der sich bei steigender Drehzahl zu einem wohlklingenden Kreischen steigert – kraftvoll, aber nie aufdringlich.
Pures Autofahren: Wo der 996 GT3 heute noch glänzt
Auf den schmalen und geschwungenen Straßen im bayerischen Oberland lassen sich schnell die fahrdynamischen Feinheiten des 996 GT3 herausfahren. Das Sechsgang-Schaltgetriebe ist präzise geführt, das Kupplungspedal nicht unkommod straff und vor allem in engen Kehren macht sich erneut das niedrige Gewicht und die geringen Fahrzeugabmessungen positiv bemerkbar. Wo moderne Sportwagen immer weiter in Richtung Hightech streben, bietet der 996 GT3 zudem ein gänzlich analoges Fahrerlebnis. Keine elektronischen Fahrhilfen, keine digitalen Spielereien – einzig ein rennsportoptimiertes ABS.
Besonders beeindruckend ist die Abstimmung des Sportfahrwerks. Trotz einer, im Vergleich zum normalen 996 Carrera, Tieferlegung um 30 Millimeter und der dadurch gesteigerten Härte funktioniert das Feder-Dämpfer-Setup auch im Alltag gut. Klar, der Komfort ist im Vergleich zu einem 992 etwas schlechter, aber dafür ist der Kontakt mit der Straße ehrlicher, als Fahrer spürt man noch mehr vom Untergrund. Hoch zum Sudelfeld ist es genau das, was wir wollen: Pures Autofahren. Hier zeigt sich zudem, dass der erste wassergekühlte Elfer von der eisernen Fangemeinde womöglich zu Unrecht geschmäht wurde. Im Fahrverhalten sehr berechenbar, mit viel mechanischem Grip versehen, ist jede Kurve ein wahrer Genuss.
Der Innenraum: Sparzwang à la Wiedeking
Während wir über die Längs- und Querdynamik des 996 GT3 kaum etwas Schlechtes berichten können, wird im Innenraum offensichtlich, dass er aus einer Zeit stammt, in der Porsche unter Wendelin Wiedeking auf einen strikten Sparkurs gesetzt wurde. Das Cockpit wirkt dahingehend auch eher zweckmäßig, fast schon spartanisch. Zwar hat man den getesteten GT3 mit etwas Leder und einem Alcantara-Dachhimmel veredelt, Oberklasse-Qualität, die man in einem mindestens 180.000 DM teuren Auto erwarten würde, wird jedoch nicht geboten. Jetzt werden einige anmerken, dass es ja eigentlich genau diese Zweckmäßigkeit ist, die man in einem Rennwagen haben möchte – aber selbst ein 911 (996) Turbo aus dieser Zeit war nicht unbedingt besser verarbeitet.
Doch weder das knarzende Armaturenbrett noch die quietschenden Vollschalensitze schmälern das unbändige Fahrgefühl. Im Gegenteil: Der Innenraum hat mit seinen Eigenheiten fast einen italienischen Charme. Schließlich sind es gerade solche Unvollkommenheiten, die auch den Charakter alter Alfas, Maseratis oder Ferraris prägen. Also warum sollte das nicht auch bei einem Porsche funktionieren?
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25 Jahre Porsche GT3: Vom 996 zum 992
Seit dem Debüt des 996 GT3 im Jahr 1999 hat Porsche die GT3-Reihe kontinuierlich weiterentwickelt. Jede neue Generation wurde leistungsstärker, schneller und technisch ausgereifter. Der aktuelle Porsche 911 (992) GT3 RS bringt es auf 525 PS und vereint pure Saugerkraft und modernste Elektronik mit einer ausgefeilten aktiven Aerodynamik. Wenngleich die GT3 in den letzten 25 Jahren immerzu die feinsten Fahrmaschinen im Porsche-Programm waren, haben sie stets auch an Gewicht, aber vor allem an Größe zugelegt.
Fazit
25 Jahre nach seiner Vorstellung bleibt uns nichts anderes übrig, als den Porsche 911 (996) GT3 auf einen Ehrenplatz in unserem persönlichen Autoolymp zu heben. Das geringe Gewicht, der hochdrehende Boxermotor sowie das auch nach heutigen Maßstäben äußerst agile wie präzise Fahrverhalten haben uns sehr beeindruckt. Der Innenraum der 996-Generation mag unter enormem Kostendruck entstanden sein, aber irgendwie passt genau diese Unvollkommenheit zum Charakter dieses sonst sehr perfekt zu fahrenden Automobil. Denn eines ist gewiss: An den wichtigen, fahrrelevanten Teilen wurde damals nicht gespart. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)