Der Porsche 911 Dakar auf einen Blick
- Erster serienmäßiger Offroad-911
- 480 PS, Allradantrieb, Achtgang-PDK
- 0 auf 100 km/h in 3,4 s, Vmax 240 km/h
- Eigens entwickelte Pirelli All Terrain Reifen
- Limitiert auf 2.500 Stück und ausverkauft
Ein langer Weg von der Vision bis zum Serienauto
Es ist schon sehr bemerkenswert, was die Damen und Herren Ingenieure bei Porsche alles auf die Räder stellen können, wenn sie denn nur dürfen. Die Machbarkeitsstudie des Porsche 911 Dakar (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,3 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 256 g/km)² als „Vision Safari“ geriet nach Jahren schon fast wieder in Vergessenheit, ehe der Vorstand im Oktober 2019 endlich ein entsprechendes Serienfahrzeug auf Basis des 992 genehmigte. Ein Fehler, so viel war schnell klar, war die Auflage der limitierten Sonderserie auf keinen Fall. Denn alle 2.500 Fahrzeuge sind natürlich schon vergriffen. Warum also dazu noch einen Testbericht schreiben? Weil es beim Thema Sportwagen auch immer um Faszination geht – bei Porsche sowieso.
Und faszinierend ist so ein 480 PS starker Porsche 911 Dakar in jedem Fall. Vor allem, wenn er nicht auf menschenleeren marokkanischen Wüstenstraßen, sondern im belebten bayerischen Voralpenland bewegt wird. „S-GO 4615“ hat dabei, trotz seines noch recht kurzen Autolebens, bereits viel von der Welt gesehen. Erst Anfang 2023 konnte er im Norden Afrikas unter Beweis stellen, dass er mehr kann als ein reines Showfahrzeug zu sein. Als einer von nur wenigen Nullserien-Dakars wurde er durch die Hände zahlreicher internationaler Medienteams gereicht. Hohe Dünen, unwegsame Geröllpisten – all das bezwang dieser ganz besondere Porsche in kaum vorstellbarer Weise.
Dekorset 1978 ehrt alte Legenden
Wer in so manche Ritze blickt, findet noch ein halbes Jahr später Sandspuren im Testwagen, wobei die markanten Bergeösen vorne und hinten ganz offensichtlich häufiger zum Einsatz kamen. Auch das Alcantara-Volant zeugt von vielen Fahrerwechseln, von verbissenen Kämpfen zwischen den Piloten und der marokkanischen Wüste.
So erschafft man als Autobauer ganz offensichtlich neue Legenden. Denn die Reaktionen bei unserer Lokalausfahrt vielen allerorts sehr positiv aus. Da ein Lächeln, hier ein hochgereckter Daumen. Selbst von sonst eher sportlich bekümmerten Rennradfahrern erntet man Sympathiebekundungen. Das Dekorset „Rallye 1978“ soll übrigens an einen von zwei aufgebauten 911 SC Gruppe 4 erinnern, die im besagten Jahr an der East African Safari Rallye in Kenia teilgenommen haben. Es ist angelehnt an die Fahrzeugbeklebung des ehemaligen Martini Racing Teams, wurde durch Porsche-Designer aber behutsam neuinterpretiert.
Gewonnen haben die Stuttgarter die Kenia Safari damals allerdings nicht, aber das Duo Vic Preston Jr. und John Lyall schaffte es mit der Wagennummer 14, ungeachtet enormer Strapazen, immerhin auf den zweiten Platz. Das andere Porsche-Werksteam um den Schweden Björn Waldegård belegte, trotz zahlreicher Schäden, noch Rang vier. Legenden… wir erwähnten es bereits. Ebenso sagenhaft ist übrigens der Preis. Mindestens 222.020 Euro hätte Porsche für den 911 Dakar gerne gehabt. Doch ist es anzunehmen, dass kein einziges Exemplar ohne Sonderausstattung ausgeliefert wird. Und da gab es schon einige Kreuzchen zu setzen. Wer sich im weiterhin aufrufbaren Konfigurator richtig austobt, kann sich noch einmal einen Basis-Cayman an Extras dazu bestellen.
Auf der Landstraße fordert die All Terrain Bereifung Kompromissbereitschaft
Derweil ist anzunehmen, dass der besagte 718 auf kurvenreichen Strecken Kreise um den Porsche 911 Dakar fahren würde. Denn auch wenn Pirelli und Porsche zusammen viel Entwicklungsarbeit in die aufgezogenen Scorpion All Terrain Plus Reifen gesteckt haben; auf Asphalt können die Geländepneus echten Sportgummis natürlich nicht das Wasser reichen. Vergleichsweise früh verliert der Dakar daher über alle Viere den Halt und neigt deutlicher zum Untersteuern. Auf der anderen Seite kann der fehlende Grip aber auch dazu genutzt werden, um am Kurvenausgang locker lässig (und bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten) das Heck raushängen zu lassen. Das ist durchaus gemütserhellend, aber im Zweifel eben nicht die schnellste Art der Fortbewegung.
Natürlich trägt auch der vollbeladene Dachkorb dazu bei, dass eben nicht unter allen Umständen Carrera-ähnliche Fahrzustände erreicht werden. Dennoch ist es bemerkenswert, dass der Dakar - trotz der ganzen Offroad-Technik - nicht behäbig oder gar schwammig wirkt. Ganz im Gegenteil muss sogar die Direktheit und Präzision der serienmäßigen Allradlenkung gelobt werden. Übermäßige Karosseriebewegungen mildert derweil die aktive Wankstabilisierung.
Ist das vollständige Dachzubehör (Zelt oder Dachkorb mit Offroad-Ausrüstung) für bis zu 6.500 Euro montiert, sinkt zudem die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 130 km/h. Mit dem Dachkorb allein sind gemäß Zulassung immerhin bis zu 180 km/h möglich. Bei diesen Geschwindigkeiten hat sich dann auch das serienmäßige Liftfahrwerk wieder auf Normalhöhe gesenkt, das bis 170 km/h eine maximale Bodenfreiheit von 19,1 Zentimeter bewerkstelligt. Das taugt dann schon, um auf entlegenen Forst- und Wiesenstraßen die Rallye-Gene des Dakar ansatzweise zu erkunden. Angst davor, in einem der zahlreichen Schlaglöcher oder Bodenwellen hängenzubleiben, braucht man dabei nicht zu haben. Besonders im Normal-Modus dämpft das Fahrwerk kommod, im neuen Rallye-Fahrprogramm (eigentlich Sport Plus) wird dagegen richtig Zunder gegeben – die aktive Dämpfung reagiert gleichermaßen verbindlicher.
Für den Porsche 911 Dakar nur die besten Teile
In jenen Momenten, dann wenn man sehr zügig auf sehr schmalen Sträßchen unterwegs ist, lebt auch der 3,0 Liter große Sechszylinder-Boxermotor mit Biturboaufladung auf. Er ist entliehen aus dem regulären Carrera S und leistet im Dakar ebenso 480 PS und 570 Newtonmeter Drehmoment (Testverbrauch circa 12 Liter auf 100 Kilometer). Dank der serienmäßigen Sportabgasanlage tönt es schon sehr fein in den Innenraum, dank Motorlager aus dem GT3 wurde die Steifigkeit der Aggregate-Anbindung deutlich erhöht. Damit der Dakar auch bei hohen Außentemperaturen und bei sandigen Gegebenheiten stets vernünftig atmen kann und einen kühlen Kopf bewahrt, wurden Luftansaugung und Kühlung modifiziert. Luftfilter und Lüftermotoren stammen zum Beispiel aus dem Teileprogramm des 911 Turbo.
Alternativlos gekoppelt ist der Sechszylinder-Boxer übrigens an das bekannte Achtgang-PDK, das die Leistung auf alle vier Räder verteilt. Für den Stammtisch: Der Rallye-Elfer beschleunigt in knapp 3,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, durch die aufgezogenen All Terrain Pneus ist die Höchstgeschwindigkeit (ohne Dachaufbauten) auf 240 km/h begrenzt.
Fazit
Teuer, limitiert, ausverkauft. Es verhält sich ähnlich wie mit dem 911 Sport Classic: Die Wertsteigerung des Porsche 911 Dakar wird beträchtlich sein. Es ist allerdings zu hoffen, dass einige seiner Besitzer den Wagen artgerecht bewegen und das Abenteuer, wenn schon nicht in der marokkanischen Wüste, zumindest am nahegelegenen Baggersee inklusive Dachzelt suchen. Dabei überzeugt der unkonventionellste aller Serien-Elfer vor allem durch seine Offroad-Technik und sein enormes Potenzial abseits befestigter Wege. Gleichzeitig behält der Wüstenrenner - mit kleineren Abstrichen bei den Reifen - seine Porsche-typische Onroad-Performance. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber | Weitere Bilder: Hersteller)
Technische Daten*
- Modell: Porsche 911 (992) Dakar
- Motor: Sechszylinder-Benziner, 2.981 ccm
- Leistung: 480 PS (353 kW) bei 6.500 U/min
- Drehmoment: 570 Nm zwischen 2.300 und 5.000 U/min
- Antrieb: Allrad, 8-Gang-PDK
- Verbrauch kombiniert: 11,3 l/100 km²
- CO2-Emissionen kombiniert: 256 g/km²
- Beschleunigung (0–100 km/h): 3,4 s
- Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h abgeregelt
- Abmessungen (L/B/H): 4,53 m/1,86 m/1,34 m
- Gewicht: ca. 1.605 kg
- Grundpreis: ab 222.020 Euro
*Herstellerangaben