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Peugeot 508 SW im Test: Baguette auf Rädern

Peugeot will mit aller Kraft in die Premiumklasse und baut daher sein Modellprogramm kräftig um. Vor allem der Peugeot 508 SW ist es, der in der Kombi-Nation Deutschland auf vermehrtes Interesse treffen dürfte. Wir haben den stärksten Diesel in der GT-Variante ausführlich getestet.

Die französischen Autobauer sind zurück! Lange Jahre verlor man sich im Singsang von beliebigem Design, überschaubarer Verarbeitungsqualität und mitunter rückständiger Technik. Gerade Liebhaber von Peugeot und Citroën kennen die Höhen und Tiefen ihrer Marken, wobei man sich seit einigen Jahren verstärkt bemüht wieder „Hip“ und „In“ zu sein. Bei der Löwenmarke gibt es dazu ein gänzlich neues Gesicht, mit dynamischem Kühlergrill, stehenden Tagfahrleuchten und insgesamt ein Blechkleid mit sehr viel französischer Eigenständigkeit. Doch das Design ist das eine. Wie sich der Wagen im Alltagsbetrieb schlägt das andere. Repräsentativ für eine ganze Reihe neuer Peugeot-Modelle sind wir nun den 508 SW ausgiebig Probe gefahren.

Peugeot-508-SW-Side-Rear

60 Jahre Peugeot-Diesel in der Großserie

Dabei kam uns der Mittelklasse-Kombi zeitlich gerade recht. War es doch vor ziemlich genau 60 Jahren, als man 1959 bei Peugeot erstmals in Großserie einen Dieselmotor einsetzte. Damals in der Baureihe 404, die nunmehr als ferner Vorgänger des von uns gefahrenen 508 II gelten darf. Der hier getestete 2,0 Liter BlueHDi FAP mit 177 PS hat freilich nichts mehr mit dem urigen Saugdiesel von anno dazumal zu tun, zeigt aber, wie weit die Geschichte des Selbstzünders bei den Franzosen zurückreicht. Und wir können den Diesel, aller vergangenen Skandale zum Trotz, nur empfehlen. Warum? Weil er sehr mit der unaufgeregten Fahrweise des 508 harmoniert und zumindest während unseres Tests, laut Bordcomputer, im Schnitt nur um die sechs Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer konsumierte.

Peugeot-508-SW-Interior

Sanftmütiger Lademeister

In Kombination mit dem sänftenartigen Fahrwerk und dem 55 Liter fassenden Tank qualifiziert sich der Peugeot 508 SW damit zunächst als Langstreckenläufer. Mit 530 bis maximal 1.730 Liter Volumen fasst das Kofferabteil gleichzeitig ordentlich viel Gepäck, was noch besser einzuordnen ist, vergleicht man die Füllmengen mit deutschen Premium-Kombis. Der Audi A4 Avant nimmt lediglich 495 bis 1.495 Liter und eine Mercedes C-Klasse als T-Modell gleichermaßen nur 490 bis maximal 1.510 Liter Ladung auf. Natürlich könnten wir hier auch einen Skoda Octavia Kombi (480 – 1.740 Liter) aufführen, doch spielt dieser schlicht in einer anderen Fahrzeugklasse. Peugeot will mit dem 508 eine differenzierte Klientel ansprechen und das merkt man auch am Preis.

Peugeot-508-SW-Trunk

Peugeot 508 SW mit selbstbewusster Bepreisung

Ab 35.950 Euro steht der 508 SW mit der „Active“ genannten Grundausstattung samt 130 PS Basis-Benziner in der österreichischen Preisliste, unser Testwagen im „GT“-Trimm kostet jedoch mehr als 52.000 Euro. Ist der Preis gerechtfertigt? Das kommt auf die Betrachtungsweise an. Denn in Sachen Design macht man den Franzosen derzeit nur sehr wenig vor und auch bei den eingesetzten Materialien sowie der generellen Verarbeitung merkt man große Qualitätssprünge. Anders sieht es da bei den Assistenzsystemen aus. Die Verkehrszeichenerkennung arbeitet nach dem Zufallsprinzip, der Spurhalteassistent nervt mit überkorrekten Eingriffen und auch die 360-Grad-Umgebungsansicht taugt wenig. Hinzu gesellt sich eine umständliche Bedienung von Infotainment und Kombiinstrument.

Peugeot-508-SW-Front

Schönes Cockpit, umständlich zu bedienen

Wobei wir an dieser Stelle abermals die Designqualitäten von Peugeot hervorheben wollen. Kaum ein Hersteller baut so derart verspielte und schöne Anzeigen wie die Löwenmarke, kaum ein Hersteller verfügt auf der anderen Seite über eine solch krude Menülogik. Die physischen Bedienwege innerhalb des fahrerorientierten Cockpits sind zu lang, die Taster unterhalb des 10,0-Zoll-Displays bei Sonneneinstrahlung kaum ablesbar und die Sprachbedienung treibt einen schnell zur Verzweiflung. Hat man nach einer längeren Eingewöhnungsphase jedoch alles nach persönlichem Gusto eingestellt, weiß der Peugeot 508 SW seine Insassen durchaus zu umgarnen.

Peugeot-508-SW-Navigation

Elektrische Lenkung als größte Schwäche

Wie eingangs erwähnt federt der Wagen (in der GT-Variante serienmäßig mit Adaptivfahrwerk) sänftenartig und für deutsche Verhältnisse ungewohnt tiefgehend. Dazu passen die sehr bequemen Ergonomie-Komfortsitze samt AGR-Gütesiegel. Und auch das kompakt bauende Multifunktionslenkrad weiß zu gefallen, selbst wenn es für unser Dafürhalten zu tief unter dem Armaturenträger montiert wurde. Größter Knackpunkt ist allerdings das Lenkgefühl an sich. Insbesondere bei geringen Geschwindigkeiten entsteht schnell der Eindruck, die weich abgestimmte elektrische Lenkung würde in Rastern arbeiten. Bei höherem Tempo fehlt es dann generell an Fahrbahnrückmeldung, was wiederum ins Bild der sanften Reiselimousine passen mag.

Peugeot-508-SW-Rear

Antriebsstrang sorgt für entspanntes Reisen

So taugt selbst die sportliche GT-Variante des 508 SW kaum zum Kurvenräubern, wobei man im schnell erreichten Grenzbereich massiv mit Untersteuern zu kämpfen hat. Auch hier macht sich die abgekoppelt wirkende Lenkung eher negativ bemerkbar. Kaum Kritik gibt es hingegen am eigentlichen Antriebsstrang zu äußern. Bereits ab 2.000 Touren stellt das 2,0-Liter-Dieseltriebwerk kräftige 400 Newtonmeter zur Verfügung, die 177 PS Maximalleistung liegen ab rund 3.750 Umdrehungen an. Gekoppelt ist der stärkste Selbstzünder im Peugeot 508 serienmäßig an ein 8-Gang-Wandlergetriebe vom japanischen Getriebespezialisten Aisin. Die EAT8 genannte Schaltbox verrichtet ihre Dienste im Normalfall stets gediegen im Hintergrund. Einzig im Sport-Modus werden einzelne Fahrstufen unnötig oft gewechselt.

Peugeot-508-SW-Seats

Fazit

Keine Angaben von Sprintzeiten, keine Nennung der Höchstgeschwindigkeit im Fließtext? Bewusst. Denn der Peugeot 508 SW ist ein Auto für den stillen Genießer, der etwas anderes will, als einen in Perfektion überentwickelten Premiumwagen aus deutscher Produktion. Er taugt für die lange Reise und für große Ladeaufgaben. Zudem nimmt er mit dem 177 PS starken Diesel bis zu 1.800 Kilo an den Haken. An Bedienung und Funktionsumfang des Cockpits muss man sich hingegen gewöhnen, wobei der 508 will, dass man sich auf ihn einlässt. Nicht wegzudiskutieren ist die akute Schwäche bei der elektrischen Lenkung und die knackige Bepreisung. Ansonsten gilt, dass man den Peugeot 508 SW am besten mit einem frischen Baguette vergleichen kann: Außen knackig, innen weich. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten*

  • Modell: Peugeot 508 SW GT 2.0 BlueHDi
  • Motor: Vierzylinder-Diesel, Turbolader, 1.997 ccm
  • Leistung: 177 PS (130 kW) bei 3.750 U/min
  • Drehmoment: 400 Nm bei 2.000 U/min
  • Antrieb: Frontantrieb, 8-Gang-Automatik
  • Verbrauch kombiniert: 4,7 l D/100 km
  • CO2-Emissionen: 124 g/km
  • Abgasnorm: Euro 6d-TEMP
  • Beschleunigung (0 – 100 km/h): 8,4 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 231 km/h
  • Abmessungen (L/B/H): 4,78 m/ 1,86 m/ 1,42 m
  • Gewicht: ca. 1.650 Kg
  • Grundpreis in Österreich: 35.950 Euro

*Herstellerangaben

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