Der Opel Corsa Electric GS Long Range auf einen Blick
- Facelift mit neuem Vizor-Frontdesign
- E-Antrieb überarbeitet: jetzt auch mit 156 PS
- Verbrauch um 14 kWh/100 km – aber geht noch besser
- Gleiche Leasingrate für E-Auto und Verbrenner
- Einstiegspreis bleibt bei 34.650 Euro
Der neue Opel Corsa Electric – Gesichts-OP statt Facelift
Für den neuen Opel-Chef Florian Huettl ist der Corsa „das Herz der Marke“, wie er bei der Vorstellung der neuesten Generation sagt. Für uns auch? Aber werfen wir zuerst einmal einen Blick zurück: 14 Millionen Exemplare wurden seit 1982 produziert und unters Volk gebracht. Vier von zehn Opel-Kunden entscheiden sich für einen Corsa. Außerdem ist er auch noch der meistverkaufte Kleinwagen seit zwei Jahren in Folge – in Großbritannien und in Deutschland. Die Zukunftsaussichten dürften Huettls Herz sogar noch höherschlagen lassen. Sie könnten rosig sein: Denn erstens wird die Konkurrenz immer übersichtlicher, weil zum Beispiel der traditionelle Lieblingsgegner Ford seinen Fiesta komplett eingestellt hat. Und zweitens, weil die Opelaner als einer von wenigen Herstellern mit dem Corsa einen halbwegs bezahlbaren und wirklich effizienten Elektro-Kleinwagen bestell- und lieferbar im Programm haben. Ein Auto, das VW gerne haben würde, aber nicht hat.
Das Herz von Opel hatte 2017 schwere Rhythmus-Störungen. Just in der Launch-Phase des neuen Modells "F" wechselte Opel von GM in den PSA-Konzern. Mit der Folge, dass das Auto in vielen Teilen noch mal technisch komplett umgestrickt werden musste. Mit Hängen und Würgen kam der Corsa dann 2019 auf den Markt. Damals noch mit der alten Optik – weshalb das Facelift jetzt nach vier Jahren mehr eine Gesichtstransplantation ist. Denn jetzt hat auch der Corsa das neue Vizor-Design des Mokka und sieht deshalb wie ein komplett neues Auto aus. Dafür sorgen auch die neuen Matrix-Leuchten und der Komplett-Verzicht (aus Umweltgründen) auf Chrom. Auch innen hat sich der Kleine fein herausgeputzt: Der Touchscreen wächst auf 10 Zoll, Lenkrad und Gangwahlhebel (jetzt ein Wipp-Schalter) kommen neu und sind schicker. Erstmals (auch in Serie) gibt es eine Bluetooth-Anbindung an Apple Car Play und Android Auto, man kann strippenlos aufladen oder eben per Kabel an drei USB-C-Ports.
50 Kilometer mehr Reichweite kosten 3.400 Euro
So – aber nun zum Herz des Rüsselsheimer Herzbuben, dem Antrieb. Gleich zwei BEV-Varianten bietet Opel nach dem Facelift an: Das alte Setup mit 136 PS, 48 kWh-Akku (netto) und 354 Kilometer Reichweite. Und die optimierte Alternative mit einer 51 kWh großen Batterie, einer auf 156 PS verbesserten E-Maschine und nun 405 Kilometer Reichweite (Stromverbrauch kombiniert: 14,6-14,2 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km; elektrische Reichweite: bis zu 402 km)². Bei Ladezeit und -Leistung sind sich die beiden Modelle ähnlich: Über drei Stunden mit 11 kW (AC) und 30 Minuten mit 100 kW (DC von 0 auf 80 Prozent). Auch beim Drehmoment von 260 Nm gibt es kaum einen Unterschied.
Allerdings schafft der stärkere Corsa den Sprint auf Tempo 100 in 8,1 Sekunden und ist damit um 0,6 Sekunden schneller. In unseren Augen sind das Petitessen - ähnlich wie die Reichweitensteigerung um 50 Kilometer. Die Frage ist doch die: Ist einem Käufer dieser Unterschied rund 3.400 Euro wert? Das kostet der stärkere E-Corsa nämlich mehr, während der schwächere beim alten Preis von 34.650 Euro (vor etwaigen Subventionen) verharrt. Und für diese Käufer gibt es sogar noch ein Zuckerl: Den kleineren Corsa kann man mit der gleichen Rate leasen wie die Verbrenner, die etwas später auf den Markt kommen.
Bei den Fahrmodi nervt ein kleines Detail
Wie fährt sich der neue Corsa Electric Long Range, wie er offiziell heißt? Auf den knapp 200 Testkilometern, hauptsächlich über Autobahnen, aber auch über Landstraßen im hessischen Taunus, ist uns jedenfalls nicht langweilig geworden. Höchstens auf dem Highway, weil der E-Corsa hier ab Tempo 120 leistungstechnisch zur lahmen Ente schrumpft. Bei 150 km/h ist dann sowieso Schluss. Eine Abregelung hätte es nicht gebraucht, weil man schon weitaus früher aufgibt. Ganz freiwillig.
Wenn man bedenkt, dass das italienische Wort „Corsa“ auch Rennstrecke bedeutet. Aber lassen wir das! Auf kurvigen Strecken macht das Fahren jedenfalls herzhaft Spaß. Der Rüsselsheimer lenkt sich direkt und nicht zu leichtgängig, das Fahrwerk ist ein guter Kompromiss zwischen Komfort und Sportlichkeit. Weder hart noch zu herzlich. Unangenehm aufgefallen ist uns allerdings der unsaubere Übergang, wenn man von Normal auf Sport schaltet und umgekehrt. Da geht jedes Mal ein Ruck durch das Auto, wir sind jedes Mal erschrocken. Aber das lässt sich ja vielleicht mit einem Software-Update (jetzt auch over the air) beheben.
Alles elektro? Es gibt auch noch Benziner beim Corsa
Zum Verbrauch. Beim Start hatten wir 99 Prozent Akkuladung und 400 Kilometer Reichweite - laut Bordcomputer. Nach genau 180 Kilometern waren es noch 52 Prozent oder 180 Kilometer. Der Verbrauch lag bei genau 14 kWh je 100 km – und damit auf Höhe der offiziellen Angaben. Das ist ein sehr ordentlicher Wert, zumal das Auto aufgrund der gewählten Teststrecke kaum Energie zurückgewinnen konnte. Vorstellbar, dass man sogar noch auf 12 kWh kommt im Großstadt- oder Vorortbetrieb mit viel Stopp-and-Go-Verkehr. Vorausgesetzt man kann zu Hause aufladen. Wenn man den deutschen Durchschnittspreis von 46 Cent für die Kilowattstunde (Stand Sommer 2023) heranzieht, dann würde man für 100 Kilometer Autofahren nur etwas mehr als einen Fünfer zahlen. Und das ist echt günstig.
So preiswert dürfte man - zumindest beim Tanken - mit den Corsa-Verbrennern nicht unterwegs sein. Ja es wird sie weiterhin geben: Als Basis-Benziner ohne Elektrifizierung, zweimal als Hybrid-Turbo und Startergenerator. Ein Diesel war und ist für die Generation "F" ohnehin nicht vorgesehen. Vor allem das Einstiegsmodell dürfte preislich interessant sein: Mit 19.800 Euro landet es knapp unter der Schmerzgrenze von 20.000 Euro. In der heutigen Zeit ist der kleinste Corsa damit schon beinahe ein Schnäppchen.
Erstes Fazit
Hat das Opel-Herz unser Herz berührt? Auf alle Fälle! Weil das Auto jetzt noch besser aussieht, weil es zweckmäßig ist und trotzdem jede Menge Fahrspaß bietet. Die elektronischen Assistenten arbeiten zurückhaltend, aber gut. So manch einer würde sich leistungsmäßig einen zusätzlichen Herzschrittmacher wünschen, aber so ein Corsa ist (trotz der Namensgebung) ja auch keine Rennsemmel. Ein absoluter Pluspunkt ist der Verbrauch, der das Auto im laufenden Betrieb wirklich günstig macht. Auf die Art und Weise kann man die für ein Elektroauto immer noch zu hohen Anschaffungskosten zumindest teilweise reinholen. (Text: Rudolf Bögel | Bilder: Hersteller)
Technische Daten Opel Corsa Electric Long Range GS*
- Modell: Opel Corsa Electric Long Range GS
- Motor: stromerregte Synchronmaschine
- Antrieb: Front / 1-Gang-Automatik
- Spitzenleistung: bis zu 115 kW (156 PS)
- Drehmoment: bis zu 260 Nm
- Beschleunigung 0–100 km/h: 8,1 s
- Höchstgeschwindigkeit: 150 km/h (abgeregelt)
- Akku-Kapazität: 51 kWh (netto)
- Ladezeiten AC: 0–100 % bei 11 kW AC (dreiphasig) ca. 3 h 10 min
- Ladezeiten DC: 0–80 % bei 100 kW ca. 30 min
- Stromverbrauch kombiniert: 14,2 – 14,6 kWh/100 km²
- CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km km²
- Reichweite: bis zu 402 km
- Länge/Breite/Höhe: 4,06 m/1,77 m/1,44 m
- Radstand: 3,00 m
- Leergewicht/Zuladung: ca. 1.544 kg / ca. 376 kg
- Kofferraum: 267–1.042 l
- Grundpreis: 38.045 Euro
*Herstellerangaben