Exakt 30 Jahre später wiederholten die Rüsselsheimer ihren historischen Erfolg. Bei der 13. Auflage der Monte für alternativ angetriebene Fahrzeuge endete Opels Engagement sogar mit einer Machtdemonstration: Der Gesamtsieg und vier weitere Plätze unter den Top Ten konnte die neue Öko-Ikone Ampera erobern. Von diesem Erfolg beflügelt, ist Opel Deutschland mit drei Ampera nun bei der 14. Auflage der Alternativ-Monte vom 20. - 24. März 2013 angetreten. In einem Rallye-Ampera durfte ich zusammen mit dem Redakteur Thomas Flehmer von der Autogazette fahren. Zu den vorderen Plätzen hielten wir gebührenden Abstand, konnten dafür aber viele Erfahrungen sammeln. „Wir fahren selbstverständlich auf Sieg“, motivierte mich der Opel-Sprecher Patrick Munsch am Telefon mit einer merkwürdigen Mischung aus Ernst und Ironie, als er mir die Teilnahme an der Alternativ-Rallye schmackhaft machen wollte. Hmm, dürfte also nicht so schwer sein, vorne mitzufahren, dachte ich. Ein wenig Konzentration, den Wagen möglichst effizient bewegen und den Rest erledigt der Teilzeitstromer mit seinem Sauber-Antrieb von selbst.
Doch Pustekuchen: Viele Teams hatten sich hochprofessionell vorbereitet, waren technisch perfekt ausgestattet und konnten an diversen Wochenenden vor der Rallye für den harten Wettbewerb intensiv üben. Uns blieb hingegen nur der Sprung ins kalte Wasser, unvorbereitet, unerfahren und unaufgeklärt mussten wir uns einem überraschend harten Wettbewerb stellen.
Hauptsache alternativ
Doch wie läuft eigentlich eine solche Rallye ab? Insgesamt 93 private und semi-professionelle Teams sind dieses Mal angetreten, mit speziellen Spritsparmodellen, mit Hybriden, einigen Amperas, einem batterieelektrischen Tesla oder sogar einem mit E85-Treibstoff betankten Ferrari 458. Die Hauptsache: Auf irgendeine Weise muss das Wettbewerbsfahrzeug als alternativ angetrieben identifizierbar sein. In der 14. Auflage hat sich der Veranstalter, der Automobile Club de Monaco, für zwei große, jeweils rund 400 Kilometer lange Tagesetappen entschieden, die mit insgesamt acht Wertungsprüfungen gespickt sind. Und eben jene Wertungsprüfungen haben einen entscheidenden Anteil an der späteren Platzierung.
Die Anforderung an eine solche Wertungsprüfung klingt zunächst banal: Ein festgelegter Streckenabschnitt muss mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit möglichst gleichmäßig durchfahren werden. Eine zum Beispiel 40 Kilometer lange Distanz muss ich also kontinuierlich mit 50 km/h abspulen. Doch die Schwierigkeit besteht darin, nicht nur zur vorgegebenen Zeit möglichst punktgenau im Ziel anzukommen, es wird auch innerhalb der Etappe an mehreren Punkten per GPS gemessen, wie weit man im Streckenverlauf vom Zeitideal abweicht. Das ist für mich als Fahrer durchaus kniffelig und verlangt nach höchster Konzentration, denn auf kurvigen Serpentinenstrecken oder bei Fahrten in der Dunkelheit ist es alles andere als einfach, einen kontinuierlichen Schnitt zu halten. Doch viel wichtiger ist in dieser Situation der Beifahrer, der mir fortwährend ansagen muss, ob ich nun schneller oder langsamer fahren muss.
Der taktische 60. Platz
Und genau an diesem Punkt wurde unsere etwas naive Vorbereitung zu einem handfesten Handicap: Ein speziell in unserem Ampera für Gleichmäßigkeitsfahrten installiertes Mess- und Anzeigegerät können wir nicht bedienen und die manuelle Berechnung, an welchen Streckenabschnitten wir zu welcher Zeit ankommen sollen, war zunächst fehlerhaft. Am Ende unserer ersten Wertungsprüfung fuhren wir sogar auf einen einige Minuten zuvor gestarteten Kontrahenten auf. Wir sind also weit vor unserer Zeit im Ziel, werden entsprechend mit Strafpunkten zugeschmissen und landen weit hinten im Klassement. Am ersten Tag nach insgesamt vier unpräzise gefahrenen Wertungsprüfungen landen wir auf einem „taktischen 60. Platz“, wie mein Copilot Thomas Flehmer diese etwas enttäuschende Ausgangslage mit ungebrochenem Siegeswillen umschrieb.
Von den 93 gestarteten Teilnehmern haben wir es immerhin noch bis in das hintere Mittelfeld geschafft und machen uns große Hoffnungen, aus den ersten Fehlern gelernt zu haben und bei den Wertungsprüfungen am zweiten Tag etliche Plätze aufzuholen. In der Zwischenzeit fahren wir auf Straßen zweiter und dritter Ordnung möglichst spritsparend durch die liebliche und frühlingshaft angehauchte Landschaft der Provence mit dem Tagesendziel Aix-en-Provence. In dieser entspannten Phase sinnt mein Copilot über eine optimierte Vorgehensweise nach und kommt auf einen sogar bestechend guten Plan.
Die provisorische Lösung
Der Trick: Händisch erstellen wir für die vier am nächsten Tag folgenden Wertungsprüfungen eine Tabelle, auf der wir in Kilometerschritten die jeweils akkumulierte Zeit notieren, die idealerweise erreicht werden soll. Der Plan geht auf, die Berechnungen sind schlüssig und mein Copilot kann mir ziemlich exakte Anweisungen geben, ob ich nun schneller oder langsamer fahren muss. Auch meine fahrerische Umsetzung kann sich sehen lassen: Platz 23 und ein Vorrücken im Klassement auf Rang 56 heißt das aus unserer Sicht Mut machende Ergebnis der fünften Wertungsprüfung. Doch statt der Euphorie sorgen in den nachfolgenden Wertungsprüfungen neue Berechnungs- und Navigationsfehler für ein Zurückfallen auf Platz 67 von final 83 Teams, die in der Wertung geblieben sind.
Es geht in der Rallye der alternativen Antriebe aber auch um Effizienz, die sogar 60 Prozent der Gesamtwertung ausmachen soll. Dabei werden Sprit- und Stromverbrauch gemessen und in einem aufwendigen Rechenverfahren in die Wertung einbezogen. Wer vor allem auf den Verbindungsetappen zwischen den Prüfungen möglichst wenig Energie verbraucht, kann seine Platzierung deutlich verbessern. So wie das Team Artur Prusak (Polen)/ Jean Baptiste Loty (Frankreich) auf einem Toyota Prius II, die nach den Wertungsprüfungen nur Platz sechs belegten, dank ihrer effizienten Fahrweise aber das Gesamtklassement für sich entscheiden konnten.
Effizienz zählt
In unserem Fall hat sich der Ampera nicht als herausragender Effizienzmeister in Szene setzen können und wir haben uns im Gesamtklassement nur um einen Zähler auf Platz 66 vorgearbeitet. Letztlich konsumierte das immerhin 1,9 Tonnen schwere Elektroauto mit seinem Benzinmotor als Reichweitenverlängerer zwischen sechs und neun Liter Benzin auf 100 Kilometer, trotz der zwischen 40 und 80 Kilometer reichenden rein elektrischen Reichweite, die auf derart langen Etappen und dem bergigen Streckenprofil regelrecht verpufft. Insofern haben wir den Ampera nicht als Sparikone, sondern vielmehr als ein Auto erlebt, das höchstens Berufspendlern die Möglichkeit bietet, lokal emissionsfrei und so mit möglichst wenig Benzin zu fahren. Auf unseren rund 400 Kilometer langen Touren mit vielen Höhenmetern kann der Ampera dieses umweltfreundliche Potenzial nicht mehr ausspielen.
Für andere Ampera-Teams lief es dennoch deutlich besser: Opel Deutschland hat mit Hans-Werner Wirth einen erfahrenen Rallye-Piloten engagiert, der es in den Wertungsprüfungen immerhin auf Platz 15 geschafft hat und der im Gesamtklassement dank einer effizienten Fahrweise sogar bis auf Platz 12 vorgerückt ist. Wirth hat für diesen Erfolg allerdings mehr Aufwand betrieben und sich intensiver auf die Rallye vorbereitet. Einige Tage vor der Rallye ist er mit einem Beifahrer die Strecken abgefahren und hat sich dabei genaue Notizen gemacht. Darüber hinaus war auch seine Bordtechnik für die Wertungsprüfung optimal: Im 100-Meter-Takt zeigte ein Computer Wirths Beifahrer sekundengenau an, ob schneller oder langsamer gefahren werden musste.
Eine Rallye für Jedermann
An der Rallye Monte Carlo Energies Nouvelles kann im Prinzip jeder teilnehmen. Grundvoraussetzung sind ein Auto mit alternativem Antrieb, ein paar freie Tage und ein Beifahrer. Für die Teilnahme muss man zudem gut 500 Euro an Gebühren bezahlen, die übrigens ein abschließendes gemeinsames Essen aller Teilnehmer im Hotel de Paris in Monaco beinhalten. Kosten für die Unterkunft, Verpflegung, Anreise und Sprit müssen die Teilnehmer außerdem bezahlen.
Einen kompetenten Rallye
Harter Wettbewerb
Dennoch schien der Rallye
Mit dem 12. Rang haben Wirth und Opel Deutschland insofern ein durchaus respektables Ergebnis eingefahren, welches angesichts des großen Erfolges im Vorjahr allerdings dann doch für eine gewisse Ernüchterung bei den Opelanern sorgte. Zwar konnte der Ampera nicht mehr aufs Siegertreppchen vorfahren, aber immerhin ist es zwei französischen Ampera-Teams gelungen, Platz 6 und 9 zu erobern, wobei beide Teams dank der Effizienzwertung jeweils drei Plätze gegenüber der Platzierung aus den Wertungsprüfungen gut machen konnten.
Kein Kindergeburtstag
Für mich war der sportlich erfolglose Trip mit dem Opel Ampera eine dennoch vergnügliche und vor allem lehrreiche aber auch harte Erfahrung: Eine Rallye Monte Carlo hat es in sich, selbst wenn es dabei um alternative Antriebe geht. Zwölf Stunden täglich am Steuer, in hochkonzentrierten Wertungsprüfungen auf engen Serpentinensträßchen teilweise auch nachts mit einer unbedingt gleichmäßigen Geschwindigkeit zu fahren ist alles andere als ein Kindergeburtstag. Abends bin ich völlig erschossen ins Bett gefallen.
Dabei habe ich den Ampera übrigens als einen treuen Gefährten und als ein überzeugendes Alltagsauto wahrgenommen, der sich trotz seiner besonderen Antriebstechnik in allen Verkehrssituationen wunderbar handhaben ließ und der mit seinem elektrischen Antrieb auch noch einen angenehm geschmeidigen Vortrieb bietet. Der Ampera ist alltagstauglich, ökotauglich, rallyetauglich und wenn man es richtig drauf hat sogar siegertreppen-tauglich. Vielleicht kann der Opel mit seinem Ampera Letzteres auf der 15. Rallye Monte Carlo Energies Nouvelles im Frühjahr 2014 wieder einmal unter Beweis stellen.