Der Nissan Qashqai war bisher eher ein Auto für den pragmatischen Nutzertyp: zuverlässig, ausreichend aber nicht zu groß, ordentlich ausgestattet. Auftritt und Emotion standen hingegen eher weiter hinten im Lastenheft, von technischer Faszination ganz zu schweigen.
Das soll sich nun - zumindest teilweise - mit Einführung der dritten Generation ändern. Und die ist vor allem im direkten Vergleich überaus gelungen. Deutlich dynamischer und stämmiger steht der intern J13 genannte Qashqai nun da, die Front erinnert entfernt an die Toyota-Luxusmarke Lexus, der Seite stehen stattliche 20-Zoll-Felgen ausgezeichnet und am Heck bedient man sich bei anderen kleinen und großen SUV, ohne dem Qashqai seine gewisse Eigenständigkeit zu nehmen. Auf den Neuen geht man gerne zu, parkt in der ersten Reihe um gesehen zu werden. Allein für diese Fortentwicklung hat sich der Aufwand für die Fortentwicklung des Japaners schon gelohnt.
Ein ähnlich positiver Eindruck setzt sich im Innenraum fest. Fein animierte Displays, kabelloses Apple CarPlay, eine Wertigkeit in den Materialien und eine Verarbeitungsqualität, die eher an Audi oder BMW denn an einen Japaner denken lässt. Vorne sitzt es sich bequem auf gut konturierten Sitzen, Hinterbänkler müssen sich etwas zusammenfalten und beim Kofferraumvolumen (ca. 430 Liter) merkt man, dass man es wirklich „nur“ mit einem Kompakt-SUV zu tun hat. Eine schöne, wenngleich leider nicht zu öffnende Option ist das über beide Sitzreihen reichende Panorama-Glasdach.
Ausgestattet war unser Testwagen mit der derzeit höchstmöglichen Antriebsvariante, soll heißen: 1,3-Liter Vierzylinder samt sogenanntem Mild-Hybrid-System, stufenlosem Automatikgetriebe und Allradantrieb (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,2 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 140 g/km)². Der Vierzylinder leistet 158 PS und bietet ein Drehmoment von 270 Newtonmetern - was ausreichend klingt und dies auch ist. Sportliche Zwischensprints oder Überholmanöver sowie schnelle Fahrten auf der Autobahn sollten allerdings wohl überlegt sein, denn ein Tempramentwunder wird aus dem Antrieb - jedenfalls im Qashqai - nicht mehr. Er läuft verhältnismäßig rau, oberhalb von 3.000 U/min geht ihm schnell die Puste aus - einzig der Benzinkonsum läuft munter weiter: unter 7,9 Litern bewegten wir den Qashqai nie.
Das sogenannte Mild-Hybrid-System ist derweil nicht mehr als ein Schatten seiner selbst: Zwar wirbt Nissan damit, dass sich durch „intelligente Energierückgewinnung“ große Spritsparpotentiale ergeben würden - hiervon war wenig zu spüren. Mehr als eine Start-Stopp-Automatik ist das System nicht, in unserem Test schaltete sich der Motor allenfalls im Stand ab, wenn die Bedingungen hierfür optimal waren (und dann auch nur mit einem deutlich vernehmbaren Ruck). Das konnte sogar der von uns viel belächelte Fiat 500 „Hybrid“ besser.
Dafür geht der Motor mit dem stufenlosen Automatikgetriebe eine sehr gelungene Kooperation ein. Das Getriebe mimt Schaltvorgänge so perfekt, dass man meint, Nissan hätte ins Regal von ZF gegriffen. Ebenfalls positiv: Die Fahrstabilität dank des sich automatisch zuschaltenden Allradantriebs, die niemals unwillkommene oder gar gefährliche Situationen aufkommen ließ.
Generell gibt der Nissan Qashqai dem Fahrer ein hohes Sicherheitsgefühl. Die Aktiven Sicherheitsassistenten fielen ganz überwiegend nur durch sinnvolle Mitarbeit und nicht durch nervige Überpräsenz auf. Großes Lob gebührt dem feinfühligen Abstandstempomaten, der nahezu perfekt arbeitet - leider nur noch nicht in der Lage ist, links langsamer fahrende Autos zu erkennen und dementsprechend nicht rechts zu überholen.
Wer großen Wert auf Federungskomfort legt, sollte sich die Anschaffung der eingangs erwähnten 20-Zöller noch einmal gut überlegen - der Qashqai rollt ohnehin vergleichsweise straff ab. Das Resultat der sportlichen Optik ist ein eher hölzernes Überfahren von Querfugen und das unvermittelte Durchreichen gröberer Verwerfungen an die Passagiere, die sich mit „mehr Gummi“ im Zweifel vermeiden ließen. Dafür lenkt der Qashqai überzeugend spontan ein und reagiert direkt auf Lenkbefehle - die Rückmeldung bleibt hingegen wie bei den meisten elektromechanischen Systemen heutzutage auf der Strecke, dürfte aber im Anforderungsprofil der meisten Nutzer ohnehin nicht an erster Stelle stehen.
Die dritte Generation des Nissan Qashqai ist wahrlich erfolgreich weiterentwickelt worden. Auf der Habenseite stehen eine endlich ansprechende Optik, ein wertiger Innenraum samt guter Ausstattung und ein weitestgehend komfortabler Antriebsstrang zum angemessenen Preis. Dass der Qashqai keine großen fahrdynamischen Wunder vollbringt, dürfte die meisten weniger stören, dafür ist allerdings der Verbrauch zu hoch und das vielgepriesene Mild-Hybrid-System mehr Etikette denn tatsächlich spürbar. Man darf gespannt sein, was der dieses Jahr erscheinende „E-Power“-Antrieb hier für Verbesserungen bringen wird. (Text: Maximilian Planker, Bilder: Hersteller)