Der Nissan Navara ist ein Paradebeispiel dieser Gattung, der sogar in Pickup-Märkten wie den USA und Südamerika eine gute Figur macht – in Deutschland ist er jedoch nur bedingt nützlich, nicht nur seiner Größe wegen.
Die schiere Größe von 5,30 Meter Länge, 1,85 Meter Breite und 1,91 Meter Höhe machen den im Frühjahr 2010 renovierten Nissan Navara zu einem echten Hingucker. Er sieht robust aus, hat einige Ecken und Kanten und wirkt dennoch irgendwie sympathisch. Er besitzt auch nicht diese SUV-Aura, die vielen anderen Verkehrsteilnehmern mittlerweile zuwider ist, selbst wenn kein SUV in Deutschland so groß ist wie dieser Navara.
Nur weniger, die ihn wirklich brauchen
Diesen Nissan braucht man aus verschiedensten Gründen: Für die Forstarbeiter ist er ein Arbeitstier, genauso wie für Garten- und Landschaftmenschen, Straßenbaufirmen und Bauern sowie Architekten pilotieren den Japaner. Die Geländetauglichkeit und die grobe Lademöglichkeit sind Hauptargumente, die für einen Pickup sprechen. Aus Spaß kauft sich keiner einen Pickup.
Dabei kann der Navara Spaß machen. So bekommt man sein kompaktes Motorrad beispielsweise diagonal auf die Ladefläche, Fahrräder können mehr transportiert werden als Insassen ins Auto passen und für den Umzug oder die Gartenabfälle am Wochenende taugt er auch noch. Und wer wirklich einen echten Kofferraum benötigt, setzt sich eben einen abschließbaren Aufbau hinten drauf und hat das Mega-Ladeabteil – unbeheizt, versteht sich. Denn in den Innenraum will man die Wochenendeinkäufe irgendwie nicht wirklich packen. Auch das Urlaubsgepäck kommt einem an diesem Ort deplatziert vor.
Fünf passen rein
Vorne, in der Doppelkabine (es gibt ihn auch mit kurzer Kabine als „sportlichen“ 2+2-Sitzer), finden fünf Personen ausreichend Platz. Die Verarbeitung und Haptik erinnert an einen SUV und sieht keineswegs hemdsärmelig oder gar billig aus. Sie Sitzmöglichkeiten ähneln hingegen eher einem Küchengestühl, bieten sie doch keinerlei Seitenhalt und sind auf langen Etappen wenig rückenfreundlich. Dabei gehen Sitzposition und Verstellbereich sogar in Ordnung. Auch die Bedienung macht keine Probleme und orientiert sich am aktuellen Nissan-Mittelklasse-Standard, der sich unter anderem in Form des großen Navigationssystems (Aufpreis) äußert.
Die Verbindung zwischen Fahrerplatz und Antrieb übernimmt neben der wenig exakten Lenkung eine rund 1.600 Euro teure Fünfstufen-Automatik. Sie ist aus Komfortgründen empfehlenswert, raubt dem 2,5 Liter Vierzylinder-Diesel aber etwas Temperament. Ähnlich wie beim VW T5 der ersten Generation ist das Wandlergetriebe äußerst lethargisch und lässt in den meisten Fahrzuständen zu viel Schlupf zu, so dass die Drehzahl unnötig ansteigt und das ohnehin nicht sonderlich weiche Verbrennungsgeräusch über Gebühr erwacht.
Kräftiger Diesel
Dabei ist das 190-PS-Aggregat eigentlich ein ganz passendes, denn die Kraft von 450 Newtonmeter reicht aus, um den fast 2,2-Tonner Pickup auf Trab zu bringen. In gemessenen 11,1 Sekunden stürmt er vom Stillstand auf Tempo 100. Im Test genehmigte er sich 10,8 Liter Dieselöl, aber auch 13 und mehr sind möglich.
Auch seines kräftigen Motors wegen, den es übrigens mit (plus 650 Euro) und ohne Rußfilter gibt, ist es ihm erlaubt, 3.000 Kilogramm an den Haken zu nehmen. Die Zuladung des Navara beträgt deutlich mehr als eine Tonne. Apropos Zuladung: Die mindestens 1,48 Meter lange und zwischen den Radkästen 1,13 Meter breite Ladefläche des Navara ist gut durchdacht, so besitzt der Japaner nicht nur auf dem Boden Verzurrösen, sondern hat ein ausgetüfteltes Schienensystem auch oben an der Bordwand, was das Befestigen hoher Gegenstände deutlich vereinfacht. Zudem ist die Fläche mit kratzresistentem Kunststoff beschichtet.
Und voll beladen verbessert sich auch sein Fahrkomfort. Ohne Beladung hoppelt die hintere Starrachse doch deutlich und die Blattfedern tun ein Übriges, um den Fahrkomfort auf längeren Strecken an den Rand des Zumutbaren zu bringen. Zudem ist die Vorderachse wenig feinfühlig, wenn es ums Wegfiltern kleiner Querfugen geht.
Gut im Gelände
Aber für die Langstrecke ist er auch nicht gemacht, für die Stadt genauso wenig. Die knapp 14 Meter Wendekreis prädestinieren den Navara eher für die Prärie, nicht für die City. Für Offroad-Passagen empfiehlt sich dann auch der per Drehknauf vor dem Schaltwählhebel aktivierbare Allradantrieb, der auf die Vorderachse starr zuschaltet. In diesem Modus sollte man jedoch nur auf losem Untergrund fahren, denn Verspannungen gehören im 4x4-Modus zum guten Ton.
Eine optional erhältliche Hinterachs-Differenzialsperre (620 Euro) vervollständigt mit der serienmäßigen Untersetzung das Allrad-Ensemble und macht den Nissan Navara voll geländetauglich. In diesem Terrain setzen eher die Reifen oder der lange Radstand von 3,2 Meter die Grenzen des Machbaren. Denn gut 21 Zentimeter Bodenfreiheit und 45 Zentimeter Wattiefe sind eigentlich ausreichend, um auch üble Passagen zu meistern.
Dabei sind die montierten Conti CrossContact auch auf geteerten Wegen nicht der Weisheit letzter Schluss, wie ein Bremsweg von 44 Metern aus Tempo 100 beweist. Immerhin halten die Stopper, die hinten – wie bei Pickups üblich – Trommel gebremst sind, auch mehrere Gewaltbremsungen klaglos aus.
Technische Daten
Marke und Modell | Nissan Navara 2.5 dCi DPF | |
---|---|---|
Double Cab LE | ||
Motor | ||
Hubraum (ccm) / Bauart | 2.488 / R4 | |
Leistung (kW / PS) | 140 / 190 | |
Drehmoment (Nm) / Umdrehungen | 450 / 2.000 | |
Antriebsart | Heck + Front zuschaltbar | |
Getriebeart | 5-Gang-Automatik | |
Abmessung und Gewicht | ||
Länge/Breite/Höhe (mm) | 5.296 / 1.848 / 1.802 | |
Radstand (mm) | 3.200 | |
Wendekreis (m) | 13,8 | |
Leergewicht (kg) | ab 2.175 | |
Kofferraum (minimale Länge x Breite) | 1.487 x 1.130 | |
Bereifung Testwagen | 255/65 R17 Conti CrossContact | |
Verbrauch | ||
Krafstoffart | Diesel | |
Kombiniert laut Werk (l/100km) | 9 | |
CO2-Emissionen (g/km) / Abgasnorm | 238 / Euro 4 | |
AS24-Verbrauch (l/100km) | 11 | |
Fahrleistungen | ||
Werksangabe 0-100km/h (s) | 10,7 | |
AS24-Sprint 0-100km/h (s) | 11,1 | |
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) | 44,4 | |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 178 | |
Preise | ||
ab (Euro) | 35.299,00 | |
Empfohlene Extras | Bei der Top-Ausstattung keine | |
Weitere DatenWeitere Daten |
Fazit
Den Nissan Navara muss man brauchen. Wer ihn einfach nur cool findet, wird schnell die Nase voll von ihm haben. Schwerfällig sein Auftritt, behäbig sein Wesen – zumindest auf der Straße. Sollte eines seiner Hauptaktionsradien aber unbefestigte Wege beinhalten, wendet sich das Blatt.
Wer dann noch einen starken Diesel samt vernünftiger Ladefläche, toller Zuladung und ein kräftiges Zugpferd sucht, wird beim Navara vor allem mit der Automatik fündig. Allerdings ist er kein Schnäppchen. In der getesteten Top-Version werden 35.299 Euro fällig. Wer auf Schnickschnack verzichten kann, bekommt den Doppelkabiner 2.5 dCi mit Rußfilter jedoch bereits ab 27.750 Euro.