Ob die biedere Limousine mit ihren inneren Werten überzeugen kann, haben wir bei unserer ersten Testfahrt ausprobiert. Was früher einfach nur Mitsubishi Lancer hieß, bekommt heute den hochtrabend Beinamen Sports Sedan, zu deutsch: Sportlimousine. Die Designer haben den Begriff Sedan, also Stufenheck, mehr als wörtlich genommen. Kantig und abgehackt wirkt das nahezu senkrecht abfallende Heck und erweckt einen durchaus biederen Eindruck. Mit 400 Litern Kofferraumvolumen bietet das kurze Ende zudem ein nicht mehr als durchschnittliches Fassungsvermögen. Im nächsten Jahr wird immerhin eine Fließheckversion folgen, die mehr Gepäckraum mitbringt und dem deutschen Geschmack deutlich mehr entsprechendes wird.
Der im Namen verhießene sportliche Charakter kommt, was das Design betrifft, zumindest an der Front zum tragen. Mit scharf gezeichneten Scheinwerfern, der ausgeprägten Haifischnase und breiten Lufteinlässen wirkt der Mitsubishi in der Vorderansicht aggressiv und dynamisch. Diesen Auftritt in den Innenraum zu transportieren, wäre schick und logisch zugleich, ist den Konstrukteuren aber nicht geglückt.
Biedere Wiederholung
Der Gefahr der Wiederholung durchaus bewusst, lässt sich das Interieur am besten mit einem einzigen Wort beschreiben: bieder. Den klassischen Rundinstrumenten sollen zwei wuchtige Hutzen sportlichen Atem einhauchen, die Mittelkonsole schwingt sich ausladend zwischen Fahrer und Beifahrer. Es wirkt aufgeräumt, übersichtlich und nicht unschick. Aber bieder. Daran haben zum Großteil die verwendeten Materialien Schuld. Hartplastik, wenn auch gut verarbeitet, das aus einer anderen Zeit zu stammen scheint.
Immerhin die beiden Sitze in der ersten Reihe sorgen für einen Hauch Sportlichkeit, zumindest ab der Ausstattungsvariante Intense die serienmäßig ein strafferes Fahrwerk und ebensolche Sessel mitbringt. Mit ausgeprägten, festen Seitenwangen halten sie die Passagiere sicher fest und leisten auch scharfen Kurven guten Widerstand. Käufer der beiden niederwertigeren Versionen müssen sich mit weicherem Gestühl abfinden. Ein höhenverstellbares Lenkrad sucht man bei Mitsubishi immer noch vergebens, doch nach einigem Ausprobieren ist die passende und für große Fahrer mehr oder weniger bequeme Sitzposition gefunden.
Vorerst nur mit Diesel
Je nach Ausstattung ist die Zeit des Zündschlüssels auch bei den Japanern passé, stattdessen steckt ein Plastikknubbel im Zündschloss. Ein Dreh daran erweckt den Motor zum Leben und, oh Wunder, es klingt nach Diesel. Nicht immer war es bei Mitsubishi üblich schon bei der der Markteinführung - oder gar überhaupt - einen Selbstzünder anzubieten. Doch dieser soll nun auf dem europäischen Markt und insbesondere in Deutschland wieder punkten. Dort hat der Lancer zuletzt keine großen Absatzzahlen mehr einfahren können.
Der bei VW eingekaufte, serienmäßig partikelgefilterte 2,0-Liter-Pumpe-Düse-Motor scheint auf seine wichtige Aufgabe derart stolz zu sein, dass er keinen Hehl aus seinem Brennverfahren macht. Munter tuckert, nagelt und dröhnt das Aggregat drauf los, dass es jedem Dieselfan das Herz zerreist. In Sachen Geräuschdämmung haben die Asiaten noch Potenzial, das gilt übrigens auch für die Windgeräusche.
Wolfsburger Zugpferd
Ungeachtet davon setzt das Wolfsburger Aggregat den Lancer zügig in Bewegung, wenn erst mal das Turboloch unterhalb der 2.000 Touren-Grenze überwunden ist. Danach schlägt die Kraft der 310 Newtonmeter beherzt zu, fällt über die Kurbelwelle her und macht sich auf den Weg an die Vorderräder. Ein etwas hakeliges Sechsgang-Getriebe übernimmt die Verwaltung der Kraft, in 9,6 Sekunden sollen so 100 km/h erreicht sein. Mit einem etwas ungenauen, aber gut abgestuften Sechsganggetriebe soll der Lancer eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 207 erreichen.
Eine Benzinversion wird Mitsubishi nicht vor Frühjahr 2008 anbieten. Der 1,8 Liter große Vierzylinder leistet 143 PS und ist in der Mitsubishi-Palette kein Unbekannter. Neben dem serienmäßigen manuellen Fünfganggetriebe will Mitsubishi für den Benziner ein stufenloses Automatikgetriebe anbieten. Später sollen sowohl eine 240 PS starke Ralliart-Ausführung sowie der - mittlerweile legendäre - Lancer Evolution mit 295 PS folgen. Um die üppige Kraft auf die Straße zu bringen sind beide serienmäßig Allradgetrieben.
Zwei Abstimmungen
Wenngleich die beiden Topmodelle noch sportlicher abgestimmt werden, ist auch der Standard-Lancer schon ausreichend straff - zumindest in der Sportausführung die die Versionen Intense und Instyle mit sich bringen. Mit wenig Seitenneigung, dafür aber spürbarem Durchschlagen von Querfugen und Gullideckeln, lässt sich der Mitsubishi präzise um die Kurve bewegen. Die weichere Basisversion bietet mehr Komfort, der aber mit einem stärkeren Hang zum Untersteuern bezahlt wird. Schon ab der Einstiegsversion Inform hat der Lancer ein Stabilitätsprogram (MASC) an Bord.
Neben den vier Ausstattungslinien bietet Mitsubishi kaum Sonderzubehör an. Zwar können Extras höherwertiger Linien auf besonderen Wunsch vom Händler auch in den günstigeren Versionen nachgerüstet werden, doch lohnt sich der Aufwand schon aus ökonomischer Sicht kaum: Der Umbau ist meist teuerer als der Aufpreis für die bessere Ausstattungsvariante. So einfach und übersichtlich damit die Auswahl für den Kunden wird, so oktroyiert sie dem Käufer auch feste Kombinationen. Wer beispielsweise ein ab Werk installiertes Navigationsgerät wünscht, muss zur Topversion Instyle greifen, und kauft damit auch das schlüssellose Zugangssystem, das Sportfahrwerk und ein Audiosystem ein - ob er will oder nicht.
Fazit
Mit dem 4,57 Meter langen Lancer rangiert Mitsubishi - rein größentechnisch - am oberen Ende des Kompaktsegments und klopft an die Tür der Mittelklasse. Um dort eingelassen zu werden, ist der Lancer allerdings zu schlicht, zu unaufregend. Oder kurz: zu bieder. Die Japaner liefern gute Qualität, beschwerdefreies Fahrverhalten und umfangreiche Serienausstattungen. Der von VW eingekaufte Diesel überzeugt mit kräftigem Durchzug - wenngleich er mit 6,1 Liter angegebenem Durchschnittsverbrauch nicht gerade sparsam ist. Wer allerdings nach Stil, Ausstrahlung und Individualität sucht, wird beim Lancer nicht fündig.