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Test: Mercedes-Benz CLA 180 – Keiner für alle

Die einen entzückt er mit seinem extrovertierten Auftritt, die anderen sehen in ihm den Untergang der Nobelmarke, kurzum: am Mercedes-Benz CLA scheiden sich die Geister. Fakt ist: Die Limousine auf A-Klasse-Basis will es ganz sicher nicht allen recht machen. Und das ist gut so.

Langweilig, hieß es einhellig von Seiten der Journaille, als der neue VW Golf präsentiert wurde. Wolfsburg hatte seinen Anspruch, allen zu gefallen, mit der siebten Ausgabe des Kompakt-Klassikers wieder einmal auf die Spitze getrieben; keine Ecken, um sich daran zu stoßen, keinen rauen Flächen, um sich an ihnen zu reiben. Mercedes macht es gänzlich anders – und wird dafür natürlich auch gescholten.

Zweigleisige Strategie

Statt ein Auto für alle zu bauen, setzt Mercedes in neuester Zeit auf eine zweigleisige Strategie. Zielten A- und B-Klasse früher auf die gleiche, eher konservative Klientel, so haben sie mittlerweile unterschiedliche Käufergruppen im Blick: Der A peilt die jungen Wilden an, der B die eher gesetzteren Kunden. Genauso verhält es sich beim auf der A-Klasse basierenden CLA und der C-Klasse. Während letztgenannte als Biedermann für die „Das-letzte-Auto-soll-ein-Mercedes-sein“-Generation herhalten muss, will der CLA den aufstrebenden Mitdreißigern den Einstieg in die Welt mit Stern versüßen.

Beide verfolgen ihr Ziel mit weitgehender Konsequenz, sind keine Ja-aber-Lösungen, sondern positionieren sich bewusst an den Rändern; da sind Spannungen vorprogrammiert. Wir haben uns den neuen CLA näher angesehen, und auch bei uns in der Redaktion gehen die Meinungen auseinander: „Ich würde mir immer die C-Klasse kaufen“, bringt es mein Kollege auf den Punkt. Soll er mal machen, ich aber bekenne mich gern zum CLA.

Neue Wege

Freilich, das so genannte „viertürige Coupé“ – das eigentlich ein Widerspruch ist, denn einschlägige Lexika definieren den Begriff Coupé als „geschlossenen, zweitürigen Pkw“ – weicht ab vom bisher gekannten Mercedes-Bild: Gediegen, durchaus selbstbewusst, aber nicht exzentrisch, mit großen, planen Flächen und nur nicht zu vielen Schnörkeln. Der CLA macht, wie schon sein großer Bruder CLS, der übrigens als das wilde Pendant zur E-Klasse gelten darf, alles anders, tritt mit einem „lauten“ Design an, schreit: Seht her, hier bin ich!  

Die Front ist aggressiv gezeichnet, mit markanten Scheinwerfern und einem großen Kühlergrill, dazu eine lange Haube, zahlreiche Sicken und Kanten in der Seitenansicht, eine schmale, fast schon halbkreisförmige Fenstergrafik und ein kurzes, knackiges Heck mit Spoileransatz. Vor allem die Rückansicht lässt Zweifel aufkommen, ob man mit dem 4,63 Meter langen CLA in den Urlaub fahren kann, doch gehen hier durch eine zugegeben ziemlich enge Öffnung sage und schreibe 470 Liter rein. An weit nach hinten gerutschte Gepäckstücke kommt man in dem flachen und tiefen Laderaum allerdings nur mehr schwer ran.

Lieber vorne als hinten

Ebenfalls schwer, zumindest etwas umständlicher als bei der C-Klasse, kommt man auf die Rückbank. Der Türausschnitt ist ziemlich klein und müssen sich lange Fahrgäste ein wenig durchschlängeln. Hat man aber einmal in den Fond gefunden, sitzt es sich dort recht ordentlich und die Kopffreiheit ist weit weniger eingeschränkt, als man von außen vermuten möchte. Fürstlicher aber sitzt man in der ersten Reihe, wo für Fahrer und Beifahrer ausreichend Platz ist und auch Großgewachsene finden, dank umfangreicher Einstellmöglichkeiten, schnell die richtige Position auf den eng geschnittenen Sitzen. Einzig die in die Fauteuils integrierten Kopfstützen können für Sitzriesen zum Problem werden.

Egal, ob junger Wilder oder eher betagter Pensionär – zurechtkommen werden beide im CLA. Zwar ist das tadellos verarbeitete Cockpit, dass quasi dem der A-Klasse gleicht, modern gestaltet und rühmt sich mit Sportwagenanleihen wie den runden Lüftungsdüsen, doch sind alle Bedienelemente logisch angeordnet und gut zu erreichen. Vieles ist da, wo es eben bei Mercedes ist; zum Beispiel die elektrische Sitzverstellung in der Tür. Und das Meiste wird ohnehin über den Comand-Drehregler vor der Armlehne oder den iPad-ähnlichen Bildschirm auf der Mittelkonsole gesteuert. Etwas antiquiert aber durchaus praktisch: Mercedes verzichtet auch beim CLA nicht auf die Direktwahl-Zifferntasten: Einen einfacheren Weg gibt es nicht, um den Radiosender zu wechseln.

Vermissen kann man im CLA ein paar Ablagen beziehungsweise größere Fächer. Es gibt die nicht wirklich geräumige Mittelarmlehne, zwei Cupholder, die allerdings für größere Gefäße oder Wasserflaschen schnell zu klein sind, und man kann den Aschenbecher umfunktionieren; dazu zwei relativ enge Türtaschen und ein nicht gerade großes Handschuhfach. Gepäcknetze an den Rückseiten der Vordersitze gibt es außerdem nur gegen Aufpreis.

Geschmeidiger Basismotor

Nichts vermissen lässt dagegen der Basismotor, den wir zum Test baten. CLA 180 steht auf dem Heckdeckel. Das bedeutet zum einen, dass mindestens 28.976 Euro an Daimler überwiesen werden müssen. Zum anderen, dass unter der Haube ein Vierzylinder-Direkteinspritzer mit 1,6 Litern Hubraum und Turboaufladung steckt. Das auf den Namen M 270 lautende Triebwerk ist so etwas wie Mercedes neues Allround-Talent; eignet es sich doch ebenso für den Quer- (A, B, CLA), wie auch Längseinbau (C, E, GLK), kann mit einer manuellen Schaltung, Doppelkupplungsgetriebe oder Wandlerautomatik gekoppelt werden und ist sogar allradtauglich.

In unserem Beispiel geht die gesamte Kraft von 122 PS und 200 Newtonmeter an die Vorderräder – was wohl der grundlegendste Unterschied zur heckgetriebenen C-Klasse ist. Verfechter des Hinterradantriebs werden sich naserümpfend vom CLA abwenden, den meisten „Alltagsfahrern“ allerdings dürfte der Unterschied nicht auffallen. Antriebsbedingte Defizite macht der CLA mit kurzem Radstand, einer mercedesuntypisch sportlicheren Fahrwerks-Abstimmung – die trotzdem noch ausreichend Komfort bietet – und einer direkteren Lenkung wett. Nur wenn man ziemlich flott über ziemlich enge Landstraßen mit ziemlich vielen Kurven heizt, kommt er hin und wieder an seine Grenzen und neigt zum Untersteuern.

Gleichmäßig wie ein Sauger

Doch zurück zum Motor: Der Turbo spricht derart schnell an, dass von einem etwaigen Loch nichts, aber auch gar nichts zu spüren ist und auch die äußerst gleichmäßige Kraftentfaltung fühlt sich mehr nach Sauger denn nach Zwangsbeatmung an. Bereits bei 1.250 Touren steht die gesamte Kraft bereit, und die reicht aus, um den knapp 1,4 Tonnen schweren CLA in 9,3 Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen; erst bei Geschwindigkeiten jenseits der 160 km/h lässt die Beschleunigung spürbar nach, bis schließlich bei 210 Sachen Schluss ist. Auch Zwischensprints sind kein Problem für den Benz, allerdings sollten die nicht im lang übersetzten sechsten Gang des manuellen Getriebes angegangen werden; mit der präzisen und gut abgestuften Schaltung sind Gangwechsel aber kein Problem und kann man sich die 2.166 Euro für das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe getrost sparen.

Der Vierzylinder gibt seine Kraft nicht nur äußerst geschmeidig ab, er läuft dabei auch noch äußerst leise und vibrationsarm. Selbst wer die serienmäßige Stopp-Start-Automatik ausschaltet, hört im Stillstand so gut wie nichts von dem Aggregat, fast ist man geneigt nachzusehen, ob er wirklich läuft. Auch bei normaler Leistungsabfrage bleibt das Triebwerk geräuschlos, nur bei stärkerer Beschleunigung wird er deutlich hörbar. Hinzu kommen äußerst geringe Windgeräusche, die nicht zuletzt dem cW-Wert von nur 0,23 zu verdanken sind, so dass auch auf langen Strecken ein hoher Akustikkomfort geboten ist.

Sparsam aber teuer

Einen weiteren Pluspunkt sammelt der CLA an der Tankstelle. Zwar haben wir den versprochenen Wert von 5,4 Litern nicht ganz erreicht, doch lässt sich der Benz problemlos mit einer Sechs vorm Komma fahren, bei gemischtem Fahrprofil. Wer nur in der Stadt unterwegs ist, muss noch einmal einen Liter drauf rechnen, doch auch damit ist der Mercedes nachwievor zufriedenstellend sparsam.

Das alles hat allerdings auch seinen Preis, und dürfte es bei den meisten Käufern nicht bei den bereits erwähnten, gut 29.000 Euro für den CLA 180 bleiben. Immerhin: Wer mit der Basismotorisierung zufrieden ist, und das kann man durchaus sein, spart sich 2.000 Euro gegenüber dem 156 PS starke CLA 200 beziehungsweise über viereinhalbtausend Euro im Vergleich zum günstigsten Diesel, dem CLA 200 CDI (136 PS).

Dieses Geld kann gut in Sonderausstattung investiert werden, denn davon bietet Mercedes reichlich an: Von umfangreichen Sicherheitsextras über ein Panoramaschiebedach, intelligentes Bi-Xenon-Licht mit dynamischer Leuchtweitenregulierung, das umfangreiche Multimediasystem mit Navi, bis hin zum Harman-Kardon-Soundsystem ist einiges im Angebot, was den Preis schnell auf 40.000 Euro ansteigen lässt. Nicht zu vergessen: Der aktive Park-Assistent, denn die Sicht nach hinten ist im CLA in der Tat bescheiden. Nicht nur mit dem CLA stellt Mercedes den Kunden die Gretchenfrage, sie müssen sich bekennen, zum stylischen, jungen Modell oder zur biederen, gediegenen Alternative. Dem Daimler kann es erstmal egal sein, für was sich die Käufer entscheiden, schließlich hat er beides im Angebot. Anstatt ein Kompromiss-Auto auf die Beine zu stellen, das jedem ein bisschen gefällt, setzen die Stuttgarter lieber auf zwei „Extreme“ und sprechen damit die jeweilige Zielgruppe direkt an.

Ob einem der CLA nun gefällt oder nicht, bleibt Geschmacksache. Fakt aber ist, dass er der etablierten C-Klasse in kaum etwas nachsteht. Zwar ist der Einstieg in den Fond etwas komplizierter, doch dürften in der Regel ohnehin maximal zwei Personen damit unterwegs sein, und hat man sich erst mal in den Fond gezwängt, sitzt man auch dort ganz gut. Qualitativ liegen beide auf dem gleichen, hohen Niveau.

Auch in Sachen Fahrdynamik braucht sich der Fronttriebler nicht hinter seinen Hinterradantriebs-Brüdern verstecken und erfreulicherweise ist schon der Basismotor ein adäquater Antrieb für den Benz. Vor allem die gleichmäßige Kraftentfaltung und die ausgesprochene Laufruhe vermögen zu begeistern, und auch der Verbrauch geht in Ordnung. Nur sind die Anschaffungskosten selbst mit dem Einstiegsmodell nicht gerade gering.

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