Es ist schon gewaltig, was die Motorentechnik dieser Tage hergibt. 310 kW/421 PS kitzeln die AMG-Ingenieure im A 45 4MATIC+ mittlerweile aus zwei Liter Hubraum und vier Zylindern, der Bauraum unter der Motorhaube wirkt ausgereizt (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 8,4 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 192 g/km²). Nicht nur der doppelt angeströmte Turbolader (mit 2,1 bar Ladedruck!) sorgt für dichtes Gedränge, zugleich muss ein technisch aufwändiges Kühlsystem verstaut werden. Doch in Affalterbach kennt man sich mit derlei Herausforderungen aus, steht der A 45 bereits in zweiter Generation bei den Händlern.
Serienmäßig sortiert ein achtstufiges AMG Speedshift Doppelkupplungsgetriebe die Gänge und leitet die Motorkraft über alle vier Räder auf die Straße. Maximal 500 Newtonmeter reißen dabei am Antriebsstrang, ganz besonders, wenn du die Launch Control aktivierst. Jenes Vergnügen ist ein besonderes, vor allem, weil du denkst, dass es dir jeden Moment das Getriebe zerreißt. Tut es natürlich nicht, doch die einschlagende Geräuschkulisse ermahnt zum sparsamen Umgang mit jener Funktion.
Was nach dem Loslassen der Bremse geschieht ist dann allerdings im wahrsten Sinne atemberaubend. Wie der Kompaktsportler nach vorne schnalzt ist eine Wucht, nach gut 3,9 Sekunden sind im Digitaltacho 100 Stundenkilometer erreicht. Weiter rennt der A 45 S 4MATIC+ bis auf Tempo 270, dann wird sachte eingebremst. Etwas irritierend wirkt dabei der teils eingespielte Auspuffsound, der bei geöffneten Klappen irgendwo zwischen nervtötend, peinlich und süchtig machend rangiert.
Der Teenie in mir findet den Krawall ganz famos, der erwachsene Teil der Gehirnhälfte wünscht sich dagegen, dass dieser Lärm aufhört. Popps und Bangs sind beim Herunterschalten ebenfalls noch zu vernehmen und lassen weiterhin den jungen Wilden raushängen. Zahlreiche Fahrerlebniseinstellungen laden ein, den A 45 S nach deinem persönlichen Gusto einzustellen. Von bretthart und verdammt laut, bis überwiegend weich und Schwiegermutter-tauglich leise ist da alles dabei. Unerhört schnell ist der AMG gleichzeitig aber immer. Man sparte sich ein separates Effizienzprogramm, wohl auch, weil den Schwaben der Umstand bewusst war, dass es bei einem derart aufgepumpten Vierzylinder-Turbo nicht viel zu holen gibt.
Bewegst du das Kraftpaket so wie von seinen Erbauern gedacht, fließen locker flockig zwischen 15 und 20 Liter Superplus durch die Einspritzdüsen. Zurückhaltung am genoppten Alupedal ermöglichen immerhin Verbrauchswerte um neun bis 12 Liter auf 100 Kilometer. Der vergleichsweise kleine Benzintank, mit nur 51 Liter Fassungsvermögen, ist dabei der streng limitierende Faktor und so kann die schnelle Reise bereits nach nicht einmal 300 Kilometern ein jähes Ende finden.
Aber zum Spritsparen gibt es andere Motoren in der A-Klasse, der A 45 S 4MATIC+ will dagegen vor allem eines: Spaß bereiten! Und das tut er. Nach einigen Kilometern gewöhne ich mich auch an die Lenkübersetzung, die sehr direkt, aber bisweilen eine Spur zu synthetisch rüberkommt. Am Kurvenscheitel derweil ein Aha-Erlebnis: Im richtigen Moment (und am besten in der manuellen Schaltstufe befindlich) heftig aufs Gas gegangen und du animierst das Heck zum dynamischen Mitlenken.
Insgesamt sind die Regelprogramme der A-Klasse einfühlsam und in den Sportmodi mit etwas lockeren Zügeln programmiert worden, wahlweise (und auf geschlossener Strecke) kann das ESP gänzlich deaktiviert und der Drift-Mode aktiviert werden. Auch hier bleibt der AMG zunächst sehr neutral, doch sind jetzt fahrdynamische Grenzgänge möglich. Die beiden elektronisch gesteuerten Lamellenkupplungen im Hinterachsgetriebe leisten in diesen Momenten Schwerstarbeit. So wird die Motorleistung nicht nur zwischen vorne und hinten geregelt, sondern mittels Torque Vectoring auch zwischen dem linken und rechten Hinterrad verteilt. Äußerst vehement beißt indes die üppig dimensionierte Stahlbremse zu – eine Keramikeinheit steht nicht zur Wahl.
Fahren tut sich der Mercedes-AMG A 45 S 4MATIC+ also ziemlich gut, doch wie ist es um die inneren Werte bestellt? Schöner Wohnen by AMG heißt im Falle unseres Testwagens, dass das Performance-Sitz-Paket High End verbaut ist. Da kann man selbst als großgewachsener Autobeschreiber nicht meckern, lässt sich das Gestühl doch weitrechend verstellen und bietet eine tolle Sitzposition. Per optionalem Energizing Paket Plus lässt sich zudem ein Sitzkinetik-Programm (eine Art Rückenschonfunktion) abrufen.
Das AMG Performance Lenkrad in Nappaleder darf es ebenfalls gerne wieder sein, wobei es an anderer Stelle zwickt. Denn obwohl die A-Klasse mit den Jahren gewachsen ist, fehlt es im Fußabteil an Seitenraum. Das rechte Bein liegt unweigerlich am Mitteltunnel auf und beginnt irgendwann zu schmerzen. Daneben fällt allerdings auf, dass sich Mercedes weiterhin Gedanken über die Materialanmutung macht und hier sehr viel Detailarbeit erkennen lässt. Was dann aber gar nicht geht ist ein dauerhaft (und insbesondere auf Kopfsteinpflaster) knarzendes bis schepperndes Armaturenbrett.
Sicherlich lässt sich dieser Umstand nicht verallgemeinern, die eher umständliche Bedienung allerdings schon. Zwar hat man endlich die steinalte (und langsame) Comand-Einheit in Rente geschickt und bietet mit dem neuen MBUX-System (Mercedes-Benz User Experience) ein Benutzeroberfläche nach Stand der Technik. Die Bedienung an sich wurde aber nicht einfacher. Mittlerweile kann auch bei Mercedes am hochauflösenden Display getoucht werden, alternativ gibt es ein Touchpad in der Mittelkonsole (hat schon bei Lexus nicht funktioniert), zahlreiche Knöpfe auf dem Lenkrad und natürlich die Sprachbedienung.
Meiner Meinung nach wäre hier weniger mehr gewesen. Dabei meine ich nicht das Weniger, welches Volkswagen derzeit mit MIB3 verfolgt. Aber einfach alle technisch möglichen Nutzerschnittstellen anzubieten kann keine Lösung sein. So hangelt Mercedes zwischen Vergangenheit und Moderne, die beiden weiteren Touchfelder am Lenkrad sind in der Handhabung fummelig, die Informationsflut der Displaylandschaft wirkt stellenweise kleinteilig und überfordernd. Wenn du beispielsweise deinen momentanen Spritverbrauch angezeigt haben willst, bist du mit den Augen mehrere Sekunden nicht auf der Straße.
Hingegen gut von der Hand – oder vielmehr von der Lippe – geht die Sprachbedienung. Komfortfeatures lassen sich souverän bedienen, die Eingabe wird meist sehr schnell umgesetzt. Auch das optionale Burmester Soundsystem klingt stark und erzeugt im Zusammenspiel mit der umfangreichen Ambientebeleuchtung, gerade nachts, ein angenehmes Wohlfühlambiente.
Überwiegend ohne Sorgen arbeiten auch die Assistenzsysteme im A 45 S. Mit überwiegend ist gemeint, dass der Frontkolissionswarner etwas arg nervös reagiert und dass sich der adaptive Tempomat bei einer Testfahrt (ohne Fehlermeldung und bei bestem Wetter) nicht aktivieren ließ.
Was für eine Rakete! Der Mercedes-AMG A 45 S 4MATIC+ lässt fahrdynamisch kaum Wünsche übrig, geht nicht nur schnell vorwärts, sondern ebenso flink ums Eck. Die Quittung gibt es allerdings beim nächsten Tankstopp. Denn besonders sparsam geht der Schwabe mit den Spritreserven nicht um und genehmigt sich bei artgerechter Haltung gerne 15 Liter und mehr. Ebenso happig ist der Einstandspreis von mindestens 61.103 Euro (inkl. 16% MwSt.). Der Innenraum überzeugt durch wertige Materialien, die hochaufgelöste MBUX-Displaylandschaft gefällt, dürfte aber an Bedienqualität zulegen. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)