Groß wie ein Porsche Cayenne, aber verbrauchsarm wie ein Mitteklassewagen? Dass diese Attribute zusammengehen können, will der Lexus RX in seiner aktuell vierten Generation beweisen. Bereits seit der zweiten Auflage ab 2006 ist der Edel-Japaner als Hybrid erhältlich, seit 2015 (mit einem Mini-Facelift 2019) steht das hier zu sehende Modell bei den Lexus-Händlern. Dabei sieht der Hersteller trotz des eigenen Bekenntnis zu kleineren oder gar vollelektrischen Antriebsarten im RX 450h von beidem ab. Unter der Haube arbeitet sodann ein altgedienter 3,5-Liter-V6-Sauger, der trotz gegenteiliger Beteuerungen seitens Lexus wohl in weiten Teilen bereits im Vorgänger seinen Dienst geleistet haben dürfte (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,2-6,1 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 140-137 g/km)².
193 kW/263 PS und maximal 335 Newtonmeter stemmt der nach dem Atkinson-Prinzip arbeitende Benziner und wird im intelligenten Zusammenspiel von gleich zwei Elektromotoren unterstützt. Hinten sorgen maximal 50 kW für den elektrischen Allradantrieb „E-FOUR“, vorne kommt ein weiterer 123 kW-Motor zum Einsatz, der maßgeblich den Verbrenner unterstützt. Wer nun den Taschenrechner auspackt summiert 366 kW als vermeintliche Gesamtleistung, unterm Strich sind es aber nie mehr als 230 kW oder 313 PS, die bereitgestellt werden. Sie genügen, um den rund 2,3 Tonnen schweren Wagen annehmbar fortzubewegen, sportliche Fahrleistungen dürfen gleichzeitig nicht erwartet werden.
Das liegt vor allem am stufenlosen Planetengetriebe, das ohne Zugkraftunterbrechung betont komfortliebende Gemüter anspricht. Der gern zitierte Gummibandeffekt des CVT-Automaten beim Beschleunigen wurde seit der Neuauflage 2015 zwar spürbar reduziert, der Eindruck einer eher trägen Fortbewegung konnte aber nicht vollends abgestellt werden. Geblieben ist hingegen der Verbrauchsvorteil gegenüber dem klassischen Verbrenner und – je nach Einsatzgebiet – auch gegenüber einem ausgewachsenen Plug-in Hybrid.
So kamen wir im Testmittel auf einen Verbrauch um acht Liter auf 100 Kilometer, wobei ein nicht unerheblicher Teil der Routen auf Autobahnen und Landstraßen entfielen. Je langsamer und urbaner der Lexus RX 450h jedoch bewegt wird, desto sparsamer wird er. Das liegt am ausgeklügelten Hybridsystem, das über eine 1,87 kW kleine Nickelmetallhybrid-Batterie gespeist wird. Die nötige Energie zweigt sich der Akku derweil vom Verbrenner ab oder nutzt zum Rekuperieren Ausroll- und Bremsvorgänge. Schnell ist der kleine Stromspeicher geladen und lässt den Lexus bis zu drei Kilometer rein elektrisch fahren. Das geht nur bis gut 50 km/h und klappt meist auch nicht ab dem morgendlichen Kaltstart – ist aber so auch nicht gedacht.
Vielmehr sind die drei Herzen des RX 450h so verzahnt, dass sie während der gesamten Fahrt und unter möglichst allen Betriebszuständen einen niedrigen Verbrauch generieren. Etwas, das zum Beispiel Plug-in Hybride nach dem Leerfahren ihrer größeren und schwereren Batterien meist nicht bewerkstelligen können. Für die Machart des Lexus RX 450h etwas nachgiebiger hätten wir uns allerdings das Stahlfahrwerk gewünscht. Es lässt zwar ansatzweise einen komfortablen Charakter erkennen, wirkt aber insbesondere über brüchigen Asphalt zu kurz angebunden und patzt mit stuckernden Einlagen. Weitestgehend gefühllos fällt zudem die Lenkung aus, was im Zusammenspiel mit der durchaus rollenden Karosse in Kurven eine gewisse Souveränität vermissen lässt.
Mit viel Erfahrung und Können haben die Japaner indes in den Innenraum zusammengebaut. Alles sitzt, passt und bietet die sprichwörtliche Luft. Die Qualität der feinnarbig gelochten Ledersitze ist über jeden Zweifel erhaben, so auch das Platzgefühl in der ersten Sitzreihe. Trotz einer Länge von 4,89 Meter geht es allerdings hinten durchaus beengter zu und auch der Kofferraum mit der früh abfallenden Dachlinie fasst lediglich 539 Liter. Der wohl größte Kritikpunkt ist und bleibt aber die Bedienung der Infotainmenteinheit. Das von Lexus mittlerweile bekannte Touchpad ist in der Handhabung bereits im Stand umständlich und kann während der Fahrt eigentlich nicht ruhigen Gewissens genutzt werden. Da nützt es auch nicht, wenn das zentrale Display mittlerweile um eine Touchfunktion erweitert wurde – es liegt außerhalb der normalsitzenden Erreichbarkeit.
Der Lexus RX 450h überzeugt vor allem durch seinen harmonisch abgestimmten sowie im Realbetrieb sparsamen Vollhybridantrieb. Auch durch die Eigenarten des stufenlosen CVT-Getriebes richtet sich der Nobel-Toyota damit klar an Reisende mit einem überschaubaren Drang nach Geschwindigkeit. Die bequemen Ledersessel sowie das Raumgefühl gefallen, wenig überzeugend fällt dagegen die Bedienung via Touchpad aus. Nahe der 80.000 Euro bleibt der Lexus damit ein teures Kleinod, dessen Ecken und Kanten man ganz bewusst zu schätzen wissen muss. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)