Genau genommen flunkern wir mit unserer Überschrift ein wenig. Denn sind wir nicht den Range Rover V8 Diesel „D340“, sondern noch den alten „SDV8“ gefahren (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 8,4 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 219 g/km²). Abgesehen von der neuen Nomenklatur, welche direkt auf die Motorleistung hinweist, geht es jedoch um den gleichen Motor. Wir nehmen an dieser Stelle vorweg, dass der D340 bei Range Rover und Range Rover Sport zwar bis Mitte August noch im Konfigurator stand, mittlerweile aber nicht mehr bestellbar ist. Beinahe zeitgleich mit Volkswagen, die den V8 Diesel im Touareg beerdigen, verzichten also auch die Engländer auf einen Achtzylinder-Selbstzünder (Kraftstoffverbrauch kombiniert 7,4 l/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 195 g/km²). Die Ära der großvolumigen Diesel geht damit zu Ende, denn auch Audi stellt die V8 TDIs für A8 und SQ7/SQ8 demnächst ein (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,8-7,2 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 206-189 g/km²).
Der letzte V8-Turbodiesel
Nun denn: Zeit für einen Nachruf, möglicherwiese für eine Kaufempfehlung der letzten Range Rover D340 (SDV8) Modelle. Beerbt wird der Top-Diesel durch einen 10 PS stärkeren Reihensechszylinder-Diesel mit Mild-Hybrid-Technik namens D350 (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 8,5-8,4 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: ab 220 g/km²). Kann man mögen, wird im Alltag kein Nachteil sein, bietet aber kaum die Faszination eines hubraumstarken V8 Aggregats. Neben viel motorentechnischer Folklore offeriert der, wir bleiben einmal bei der alten Motorenbezeichnung, SDV8 allerdings jenes adäquates Leistungsgefühl, welches von einem Range Rover erwartet wird. Das mag altbacken, gar ewig gestrig klingen. Doch gibt es Autos, die leben von einem gewissen Charme, den downgesizte und abgastechnisch zurechtgestutzte Antriebe nicht zu bieten haben. Wir wollen festhalten: Die 823 von Januar bis Juli 2020 in Deutschland erstzugelassenen Range Rover (454 mit Dieselantrieb) werden bei der weltweiten Klimafrage nicht kriegsentscheidend sein.
Bäriger Motor, perfektes Getriebe
Allen voran nicht, wenn hierzulande im gleichen Zeitraum beispielhaft 6.319 BMW X5 erstzugelassen wurden. Selbst der wuchtige BMW X7 konnte mit 971 Neuzulassungen öfters an den Mann beziehungsweise die Frau gebraucht werden. Eine Entschuldigung, um weiterhin nichts für die Umwelt tun zu müssen? Gewiss nicht. Aber eine Einordnung der Größenverhältnisse, von denen wir hier schreiben. 339 PS und 740 Newtonmeter Drehmoment stemmt der 4,4 Liter große Motor derweil auf die Kurbelwelle, verteilt seine Kraft über ein perfekt abgestimmtes 8-Gang-Wandlergetriebe von ZF an alle vier Räder und eilt bis zu einem Spitzentempo von 218 Stundenkilometer. Die Sprintzeit von null auf 100 km/h ist für so ein Auto zwar belanglos, die 7,2 Sekunden laut Datenblatt wollen wir dennoch nicht unterschlagen.
Land Rover V8 ohne Gedenksekunde
Leise grummelnd verharrt der V8-Turbodiesel nach dem Kaltstart im Drehzahlkeller, Vibrationen sind, wie auch während der gesamten Betriebszeit, kaum wahrzunehmen. Platzgenommen im hohen Range Rover, fühlst du dich direkt wie der Kapitän einer Luxusyacht. Über den Dingen schwebend, abgekapselt von der Außenwelt und dennoch im Bewusstsein, mächtig viele Pferdestärken zu befehligen. Anders als etwa beim VW Touareg V8 TDI (hier im Test), gibt es beim Schiffsdiesel im Range Rover keine ausgeprägte Gedenksekunde zu vermelden. Der Druck aufs Gaspedal wird sogleich in Beschleunigung umgesetzt, jedoch nicht so vehement, wie es die Leistungsdaten auf dem Papier vielleicht vermuten lassen. Doch schimpft sich ein echter Range Rover auch nicht „Sport“ Utility Vehicle, sondern, wie die Mercedes G-Klasse, weiterhin als echter Geländewagen mit gewissen Reisequalitäten.
Natürlich kann der Range Rover offroad, aber…
Zugegeben: Wer mit einem über 150.000 Euro teuren Range Rover Autobiography in den Offroadpark fährt muss A zu viel Geld haben oder B ihm muss alles egal sein, was wiederum zu A führt. Das Gefühl abseits geteerter Pisten wahrlich etwas reißen zu können, kann allerdings ein sehr beruhigendes sein. Unzählige elektrische Helferlein, der permanente Allradantrieb und natürlich das zweistufige Verteilergetriebe halten den „Rangie“ im Zweifel in der Spur, die Bodenfreiheit lässt sich bis 30 Zentimeter erhöhen und die maximale Wattiefe liegt bei rund 90 Zentimeter. Letzteres nur für den Fall, dass die Zugbrücke zum eigenen Anwesen defekt ist. In aller Regel werkeln jene Systeme im Hintergrund, einzig das luftgefederte Adaptivfahrwerk setzt sich öfters in Szene.
Beeindruckender Federungskomfort, schwache Lenkung
Es beeindruckt trotz der 22 Zoll großen Räder des Testwagens durch seinen hohen Federungskomfort und schluckt größere Verwerfungen, als wäre die eben befahrene Schlaglochpiste frisch geteert. Auf der anderen Seite sorgt jene Komfortorientierung dafür, dass das Handling des Range Rovers betont diffizil ausfällt. Selbst wer das Terrain Response System auf Dynamic bemüht, wird es beim Kurvenfahren eher gemächlich angehen lassen. Das liegt auch an der Lenkung, die, leichtgängig wie sie ist, zwar das Zirkeln in engen Parkhäusern erleichtert, auf offener Straße aber sehr gefühllos erscheint. Mit wenig Rückmeldung versehen stochert das Holz-Leder-Volant im Leeren herum, was sogar auf der gerade geführten Autobahn für ein merkwürdig entkoppeltes Fahrverhalten sorgt.
Testverbrauch 9,7 Liter Diesel auf 100 Kilometer
Das mangelnde Lenkgefühl wird im Fahrkapitel allerdings der einzig wahre Kritikpunkt bleiben, vor allem, da der Range Rover Rover SDV8 Autobiography an anderer Stelle für Wiedergutmachung sorgt. Geradezu bemerkenswert für einen 2,6 Tonnen schweren Geländegänger, mit all der verbauten Offroad-Technik, ist der Durchschnittsverbrauch. 9,7 Liter Diesel auf 100 Kilometer (lt. Bordcomputer) rekapitulierten wir nach zwei Testwochen. Der ähnlich starke P400 (Benziner) im kleineren Range Rover Sport nahm sich da, trotz milder Elektrifizierung, durchwegs mehr Kraftstoff. Äpfel mit Birnen verglichen? Mit Sicherheit. Da die Selbstzünder im Generellen aber schrittweise durch eben diese Ottomotoren abgelöst werden, bedarf es zumindest einer ebenso sinnfreien Einordnung. Denn unterm Strich bleibt ein Diesel für diese Fahrzeugklasse die noch sinnvollere Motorisierung.
Clubhaus auf Rädern
Bleibt der Blick in den Innenraum. Die Clubhaus-Atmosphäre ist nur schwerlich zu toppen, was selbstverständlich auch am Autobiography-Trimm liegt. Kostete der Range Rover Vogue samt V8-Turbodiesel in Deutschland zuletzt ab 122.200 Euro, musste man für die höchste Ausstattungslinie bereits sage und schreibe 140.900 Euro hinblättern. Ab dann ist nach persönlichem Gusto noch Luft für SVO Design Pakete, besonders teure Lacke (Portofino Blau ist da noch günstig) oder ein großes Entertainmentpaket. Interessenten eines Range Rovers sei gesagt: der Engländer kann ohne Geschmack ziemlich verhunzt werden, mit etwas Gespür für Farben und Materialien gelingt es aber genauso gut ihn zum persönlichen Einzelstück herzurichten. Fahrzeugpreise um 180.000 Euro sind dann schnell erreicht.
Hochwertige Verarbeitung, eingeschränkte Flexibilität
Die generelle Verarbeitung im Innenraum gefällt, das Infotainment-System ist über die Jahre spürbar besser geworden, dürfte an mancher Ecke aber noch intuitiver zu bedienen sein. Beim Fahrzeugstart (auch aus der Warmphase heraus) nerven längere Ladezeiten, die Bildschirme bleiben teils länger schwarz. Lademeister sollten beachten: Serienmäßig fährt der Range Rover Autobiography in der zweiten Sitzreihe mit einer ausklappbaren Mittelkonsole vor, die zwar bemerkenswert aussieht und den Reisekomfort steigert, die durch ihre ausladende Technik aber gleichzeitig dafür sorgt, dass bei umgelegten Rücksitzen ein steiler Ladeboden entsteht und die Kopfstützen den Bewegungsfreiraum der Vordersitze einschränken.
Tirefit? Ersatzrad!
Land Rover selbst gibt das Ladevolumen derweil mit 707 bis 1.943 Liter an. Schmunzeln mussten wir bei einem Blick unter den doppelten Ladeboden. Löblich zwar, dass Land Rover im Range Rover weiterhin ein 20 Zoll Notrad anbietet, doch wer soll das gewichtige Teil dort herauswuchten? Ansonsten gilt: Platz ist im Range Rover nicht nur für Reifen, sondern natürlich auch für Menschen. Am besten reist es sich maximal zu viert, Bein- und Kopffreiheit sind vorne, wie hinten fürstlich vorhanden und wer noch mehr Länge wünscht, kann den Range Rover auch weiterhin als Langversion bestellen.
Fazit
Schade. Auch Land Rover verwirft die V8-Turbodiesel. Kraftvoll, seidig und vergleichsweise sparsam wird uns das 4,4-Liter-Triebwerk in Erinnerung bleiben. Fortan gibt es als stärksten Diesel einen neuentwickelten 3,0-Liter-Reihensechszylinder mit Mild-Hybrid-Technik. Unabhängig von der Motorisierung merkt man dem Range Rover seine mittlerweile acht Produktionsjahre vordergründig beim Infotainment-System an. Ansonsten gilt, dass der Engländer mit viel Luxus, Fahrkomfort und einer gehörigen Prise aristokratischem Chic aufzuwarten weiß. Abstriche müssen hingegen bei der gefühllosen Lenkung und speziell beim Autobiography-Modell beim eher unflexiblen Ladeabteil hingenommen werden.
Soll ich mir jetzt noch einen V8 Diesel (als Vorführer oder jungen Gebrauchten) im Range Rover kaufen? Wenn das Bankkonto es zulässt und das persönliche Fahrprofil einen Diesel rentabel erscheinen lässt, dann spricht wenig gegen den luxuriösen Reisewagen. Maximal störend dürfte der hohe Wertverlust sein, der beim V8 Diesel noch höher ausfällt als beim Range Rover ohnehin schon. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten*
- Modell: Land Rover Range Rover D340 (SDV8) Autobiography
- Motor: Achtzylinder Diesel, 4.367 ccm
- Leistung: 339 PS (250 kW) bei 3.500 U/min
- Drehmoment: 740 Nm bei 1.750 U/min
- Antrieb: Allrad, 8-Gang-Automatik
- Verbrauch kombiniert: 8,4 l/100 km²
- CO2-Emissionen kombiniert: 219 g/km²
- Beschleunigung (0 – 100 km/h): 7,2 s
- Höchstgeschwindigkeit: 218 km/h
- Abmessungen (L/B/H): 4,99 m/2,98 m/1,84 m
- Gewicht: ca. 2.600 kg
- Tankvolumen: ca. 86 l
- Grundpreis DE: ab 122.200 Euro
*Herstellerangaben