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Kia Niro PHEV Test: Die unscheinbare Alternative

Der Kia Niro war nie ein Auto, nach dem man sich umgedreht hat. Der Neue ist da schon deutlich anders. Kantig, cool, insgesamt auffälliger. Bei den Motorisierungen wagt er sich allerdings kaum aus der Deckung: Alles wurde vom Vorgänger übernommen. Warum das ein Vorteil ist, klärt unser Test.


Der Kia Niro PHEV 1.6 GDI im Überblick


Pro

Stärken

  • - Cooles Design und saubere Materialqualität
  • - Überzeugendes Platzangebot
  • - Geringer Realverbrauch
Contra

Schwächen

  • - Eher gemütliche Fahrleistungen
  • - Eingeschränkter Kofferraum
  • - Nur einphasiges AC-Laden möglich

2023 Kia Niro PHEV-5

Die unendliche Debatte der Technologieoffenheit

Es ist schwierig die richtige Entscheidung zu treffen. Wo man früher die Wahl zwischen Benziner oder Diesel hatte, da gibt es heute plötzlich unzählige Spielarten mehr – und jede hat Fürsprecher und Widersacher. Die Automobilhersteller stehen deshalb vor der großen Herausforderung nicht nur diverse Antriebsstränge zu entwickeln und zu produzieren, sondern auch die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen. Doch am Ende kauft der Kunde nur ein Auto, auch wenn man ihm fünf Alternativen angeboten hat. Dies sorgt für dramatisch gestiegene Entwicklungskosten.

2023 Kia Niro PHEV-38

Multi-Antriebs-Plattformen sind ein Lösungsansatz – oder nur ein Kompromiss?

Eine Zuflucht bieten daher sogenannte Multi-Antriebs-Plattformen. Also technische Baukästen, die nicht nur Benziner oder Diesel aufnehmen können, sondern auch verschiedene Stufen der Elektrifizierung bis hin zum rein Batterie-getriebenen Fahrzeug. Doch schon dem Laien ist schnell klar, dass es sich hierbei nur um einen Kompromiss handeln kann. Keine Antriebsvariante wird in diesem Gemischtwarenladen ihre spezifischen Vorteile voll ausspielen können. Kia will nun mit der zweiten Generation des Niro dieses Vorurteil entkräften und zeigen, dass die Multi-Antriebs-Plattform sehr wohl eine gute Lösung sein kann. Wir haben es anhand des Kia Niro PHEV 1.6 GDI (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 1,3 l/100km; Stromverbrauch kombiniert: 13 kWh/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 36 g/km)² ausprobiert.

2023 Kia Niro PHEV-14

Der Kia Niro PHEV 1.6 GDI ist kein Biedermann mehr

Dem üblichen Trend folgend wuchs auch die zweite Niro-Generation. Mit 4,42 Metern bleiben allerdings alle drei Versionen angenehm kompakt, obwohl es zusätzliche 65 Millimeter in die Länge ging. Davon wächst der Radstand zwar nur zwei Zentimeter, dennoch wirkt der neue Niro optisch deutlich gestreckter. Die neu gezeichnete Karosserie verabschiedet sich völlig vom bisherigen Biedermann-Look und lässt den elektrifizierten Koreaner frisch und modern wirken. Gerade die Front erinnert an eine selbstbewusst-coole Interpretation des aktuellen Souls und dürfte trotz des nicht gerade unauffälligen Stylings sicher viele Freunde finden.

Die Unterscheidungsmerkmale der drei Antriebe fallen übrigens überraschend klein aus. Hybrid und PHEV sind nur an der zweiten Tankklappe des Stecker-Hybriden am vorderen Fahrerkotflügel zu unterscheiden, während der Kia Niro EV (vormals e-Niro) eine leicht geänderte Front mit mittiger Ladebuchse erhält. Auch die Aerodynamikmaßnahmen unterscheiden sich nur in Details, wie etwa einer anderen Steuerung der aktiven Luftklappen im Kühlergrill. Positive Begleiterscheinung des PHEVs: Er rollt optional auf großem Fuß, denn nur für ihn gibt es auf Wunsch 18-Zoll-Leichtmetallfelgen mit eleganter frontpolierter Optik. Sie werten vor allem die Seitenansicht des Koreaners deutlich auf.

2023 Kia Niro PHEV-12

Geräumiges Interieur mit überraschend hochwertigen Materialien

Der kompakte Niro überzeugt in der neuen Generation mit einem tollen Ambiente. Den durchgängigen Mega-Screen aus zwei 10,25-Zoll-Displays kennt man nun schon auf EV6 und Sportage. Auch im Niro macht er mächtig Eindruck und gefällt durch die gute Bedienbarkeit. Auch das Mulit-Mode-Panel, das neben der Radio- auch die Klimabedienung beherbergt, zieht nun in den Kompakten ein.

Die Bedienung ist also auf dem bekannt hohen Niveau der Koreaner. Gleiches gilt für die Materialien. Man gibt sich bei Kia Mühe, dass man den Nachhaltigkeitsgedanken auch Anfassen kann. So kommen nicht nur am Dachhimmel Recycling-Materialien zum Einsatz, sondern auch bei den Sitzbezügen. Verwendet werden wiederverwertete Papierfaser und Eukalyptusblätter. Für die meisten Kunden dürfte das aber weniger eine Rolle spielen. Vielmehr im Vordergrund steht die Haptik. Und die hat man beim neuen Kia Niro gut im Griff. Er wirkt schon beim Erstkontakt wie ein hochwertiges und modernes Auto. Damit sind die Koreaner aktuell in ihrer Preisklasse in die Spitzengruppe aufgerückt.

2023 Kia Niro PHEV-13

Im Alltag ist es dann neben dem Qualitätseindruck vor allem der Raumkomfort, der begeistert. Trotz verhältnismäßig übersichtlicher Außenmaße bietet der neue Kia Niro im Innenraum eine sehr gute Bewegungsfreiheit. Details wie die besonders schlank gestalteten – und dennoch komfortablen – Sitze der ersten Reihe geben im Fond wertvolle Millimeter frei, die man als Hinterbänkler zu schätzen weiß. Auch die Kopf- und Schulterfreiheit ist überraschend üppig. Vor allem im Vergleich zu den SUV-Modellen seiner Kategorie braucht der Niro hier den Vergleich nicht zu scheuen. Einzig der Kofferraum kann hier nicht mit. Gerade mit Blick auf die gute Raumökonomie im Passagierabteil fällt das Gepäckabteil mit nur 348 Litern Volumen hier deutlich ab. Mit der Nutzbarkeit sieht es ebenfalls nicht besonders gut aus durch die unter dem Boden residierende Hochvolt-Batterie. Sie schränkt die Höhe des Kofferraums sehr ein.

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Feinschliff an der Plattform und große Nähe zum Vorgänger

Viel Feinschliff wurde der technischen Basis des neuen Kia Niro, der K3-Plattform, zuteil. Es ging den koreanischen Entwicklern dabei vor allem um Details und Feinheiten. Die Rahmensegmente etwa wurden versteift und sorgen so nicht nur für mehr Sicherheit, sondern auch für besseres Schwingungsverhalten und damit bessere Fahrdynamik und bessere Dämmung der Fahrgeräusche. Im Großen und Ganzen baut der neue Kia Niro technisch aber überraschend nah auf seinem Vorgänger auf.

So bleibt es beim PHEV etwa weiterhin nur beim einphasigen Aufladen mit 3,7 kW. Doch bei nur 11,1kWh nutzbarer Batteriegröße ist das nicht weiter schlimm – es sei denn die tägliche Fahrleistung liegt über 50 Kilometer und man möchte rein elektrisch unterwegs sein, hier kann die Ladedauer von gut drei Stunden dann gegebenenfalls zu einem Problem werden. Leistungsmäßig bringt es der Kia Niro PHEV 1.6 GDI nun auf 183 PS Systemleistung, was gut 40 PS mehr als vorher sind, obwohl der 1.6-Liter-Vierzylinder-Sauger wie bisher nur 105 PS produziert. Doch der E-Motor ist nun auf 84 PS erstarkt und sorgt für ausreichenden Vortrieb. Spannend: der Plug-in Hybrid hat den Rückwärtsgang verloren. Um Platz, Gewicht und Reibung zu sparen, vertraut Kia rein auf die Elektromotoren und fährt den Niro PHEV flüsterleise retour.

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Fahrdynamik stand im Lastenheft nicht sehr weit oben, Komfort hingegen schon

Das Kapitel Fahrdynamik scheinen die koreanischen Entwickler im Lastenheft nicht sehr weit oben stehen gehabt zu haben. Zwar sind die Steifigkeitsmaßnahmen der neuen Plattform in der Theorie förderlich für mehr Dynamik, auch das Mehr an Breite hilft der Abstützung des Fahrwerks. Doch ein Dynamiker wird aus dem neuen Kia Niro dennoch nicht. Allerdings ist die neue Generation längsdynamisch spritziger geworden. Der PHEV profitiert hier deutlich von seiner Mehrleistung, wirkt jetzt im Alltag souveräner als auch schon. Man darf allerdings keine Leistungs- und Boosteskapaden wie von ähnlichen Turbo-PHEVs erwarten. Der Niro ist zwar zügig, aber nie wirklich schnell nach heutigen Maßstäben.

Ihm liegt stattdessen das sanfte Gleiten. Das bekannt kommode Grundsetup ist erhalten geblieben und wird durch die cleveren Überarbeitungen gekonnt unterstützt. Die bessere Aerodynamik sorgt in Kombination mit den erweiterten Dämmmaßnahmen für einen sehr guten Geräuschkomfort. Die neuen Sitze in der ersten Reihe sind nicht nur schlanker, sondern auch sehr bequem. Dazu kommen das gute Infotainment und die feine Ergonomie – fertig ist der komfortable Reisewagen. Doch es geht gar so sehr um die Langstrecke, der neue Kia Niro gefällt durch seine kommode Abstimmung vor allem im Alltag.

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Fazit

Der Kia Niro ist ein Auto für alle, die einfach nur ein gutes Auto brauchen. Der Verzicht auf die letzten Technologie-Sprünge wie etwa einen hochaufgeladenen Turbomotor für die letzten zehn PS an Motorleistung. Es geht den Koreanern stattdessen um ein solides Gesamtpaket. Und das ist der Niro – vor allem als oft gescholtener PHEV. Mit realistischen 50 E-Kilometern im Alltag bietet er ausreichend Reichweite und schafft es darüber hinaus locker auf Verbrauchswerte um vier Litern auf 100 Kilometer. Und damit ist er mehr als ein Kompromiss, sondern für viele eine sehr gute Alternative. (Text und Bilder: Fabian Mechtel)

Verbrauchswerte im Test lt. Bordcomputer

  • Hybrid-Betrieb: 3,8 l/100km
  • Rein elektrisch: 21,9 kWh/100km

Technische Daten*

  • Modell: Kia Niro PHEV 1.6 GDI
  • Motor: Vierzylinder-Reihe, 1.580 ccm
  • Leistung: 77 kW/105 PS
  • Drehmoment: 147 Nm
  • Elektromotor: integrierter Elektroantrieb
  • Leistung: 62 kW/84 PS
  • Drehmoment: 203 Nm
  • Systemleistung: 135 kW/183 PS
  • Systemdrehmoment: 265 Nm
  • Batterie: Lithium-Ionen
  • Kapazität: 11,1 kWh (brutto)
  • Antrieb: Frontantrieb, Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe
  • Verbrauch kombiniert (WLTP): 1,3 l/100km²
  • Stromverbrauch kombiniert (WLTP): 13,0 kWh/100km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: 36 g/km²
  • Beschleunigung (0–100 km/h): 5,4 Sekunden
  • Höchstgeschwindigkeit: 161 km/h (abgeregelt)
  • Abmessungen (L/B/H): 4,42 m/1,82 m/1,54 m
  • Gewicht: 1.594 kg
  • Grundpreis: ab 36.690 Euro (Edition 7, vor Abzug der Prämie)

*Herstellerangaben

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