Grinst er nicht freundlich, mit den Scheinwerfer-Augen und der Kühlluftleiste an der Frontmaske? Oder lacht er gar schelmisch? Vielleicht darüber, dass er sein darf, was er ist. Die Rede ist vom Honda Jazz.
Die musikalische Modellbezeichnung nutzte der japanische Hersteller Honda erstmals 1983 für einen dreitürigen Kleinwagen. Lasst uns die moderne Zeitrechnung aber lieber 2001 beginnen. Dem Jahr, in dem der erste fünftürige Honda Jazz im kleinen Van-Format das Licht der Welt erblickte.
Jetzt steht also „Modern Jazz“ Nummer vier frisch in den Showrooms der Händler. Und während die Kleinwagenkonkurrenz aus Europa und Asien mittlerweile entweder dynamisch auftritt, dem Retro-Stil frönt oder in Richtung SUV schielt, bleibt der Jazz vor allem eins: Der Jazz.
Etwas kürzer als ein Polo, Platz wie im Kompakten
Damit sorgt der 4,04 Meter lange und 1,53 Meter hohe Japaner gewiss nicht für Euphorie bei potenziellen Kunden; zumindest bei denen, die das Jazz-Konzept nicht kennen. Den Vorteil seines Box-Box-Designs münzt auch der neue Honda Jazz direkt in ein stattliches Raumangebot um.
Fahrer und Beifahrer nehmen auf gemütlichen Sesseln mit breiter Sitzfläche Platz, man sitzt aufrecht und genießt die Übersicht durch große Glasflächen, vorbei an schlanken A-Säulen. Unter den Sitzen liegt der 40 Liter große Kraftstofftank. Eine Besonderheit des Jazz. Sie sorgt für das modelltypische Variabilitätskonzept. „Magic Seats“ nennen es die Marketingmenschen beim Hersteller. Wenn im Fond niemand sitzt, lassen sich die Sitzflächen nach oben klappen.
Magic Seats nicht nur für Topfpflanzen
Den so entstehenden Freiraum kann man für allerlei Ladefreuden nutzen. Wer also gerne größere Kunstwerke mitsamt Rahmen, kleinere Fahrräder oder Topfpflanzen transportiert, wird damit glücklich. Ganz pragmatisch lässt sich aber auch sagen, dass man hier einen Rollstuhl sehr bequem verstauen kann.
Noch eine Besonderheit der Rücksitze, zumindest im Vergleich zu vielen aktuellen Mitbewerbern: Wird die Lehne für mehr Gepäckraumvolumen nach vorne gelegt, senkt sich die Sitzfläche ab. Damit lässt sich nicht nur der mit 304 Litern eher durchschnittliche Kofferraum auf 1.205 Liter erweitern. Die Sitzakrobatik sorgt auch für eine ebene Ladefläche – zumindest vor einer technisch bedingten Stufe im hinteren Abteil.
Zurück nach vorne, Blick auf das Cockpit. Das Zweispeichenlenkrad grinst ähnlich wie die Front. Dahinter blickt man auf ein eher kleines Display für die fahrrelevanten Informationen. Im Testwagen der Ausstattungslinie Executive fährt über der Mittelkonsole ein neun Zoll großer Touchscreen für die Infotainmentbedienung mit. Auch ein Navigationssystem ist an Bord. Dessen Kartengrafik wirkt leider etwas altbacken, außerdem reagiert die Anzeige leicht verzögert auf Maßstabsänderungen.
Darunter freuen sich die Finger über ein Bedienteil für die Klimaautomatik mit physischen Bedientasten und Drehreglern. Das ist heutzutage ja schon fast eine Erwähnung wert! 423 Wörter über Raumangebot, umklappbare Sitze und das Cockpit. Da wird es mit der Technik nicht so interessant sein, oder? Weit gefehlt! Der Honda Jazz fährt in seiner Neuauflage bei uns nur als Hybrid vor, Honda nennt ihn e:HEV.
So funktioniert der Hybridantrieb im Jazz
Auch bei der Elektrifizierung geht die Marke einen eigenen Weg. Wie der größere Honda C-RV vermischt der Honda Jazz die Eigenschaften eines parallelen Hybridsystems (z.B. Toyota Yaris) mit einem seriellen Hybrid (z.B. Nissan E-Power).
Nach dem Start rollt der Honda Jazz primär elektrisch los, bis zu einer Geschwindigkeit von 40 km/h kann er mit Energie aus der Batterie fahren. Den Antrieb übernimmt ein Elektromotor, der maximal 80 kW (109 PS) leistet.
Im Stadtverkehr schaltet sich dann im Hybridmodus der Verbrenner zu, ein Vierzylinder mit 1,5 Litern Hubraum und 72 kW/98 PS (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 4,6 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 104 g/km²). Die Besonderheit: Der Benziner erzeugt Energie für einen zweiten Elektromotor, der als Generator den Strom für den Traktionsmotor und zur Speicherung in der Batterie erzeugt.
Innerorts gibt es also keine Verbindung zwischen dem Benzinmotor und den Antriebsrädern. Das ist ein serieller Hybrid. Vorteil: Der Verbrenner kann stets im Drehzahlbereich mit optimalem Wirkungsgrad laufen, bleibt akustisch zurückhaltend und verbraucht wenig Sprit.
Ortsausgang: Jetzt wechselt der Antrieb im Jazz. Auf Landstraßen und auf der Autobahn schließt sich eine Überbrückungskupplung. Der VTEC-Saugmotor treibt die Vorderräder an, der Elektromotor hilft bei Bedarf zum Boosten mit. Beide Antriebe arbeiten jetzt also parallel. Wird auf der Autobahn weiter beschleunigt, wechselt der Honda Jazz ab 120 km/h wieder in den seriellen Hybridmodus.
Beim Beschleunigen wird es laut
Was kompliziert klingt, fährt sich im realen Leben ziemlich normal – zumindest, wenn man nicht immer auf die Energieflussanzeige glotzt. Vor allem im Hybridmodus kann auch das eCVT-Getriebe nicht verhindern, dass der Vierzylinder unter Last erst laut aufheult, dann das Auto beschleunigt.
4,6 Liter auf 100 Kilometer haben wir mit dem Honda Jazz auf den ersten Probefahrten laut Bordcomputer verbraucht. Damit liegt er auf dem WLTP-Normwert. Ein Toyota Yaris Hybrid wird hier mit 3,7 Litern angegeben, erscheint also sparsamer. Dabei darf man nicht vergessen, dass der Honda wesentlich mehr Platz bietet, es hier mehr mit Kompakten als mit anderen Kleinwagen aufnimmt.
Komplette Serienausstattung
Auch die Ausstattung wirkt erwachsen. Schon beim Basismodell mit dem Namen Comfort sind Fahrassistenten wie eine adaptive Geschwindigkeitsregelanlage, Verkehrszeichenerkennung und ein aktiver Spurhalteassistent mit Gegenlenkfunktion serienmäßig. Auch Klimaautomatik, Sitzheizung vorne, LED-Scheinwerfer und eine Freisprecheinrichtung sind schon dabei. Das relativiert den auf den ersten Blick stattlichen Grundpreis von 21.445,37 Euro (inkl. 16% MwSt.).
In der dritten Ausstattungsline Executive, die dem hier vorgestellten Testwagen entspricht, lassen unter anderem 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, Totwinkelassistent, Querverkehrswarner, Rückfahrkamera, Lenkradheizung und das erwähnte Navigationssystem den Listenpreis auf 24.028,58 Euro (inkl. 16% MwSt.) klettern.
Den Aufpreis für das Crosstar-Paket, mit dem der Jazz-Preis auf 25.588,23 Euro (inkl. 16% MwSt.) klettert, kann man sich ruhigen Gewissens sparen. Dann fährt der Japaner zwar in SUV-Optik vor, verliert aber mit dem klassischen Kühlergrill nicht nur sein Grinsen im Gesicht. Unverständlicherweise entfallen bei ihm im Vergleich zum Jazz Executive Totwinkelassistent, Querverkehrswarner sowie die Lenkradheizung.
Fazit
Herrlich, wenn ein Autokonzept ganz pragmatisch erdacht und über die Jahre gepflegt wird. Der Honda Jazz bietet maximalen Raum auf möglichst kleiner Fläche. Ein Kleinwagen ist er nur außen. Wenn ein großer Kofferraum nicht zur Priorität wird, ist der Jazz absolut erstwagentauglich.
Der Hybridantrieb funktioniert reibungslos und spart Benzin, die gute Serienausstattung erklärt den hohen Einstandspreis. Gut möglich, dass Jazz-Fahrer ähnlich entspannt grinsen wie ihr Auto. (Text und Bild: Bernd Conrad)
Technische Daten*
- Modell: Honda Jazz e:HEV
- Motor: 1,5-Liter-Benzinmotor, 2 Elektromotoren
- Leistung: Elektromotor:80 kW (109 PS), Benziner: 72 kW (98 PS)
- Drehmoment: 131 Nm (Benziner), 253 Nm (Elektromotor)
- Antrieb: Vorderradantrieb, stufenloses Getriebe
- Verbrauch kombiniert: 4,6 l/100 km²
- CO2-Emissionen kombiniert: 104 g/km²
- Beschleunigung (0 – 100 km/h): 9,5 s
- Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h
- Abmessungen (L/B/H): 4,04 m/1,69 m/1,53 m
- Gewicht: 1.300 kg
- Anhängelast: keine
- Grundpreis: 21.445,37 Euro (inkl. 16% MwSt.)
*Herstellerangaben