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Test: Honda Civic 1.8 – Futurist mit guter alter Drehorgel

Das Raumschiff ist gelandet. Während 2006 der Civic der achten Generation als futuristisch anmutender Überflieger zu großen Erfolgen abheben konnte, gibt sich sein Anfang 2012 angetretener Nachfolger wieder bodenständiger.

Dabei will Honda mit der Neuauflage eigentlich hoch hinaus, doch abgesehen von einigen positiven Neuerungen handelt es sich beim neuen Civic um einen eher bodenständigen Kompaktklässler. Als Honda die achte Civic-Generation in den Markt brachte, war das Stauen groß. Von seinem gesichtslosen Vorgänger konnte er sich radikal absetzen und für Honda ein eindrucksvolles Ausrufezeichen setzen. Neben der optischen Kür brillierte der neue Civic auch in mehrfacher Hinsicht bei der fahrtechnischen Pflicht.  

Doch selbst ein futuristisches Auto kommt irgendwann in die Jahre und hat Honda deshalb einen rundum erneuerten Nachfolger ins Rennen geschickt. Und mit diesem will man zwar an das einst polarisierende, verspielte Design anknüpfen, doch ist dem Neuen dabei etwas von der einst harmonischen Ausstrahlung abhanden gekommen. Immerhin: Von biederen Durchschnittstypen kann sich der Civic weiterhin deutlich absetzen.

Flacher und aerodynamischer

In mehrfacher Hinsicht ist der neue Civic seinem Vorgänger sogar ähnlich geblieben, doch andererseits orientiert sich das abgeflachtere und strömungsoptimierte Fahrzeug deutlicher an derzeitigen Autobautrends. Unter anderem werden die breiteren Radhäuser mit feinen Lichtkanten stärker betont, während die Front mit Luftöffnungen und zeitgemäßem LED-Tagfahrlicht aufgepeppt wurde. Und dann haben sich die vormals so coolen Dreiecks-Auspuffendrohre einfach in Luft aufgelöst.

Doch möglicherweise kommt der neue Civic damit besser an als wir vermuten, denn zumindest eine älteren Dame hat uns angesprochen und zu unserer Überraschung den "schicken Wagen" mit reichlich Lob überhäuft. Vielleicht hat Honda hier doch einen Nerv getroffen.

Informations-Overkill

Beim Innenraum bietet der Civic wieder einen eindrucksvoll inszenierten, futuristisch anmutenden und fahrerzentrierten Informations-Overkill. Wer auf bunte Displays steht und sich an Zahlen und Skalen nicht satt sehen kann, kommt hier voll auf seine Kosten. Andererseits könnte man monieren, dass die Anzeigen-Orgie etwas übertrieben und zudem zerklüftet ist. Zumindest dem Beifahrer bleibt einiges von der Informationspracht verborgen.

Dafür befindet sich zentral in der Mittelkonsole ein vorbildlich funktionierendes Touch-Screen-Navi, das mit 2.200 Euro allerdings nicht ganz billig ist. Für den happigen Preis bekommt man neben der Wegweiser-Funktion noch einen Multimedia-Vielkönner, der mit großer Festplatte, USB-Anschluss und einer Bluetooth-Freisprechanlage ausgestattet ist.

Neue Spritsparhilfen

Der beim Vorgänger noch links vom Lenkrad positionierte Motor-Startknopf befindet sich nun rechts im Civic-Cockpit, während an der vormaligen Start-Knopf-Position eine neue Econ-Taste gedrückt werden kann. Der mit dieser Taste aktivierbare Spritsparmodus beschert dem Fahrer weniger Leistung und damit weniger Verbrauch. Unterschwellig zum Sparen animiert zudem eine zwischen Grün und Blau changierende Cockpitbeleuchtung mit der Information, ob man jetzt besonders effizient oder nicht unterwegs ist. Und beim Ampelstopp rundet schließlich noch die serienmäßige Start-Stopp-Automatik das insgesamt vorbildliche Effizienz-Optimierungs-Paket ab.

Darüber hinaus können sich die Insassen an deutlich aufgewerteten Materialien erfreuen. Hier sind im Vergleich zum Vorgänger Fortschritte klar wahrnehmbar, ist der Materialmix abwechslungsreicher, moderner und hinterlassen die Oberflächen einen höherwertigen Eindruck. Mit der optional reichhaltigen Komfortausstattung lässt sich der Preis und damit das Wohlfühlambiente zudem auf das gediegene Niveau unseres vollausgestatteten Testexemplars (Executive) steigern.

Mäßige Kopffreiheit, riesen Gepäckabteil

Ein eigentlich recht schönes Extra bringt allerdings einen Nachteil mit sich: Das große Glaspanoramadach sorgt für eine verringerte Kopffreiheit. Bei knapp 1,80 Meter Körperlänge kamen wir auf dem Fahrersitz dem Dachhimmel bereits unangenehm nah. Und auch für Fondpassagiere ist die Raumfreiheit für die Köpfe und Beine angesichts der 4,30 Meter langen Karosserie nicht gerade üppig.

Besonders vorzeigbar ist dafür der Kofferraum des Civic, der dank seiner platzsparenden Verbundlenkerhinterachse mit 477 Liter eine im Segment einzigartige Bestmarke setzt. Legt man die Rückbanklehne nach vorne, wächst die Ladekapazität dank der automatisch sich absenkenden Sitzfläche auf stolze 1.378 Liter. Nachteil der enormen Raumausbeute: Der Gepäckschacht ist ziemlich tief und da es keinen Zwischenboden auf Höhe der Ladeschwelle gibt, muss man hier schwere Gegenstände recht umständlich heraus wuchten.

Dafür trumpft das variable Gepäckabteil mit einer cleveren Besonderheit auf: Die Sitzfläche der Rückbank lässt sich nach oben klappen, was zwischen Rückbank und Vordersitzen einen praktischen Platz für hohes Ladegut wie zum Beispiel Fahrräder schafft. Im Kompaktsegment bleibt der Civic mit seinem Clever-Konzept weiterhin Kofferraum-König. Wenn auch das Motto des Civic „große Klappe und viel dahinter" lautet, muss man andererseits mit Abstrichen leben: So ist die Sicht aufgrund der horizontal über die Heckscheibe verlaufenden Abrisskante recht dürftig.

Unten müde, oben raus lustbetont

In unserem Testwagen kam der stärkere der beiden Ottomotoren mit 1,8 Liter Hubraum zum Einsatz. Dabei handelt es sich um einen alt bekannten, noch oben raus drehzahlhungrigen Vierzylinder, dessen 142 PS vom Gasfuß mit Nachdruck aktiviert werden wollen. Immerhin sind jenseits der 4.000 Umdrehungen sogar sportliche Fahrfreuden angesagt, soll der dann besonders quirlige Vierzylinder einen Standardsprint in 9,7 Sekunden und eine stolze Höchstgeschwindigkeit von immerhin 215 km/h ermöglichen.

Gefühlt machen aber die derzeit angesagten, aufgeladenen Downsizing-Motoren mehr her, denn diese können mit sattem Schub von unten raus begeistern, bei teilweise niedrigeren Normverbräuchen. Doch Hondas Drehorgel hat immer noch ihren Reiz, denn wenn die Drehzahlmessernadel auf die 7.000 Touren losstürmt und der sonst so kreuzbrave Civic schon fast nach kreischender Motorsport-Schleuder klingt, erlebt auch der Fahrer emotionale Höhepunkte.

Wer alternativ den lust- und verbrauchshemmenden Econ-Modus aktiviert hat, wird sich leichter damit tun, den Spritverbrauch in die Nähe der recht optimistischen 5,8 Liter zu bringen. Praktisch haben wir dann doch deutlich mehr verfeuert, denn irgendwie war uns Econ zu fad und meistenteils ohnehin unser Reisetempo auf gehobenem Niveau, was dann auch auf den Benzinkonsum zutraf. Flotte Autobahntouren quittierte der Civic mit acht bis neun Litern, im Schnitt waren es dann 8,5 Liter.

Eigentlich eine feine Sache

Ein auf längeren Autobahnfahrten besonders beliebter Helfer ist der Tempomat, der im Civic sogar radarbasiert den Abstand zum Vordermann halten kann und selbstständig die Geschwindigkeit per Bremseingriff reduziert. Grundsätzlich eine feine Sache, die bis vor kurzem Fahrzeugen höherer Klassen vorbehalten war und so allmählich Einzug ins Kompaktsegment findet. Aktiviert wird der Tempomat im Civic einfach per Tastendruck am Lenkrad, indem man die gewünschte Geschwindigkeit und den gewünschten Abstand einstellt.

So weit, so gut. Doch wirklich feinfühlig arbeitet das System in der Praxis leider nicht. Vergleichsweise unsanft wird man auf das Vordermann-Tempo eingebremst und werden zum Beispiel Spurwechsel bei vorausfahrenden Autos nicht vorausgesehen – das macht zum Beispiel die Distronic Plus bei Mercedes eindeutig feinfühliger und praxisfreundlicher. Herrscht dichter Verkehr, bleibt der Abstandstempomat besser inaktiv. Ansonsten ist das Radarsystem immer wachsam, denn das präventive Fahrerassistenzsystem CMBS, kann den Fahrer zunächst vor einem drohenden Crash warnen und im Notfall sogar eine Notbremsung einleiten. CMBS kann so einen Auffahrunfall verhindern oder dessen Folgen zumindest mildern. So gesehen könnte sich das immerhin 2.000 Euro teure Radarsystem lohnen.

Technische Daten
Marke und Modell Honda Civic
Version / Ausstattung 1.8 Executive
Motor
Hubraum (ccm) / Bauart 1.798 / R4-Benziner
Leistung (kW / PS) 104 / 142
Drehmoment (Nm) / Umdrehungen 174 / 4.300
Antriebsart Frontantrieb
Getriebeart manuelle Sechs-Gang-Schaltung
Abmessung und Gewicht
Länge/Breite/Höhe (mm) 4.300 / 1.770 / 1.470
Radstand (mm) 2.595
Wendekreis (m) 11,9
Leergewicht (kg) 1.415
Kofferraum (Liter) 467 - 1.342
Bereifung Testwagen 225/45 R 17
Verbrauch
Krafstoffart Benzin
Kombiniert laut Werk (l/100km) 5,8
CO2-Emissionen (g/km) / Abgasnorm 145 / Euro 5
AS24-Verbrauch (l/100km) 8,5
Fahrleistungen
Werksangabe 0-100km/h (s) 9,7
AS24-Sprint 0-100km/h (s) k.A.
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) k.A.
Höchstgeschwindigkeit (km/h) 215
Preise
ab (Euro) 27.450,00
Empfohlene Extras Als Executive ist der Civic nahezu vollausgestattet, eine der wenigen Extras ist das HDD-Navigationssystem für 2.200 Euro
Weitere DatenWeitere Daten

Umfangreiches Sicherheitspaket

Etwas feinfühliger könnten im neuen Civic Lenkung und Fahrwerk abgestimmt sein. Statt wie beim Vorgänger eine hydraulische, kommt jetzt eine verbrauchsgünstigere elektromechanische Lenkung zum Einsatz, die doch ein gewisses Maß an Rückmeldung vermissen lässt, ihre Arbeit ansonsten aber recht ordentlich verrichtet. Ebenso das Fahrwerk, welches einen durchaus angenehmen Alltagskomfort bieten kann. Wohl auch aufgrund der immerhin 17 Zoll großen Räder werden einige grobe Unebenheiten den Insassen etwas unsanft mitgeteilt.

Insgesamt vermittelt der Civic nicht unbedingt den Eindruck eines souveränen Kurvenfegers. Praktisch lässt er sich aber dann recht scharf und lustbetont durch Biegungen scheuchen. Angst muss dabei keine aufkommen, denn das VSA genannte Stabilitätsprogramm hält den Japaner sicher auf Kurs. Und auch das Arsenal passiver Sicherheitsausstattungen vermittelt den Insassen das gute Gefühl, nicht in einem rollenden Sarg zu sitzen.

Günstiger als Golf

Auch in anderen Aspekten kann der von uns gefahrene Honda Civic 1.8 in der Version Executive mit reichlich Ausstattung beeindrucken. Dafür werden dann allerdings auch gehobene Preise abgerufen. In der Basisversion 1.8 kostet der Civic in der Ausstattungsvariante S rund 19.000 Euro. Nimmt man die Top-Ausstattung Executive, werden mindestens 27.450 Euro aufgerufen. Mit Navisystem, Metallic-Lack und dem radarbasierten Safety-Paket kommt man dann auf sogar 32.000 Euro. Dann ist aber alles drin, was Honda in der Civic-Welt zu bieten hat.

Zwar ist der grundsätzlich viertürige Civic damit ein durchaus hochpreisiger Kompakter, aber immer noch im Vergleich zum Golf ein günstiges Angebot, denn mit 122-PS-Benziner und vier Türen verlangt VW für seinen Verkaufsschlager mindestens 2.500 Euro mehr. Eigentlich hat Honda dem neuen Civic viele positive Eigenschaften des Vorgängers mit auf den Weg gegeben und die Neuauflage zudem dank vieler Innovationen noch attraktiver gemacht. Doch nicht alle Neuerungen haben uns überzeugt: So reicht die Kopffreiheit im Innenraum so gerade noch für durchschnittlich große Passagiere, arbeitet der Abstandstempomat nicht sehr feinfühlig, ist die Lenkung etwas synthetisch und wirkt der 1.8er-Benziner angesichts der eigentlich üppigen 142 PS von unten raus doch etwas träge.

Doch gibt es auch viele herausragende Eigenschaften, die den neuen Civic begehrenswert machen: Sein riesiges und variables Gepäckabteil, sein umfangreiches Effizienzpaket, das hohe Sicherheitsniveau, der drehzahlfreudige und nach oben raus sehr energetische Motor, oder der im Vergleich zum VW Golf recht günstige Preis.

Bleibt allerdings noch die Frage nach dem Design, bei dem sich noch zeigen muss, ob dieses den Gaumen deutscher Autokunden treffen kann.

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