Bist du eher der extrovertierte Typ? Schaust du weniger auf Inhalte und dafür mehr aufs Äußere? Dann solltest du dir vielleicht den jüngsten Spross der 500X-Familie von Fiat ansehen: Den Fiat 500X Yacht Club Capri (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,4 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 148 g/km)².
Dieses in "Venezia blu mettallizzato" lackierte Exemplar des mittlerweile seit gut acht Jahren auf dem Markt befindlichen 500X ist der neueste Schrei der Italiener. Dank offizieller Kooperation mit dem Yacht Club der attraktiven Urlaubsinsel Capri darf er mehrere silbrige Badges samt dessen Logo tragen. Blau lackierte Felgen, weiße Zierstreifen, eine Lederausstattung in "Bianco" und eine Holzvertäfelung runden für jeden Connaisseur italienischen Lifestyles den Ausflug gen Süden ab. Und wem das noch nicht reicht, der öffnet das blaue Stoffverdeck, das auch den Hinterbänklern auf über einem Meter Länge den Blick in den hoffentlich blauen Himmel gewährt.
Eine Erfahrung für nüchterne Naturen, die auch bei 30 Grad nur mit Socken und Sandalen an den Strand gehen, ist der 500X Yacht Club Capri damit nicht. Er möchte die Seele berühren, möchte auch in Groß-Gerau einen Tagtraum in das Land handgemachter Spaghetti, Olio di Oliva und der Autostrada del Sole zaubern, möchte die Sonne ins Herz lassen. Klar, er möchte dabei auch noch von A nach B bringen, aber das stand, so scheint es, eher an nachrangiger Position im Lastenheft.
Nicht, dass wir behaupten wollten, wir wären von seinen Alltagsqualitäten enttäuscht gewesen. Doch gibt es ein paar Eigenheiten, die man wissen sollte, wenn man sich dem 500X Yacht Club Capri nähert. Der nach unverbindlicher Preisempfehlung immerhin 30.490 Euro kostet - mindestens.
Zunächst: Zündschlüssel. Also so einer mit Bart, den man tatsächlich auch nutzen muss. Den gibt es, wenn man nicht das X-Tech-Paket inklusive Keyless-Entry-and-Start (550 Euro) bestellt - das kennen wir bisher nur noch aus dem Hause Dacia. Man blickt auf analoge Instrumente und das sehr zügige, aber dennoch in die Jahre gekommene Uconnect-Multimediasystem bietet einen recht mageren 7-Zoll-Bildschirm. Zwar gibt es Apple CarPlay, dessen Darstellung wird aber dann auf etwa die Hälfte des verfügbaren Displays zusammengeschrumpft. Kein Vergleich zum heutigen Touchdisplay-Standard anderer Hersteller.
Fahrassistenten sucht man mit Ausnahme von Tempolimitanzeige, Abstandsradar und Totwinkelkontrolle ebenfalls vergebens. Man könnte jenes Fernleben von jeglichem automobilen Standard anno 2022 nun rügen, man könnte es aber auch sympathisch finden. Denn der Fiat 500X Yacht Club Capri ist ein Auto, in das man sich einfach reinsetzt und losfährt. Ohne erstmal sämtliche technische Jammerlappen ausschalten zu müssen, die einem jeglichen Spaß am Fahren zu nehmen in der Lage sind. Zudem entfällt das Studium der Bedienungsanleitung, um am Ende gerade einmal die Klimaanlage bedienen zu können.
Apropos Fahrspaß: Der kann tatsächlich aufkommen. Die 1,3-Liter Firefly-Maschine im Testwagen ist eine alte Bekannte und treibt dank 150 PS den relativ leichten 500X flink vorwärts, bleibt aber mit einem Durchschnittsverbrauch von rund 6,7 Liter auf 100 Kilometer den mittlerweile üblichen Trinksitten fern. Gehemmt wird die Spritzigkeit außerdem durch das alternativlose Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe, dem die Italiener auf wundersame Weise das Schaltverhalten eines 30 Jahre alten Wandlers anerzogen haben: Langsame Schaltvorgänge, zögerliche Umsetzung von Schaltbefehlen und unnötig langes Halten niedriger Gänge rauben dem Antrieb viel Potential - von einem drehzahlschonenden weiteren Gang für die Autobahn völlig abgesehen. Der Sportmodus, den man gerne mit dem Knopf der gemächlich ansprechenden Sitzheizung (wer braucht die auch auf Capri?) verwechseln kann, macht es auch nicht besser.
Das Fahrwerk ist hingegen ausgewogen abgestimmt und macht vor allem auf der Autobahn eine gute Figur - auf schlechten Straßen in der Stadt und auf dem Lande wird es hingegen ab und an etwas arg holprig. Forsch bewegt, schiebt der 500X früh über die Vorderräder und teilt dem Fahrer mit ordentlicher Seitenneigung mit, dass man die Kurve auch mit gemäßigter Geschwindigkeit hätte anfahren können. Die Lenkung spricht direkt an und macht so vor allem in der Stadt und auf der Landstraße viel Laune - auf der Autostrada hingegen wäre ein wenig mehr Indifferenz und damit mehr Gelassenheit von Vorteil.
Würden wir den Fiat 500X Yacht Club Capri kaufen? Ja. Würden wir ihn unseren Freunden empfehlen? Ja, unter der Bedingung, dass es Feingeister mit dem Hang zur italienischen Lebensart sind. Denn den braucht man, um über gewisse Unzulänglichkeiten leichter hinwegsehen zu können. Diese hat die Konkurrenz für einen ähnlichen Preis mittlerweile ausgemerzt, tritt aber dafür lange nicht so emotional auf. Das ist der große Pluspunkt des 500X. Und nirgends klingt Regen romantischer, als unter einem Stoffverdeck. (Text: Maximilian Planker | Bilder: Hersteller)