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Erster Test Cupra Tavascan: Wie gut ist das China-SUV aus dem VW-Konzern?

Mit dem Tavascan bringt Cupra, die Edelmarke der spanischen VW-Tochter Seat, ihr zweites E-Modell auf den Markt. Das Auto wird komplett in China produziert und ist deshalb möglicherweise von Strafzöllen der EU betroffen. Was kann der Tavascan, was andere VW-Produkte nicht können? Erster Test!

Der Cupra Tavascan auf einen Blick

  • Zweites E-Modell mit frischem Design
  • Beleuchtete Logos an Front und Heck
  • Zwei Motorisierungen mit 210 kW oder 250 kW
  • Reichweite soll bei über 500 km liegen
  • 135 kW: Beim Laden hat das Auto Schwächen
  • Grundpreis 56.210 Euro (ohne mögliche Strafzölle)

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Premiere bei VW: Der Tavascan kommt komplett aus China

112 Einwohner, drei Hotels, ein Restaurant: Mitten in den Pyrenäen in 1.122 Metern Höhe liegt der kleine Ort Tavascan. Außer einer paar Handvoll Spaniern oder Franzosen, die in dieser entlegenen Gegend zum Skifahren gehen, dürfte das Bergdörfchen wohl kaum jemand bekannt gewesen sein. Bis die Seat-Tochter Cupra ihr zweites rein elektrisches Modell so getauft hat und jetzt die halbe Welt den Namen Tavascan kennt. Global ist das VW-Produkt aber auch noch aus einem anderen Grund: Es wird komplett im chinesischen Volkswagen-Werk Anhui produziert – und dann nach Europa exportiert.

Das ist eine echte Premiere im VW-Konzern. Wer jetzt allerdings denkt, dass der Cupra Tavascan aufgrund der niedrigeren Produktionskosten im Reich der Mitte ein Schnäppchen ist – der täuscht sich gewaltig. Im Gegenteil: Das Elektro-SUV setzt sich sofort an die Preis-Spitze der Modellpalette, die allesamt aus dem gleichen Baukasten kommen und ihre gesamte Technik aus dem gleichen Konzernregal holen. Ob VW ID.4, ID.5, ob Audi Q4 e-tron oder Skoda Enyaq – der Tavascan ist mit 56.210 Euro Einstiegspreis der teuerste MEB-Konzernsprössling. Und könnte bald noch teurer werden, sollte die EU tatsächlich Strafzölle auf Autos aus China erheben.

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Nachts leuchtet der Tavascan wie ein Weihnachtsbaum

Nun könnte man ja meinen, dass die Preispolitik ganz schön mutig ist von den Spaniern, fast schon übermütig. Aber es muss ja einen Grund geben, warum Cupra zur am schnellsten wachsenden Automarke in Europa aufgestiegen ist. Einer der großen Anreize ist wohl das Design. Denn hier lassen es die Südeuropäer unter der obersten Leitung von Jorge Diez so richtig krachen. So auch beim 4,64 Meter langen Tavascan – der sich vom Aussehen ganz weit entfernt hat von den langweiligen ID-Produkten aus Wolfsburg. Wie jeder andere Cupra auch, steht der Tavascan stämmig und skulptural auf der Straße.

„Ein Cupra soll nie langweilen, muss die Grenzen austesten und darf mit seinem Design provozieren“, so lautet das Credo von Diez. Ein anderes, typisches Motto ist die Farbe Kupfer. Sie findet sich überall am und im Fahrzeug. Neu sind die Tagfahrlichter: Drei Dreiecke, die an die gelblichen Augen eines Reptils in der Dunkelheit erinnern. Überhaupt: Die Nacht ist die neue Bühne des Tavascan. So leuchtet das Logo auf der Motorhaube erstmalig strahlend hell, dünne LED-Streifen ziehen sich quer über die Front bis zu den Kotflügeln und erzeugen zusätzliche optische Breite. Und auch das Heck wird von einer roten Lichtlanze nebst rotem Logo illuminiert. Ja ist denn schon Weihnachten?

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Bei der Bedienung setzt Cupra auf Slider

Die Inszenierung setzt sich auch im Innenraum fort. Fast schon exzentrisch spreizt sich von der Mittelkonsole aus eine breite Spange über beide Seiten des Armaturenbretts. Sie erinnert an ein Skelett und könnte auch vom spanischen Star-Architekten Santiago Calatrava stammen, der viele seiner Werke wie zum Beispiel den neuen Bahnhof am New Yorker World Trade Center wie große Gerippe aussehen lässt. Schade, dass dieses Schmuckstück nur an Carbon erinnert, aber aus Hartplastik besteht.

Zwar wird es von einem Kupferstreifen eingefasst, es wirkt dennoch billig. Aluminium wäre angemessen gewesen. Bei den Displays sieht es dann schon wieder gewöhnlicher aus – oder soll man sagen VW-mäßig. In der Mitte thront das bekannte 13 Zoll große Infotainment-Display. Und leider tauchen auch die ungeliebten Slider wieder auf, mittlerweile allerdings beleuchtet. Immerhin. VW hat das in den neuen Modellen bereits abgeschafft. Genauso wie die unsensiblen Sensortasten auf dem Lenkrad für Lautstärke, Sprachbedienung oder Abstandstempomat.

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Spitzenmodell Tavascan VZ: von 0 auf 100 in 5,5 Sekunden

Aus dem Konzernregal kommen auch die die zwei verschiedenen Antriebe, die man schon von den anderen VW-, Audi- und Skoda-Modellen her kennt. Der Akku fasst sowohl bei der Basis-Version Endurance als auch beim VZ-Modell 77 kWh netto. Die günstigere Variante treibt ein 210 kW/286 PS starker Heckmotor mit 545 Nm Drehmoment an. Von 0 auf Tempo 100 geht es in 6,8 Sekunden. Zwischen 100 und 0 Prozent Akkuleistung liegen rein theoretisch 568 Kilometer Reichweite.

Der Tavascan VZ (VZ für spanisch veloz, schnell) hat einen zweiten Motor auf der Vorderachse, der nochmal 134 Nm Drehmoment zur Verfügung stellt und die Systemleistung auf 250 kW/340 PS steigert. Damit spurtet der Allradler dann auch schon in 5,5 Sekunden von 0 auf 100 (Höchstgeschwindigkeit abgeregelt bei 180 km/h). Das kostet freilich Energie. Die Reichweite liegt dann nur noch bei theoretischen 522 Kilometern.

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Nur 135 kW – beim Aufladen ist der Tavascan schwach

Aber ist das alles realistisch? Wir verbrauchten auf den ersten Testfahrten mit dem VZ statt der versprochenen 16,5 kWh tatsächlich knapp 20 kWh. Unter Berücksichtigung, dass die Batterie normalerweise nur auf 80 Prozent aufgeladen wird und dass man sein Auto mit zehn Prozent Rest an der Stromsäule abstellt, bleiben rund 350 bis bestenfalls 400 Kilometer Reichweite im Alltag. Und das natürlich nur im Sommer.

Beim Laden zeigt der Tavascan währenddessen erhebliche Schwächen. Nur 11 kW sind es bei AC-Wechselstrom, nur 135 kW bei DC-Gleichstrom. Auch hier hat Cupra das Nachsehen, denn die neuen ID-Modelle von VW packen schon 175 kW und mehr. Dennoch versprechen die Spanier eine Ladezeit von unter 30 Minuten von zehn bis 80 Prozent Batterieleistung. An der AC-Säule oder an der Wallbox zu Hause sind es bis zu sieben Stunden.

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Adaptiv-Fahrwerk und Progressivlenkung

Neben dem Design schätzen Cupra-Kunden die Performance der Modelle. Sagt Cupra. Deshalb werden die Autos auf Sportlichkeit getrimmt. Das Fahrwerk ist in aller Regel strammer, die Lenkung straffer als bei VW, Skoda und Co. Trotz seiner Länge und seines beträchtlichen Gewichts von rund 2,2 Tonnen fährt sich der Tavascan recht agil. Das DCC-Adaptiv-Fahrwerk arbeitet sauber sowohl im sportlichen Cupra- als auch im Komfort-Modus. Dank der Progressivlenkung hat man das Fahrzeug auch bei höherer Geschwindigkeit jederzeit stabil im Griff.

Der Spurhalteassistent hält sich vornehm zurück und sogar das von der EU vorgeschriebene Tempo-Gebimmel schon ab einem km/h zu viel, überhört man bald, weil es bei Cupra klingt wie ein sonorer Pausengong. Nicht gefallen hat uns das teigige Bremsgefühl, hier dürfen sie zwischen Spanien und China gerne noch nachbessern. Bequem ist der Tavascan allemal. Dank eines Radstands von 2,77 Metern finden alle Passagiere ausreichend Platz. Dasselbe gilt für das mitgeführte Gepäck. 540 Liter passen normalerweise in den Kofferraum. Wird die (teilbare) Rückbank umgeklappt, sind es 1.510 Liter. Luxus für die Ohren bietet die neue Kooperation mit Sennheiser. Der Sound ist klar und kräftig und passt zur Performance eines E-Autos.

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Erstes Fazit

Die schönen Dinge im Leben sind nie billig. Wem der Tavascan gefällt, der wird daher gerne tiefer in die Tasche greifen, um ja kein gewöhnliches Auto zu besitzen. Zumindest optisch: Denn tief im Inneren, nämlich bei der Technik, ist das Elektro-SUV tatsächlich nur ein weiteres SUV von der Volkswagen-Stange. Auch wenn es sich dabei um ein solides Produkt handelt. (Text: Rudolf Bögel | Bilder: Hersteller)

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