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Erster Test BYD Seal U: Der Druck steigt, der Vorsprung schwindet

BYD feiert in den kommenden Wochen die Markteinführung des neuen Seal U. Einem 4,79 Meter langen Elektro-SUV mit bis zu 500 WLTP-Kilometern Reichweite und interessantem Preis-Leistungsverhältnis. Allerdings gibt es auch Zweifel, ob das Auto in dieser Form hierzulande ein Erfolg wird. Erster Test!

Der BYD Seal U auf einen Blick

  • Elektro-SUV im VW-ID.4-Format
  • 71,8-81,0 kWh große LFP-Batterien
  • WTP-Reichweite bis zu 500 km
  • Geräumiger und qualitativ guter Innenraum
  • Flottes Infotainment-System
  • Grundpreis ab 41.990 Euro

 Der BYD Seal U steht auf der konzerneigenen e-Platform 3.0. Optisch zeigt sich der Stromer adrett gezeichnet. Der BYD Seal U steht auf der konzerneigenen e-Platform 3.0. Optisch zeigt sich der Stromer adrett gezeichnet.

BYD will die Welt durch grüne Technologie retten

Es wirkt schon seltsam, wenn ein Autobauer bei der abendlichen Pressekonferenz für ein neues Elektromodell ein Werbevideo zeigt, das den Eindruck vermitteln soll, das Unternehmen strebe in erster Linie danach, die Welt zu retten. Das grüne Mäntelchen überziehen wollen sich gleichermaßen viele Fahrzeughersteller, basteln dazu aus alten Fischernetzen Fußmatten oder setzen auf lederfreie Innenräume. Für mehr fehlt den meisten Firmen allerdings der Wille, teilweise auch die nötige Finanzkraft.

Anders bei Build Your Dreams – kurz BYD. Der chinesische Technologiekonzern besetzt schon heute die Führungsposition in der Herstellung von Energiespeichern und offeriert innovative Batterielösungen vom Tablet-PC bis zum Flughafen-Bus. Allein dadurch entsteht eine gewaltige Einflusssphäre. Dass auch Photovoltaik-Anlagen und der Bau neuartiger Zugsysteme zu den Betätigungsfeldern von BYD zählen, wissen dann allerdings nur die Wenigsten. Seit 2005 ist das Unternehmen zudem im Autogeschäft tätig, doch erst in den letzten Jahren wird der Name auch in Europa immer bekannter. Atto 3, Han, Tang und Dolphin heißen die derzeit erhältlichen Elektroautos von BYD – alles Trockenübungen, bevor in einigen Wochen die Limousine Seal und das hier getestete SUV Seal U im Handel starten sollen (Stromverbrauch kombiniert: 20,5-19,9 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert 0 g/km; Elektrische Reichweite: 420-500 km)². Vertragspartner sind zur Überraschung vieler unter anderem BMW- und Mercedes-Händler.

 Neben der ansehnlichen Frontpartie wirkt auch das Heck optisch gelungen. Die Heckklappe der Ausstattungsvariante "Design" öffnet und schließt elektrisch. Neben der ansehnlichen Frontpartie wirkt auch das Heck optisch gelungen. Die Heckklappe der Ausstattungsvariante "Design" öffnet und schließt elektrisch.

Fahrdynamisch fehlt der Feinschliff

Mit den beiden Seal-Modellen will BYD, die beim E-Auto-Absatz durch das heimische China-Geschäft zuletzt sogar an Tesla vorbeiziehen konnten, den Druck auf die europäische Konkurrenz weiter erhöhen. So wird der 4,79 Meter lange BYD Seal U "Design" (das U steht für Utility) als vollausgestattetes Elektro-SUV zu einem durchaus attraktiven Preis von 44.990 Euro angeboten. Beinahe der Startpreis eines nackten Skoda Enyaq. Wer nicht die bis zu 500-WLTP-Kilometer aus der BYD-eigenen Blade LFP-Batterie mit 87,0 kWh benötigt, kann auch zu einer "Comfort"-Variante mit einer nur 71,8 kWh großen Batterie greifen und zahlt dafür 41.990 Euro. Auch dann fährt der Seal U nicht ohne zahlreiche Assistenten und Komfortoptionen vor, aber das mechanisch und elektrisch drehbare Infotainment-Display ist zum Beispiel etwas kleiner als in der Top-Variante.

Ist das jetzt also der Untergang des automobilen Abendlandes? So schnell wird es nicht gehen. Denn auch wenn BYD beteuert, sie hätten zehntausende Ingenieure im Unternehmen beschäftigt, es fehlt der eine, der sich beim Seal U mit der Fahrwerksabstimmung beschäftigt hat. So wankt nicht nur das Schiff, dass den BYD nach Europa bringt, sondern auch der Seal U selbst. Dabei könnte insgesamt mehr Harmonie im Stahlfahrwerk nicht schaden. Beispielsweise werden kurze Stöße, trotz der weichen Grundnote, recht deutlich zu den Passagieren durchgereicht. Hinzu kommt die nichtssagende Lenkung und ein bisweilen teigiges Bremsgefühl.

 Übersichtlich und qualitativ ansprechend - das Interieur des BYD lässt kaum Raum für Kritik. Übersichtlich und qualitativ ansprechend - das Interieur des BYD lässt kaum Raum für Kritik.

Wen interessiert schon, wie es sich fährt. Hauptsache der Computer passt.

In Kurven tut der Frontantrieb sein Übriges, damit eher wenig Fahrfreude zum Fahrer durchdringt. Gerne scharrt der Seal U hier mit den Reifen, gleichzeitig wirken die 160 kW/218 PS schon nach dem Ortsausgang etwas schwachbrüstig. Nach knapp zehn Sekunden erreicht das SUV Tempo 100, abgeregelt wird bei 175 km/h. Ebenfalls nicht der Hit sind die Assistenzsysteme, die nicht nur bevormundend, sondern erschreckend unzuverlässig arbeiten. Dieser Rundumschlag sollte wehtun, doch BYD ist sich dieser Umstände teilweise sogar bewusst. Der auf der eigenen e-Platform 3.0 stehende Seal U wurde im Vergleich zum chinesischen Original, dort heißt er Song Plus und ist auch mit Verbrennern erhältlich, nur geringfügig angepasst. Es wurde wohl mehr an der Software, denn an der Hardware geändert. Eine gute Überleitung zu den inneren Qualitäten des Elektro-SUV.

Denn spätestens hier versteht man, wo BYD herkommt. Was sie wollen und welche Kunden sie auf ihrem Heimatmarkt bedienen. Es erstaunte uns die Qualität des Interieurs mit vielen veganen Kunstlederbezügen (das zumindest ist die Aussage von BYD), geschäumten Oberflächen und nur wenig Hartplastik. Das macht Volkswagen in diesem Segment auf keinen Fall besser. Allerdings haben die Wolfsburger ergonomischere Sitze im Programm. Richtig sprachlos wird man in diesem Fahrzeug, wenn es um die schnelle Reaktionszeit des Infotainment-Systems geht. Eingabebefehle auf dem etwas weit vom Fahrer entfernten Zentraldisplay werden blitzschnell umgesetzt, die Navigationskarte lässt sich ruck- und verzögerungsfrei zoomen und verschieben.

 Zwar sehen die Sitze gut aus, allerdings fehlt es an Seitenhalt und die festen Kopfstützen drücken bei großen Menschen in den Schulter-/Nackenbereich. Zwar sehen die Sitze gut aus, allerdings fehlt es an Seitenhalt und die festen Kopfstützen drücken bei großen Menschen in den Schulter-/Nackenbereich.

Bis zu 480 Kilometer mit einer Akkuladung können möglich sein

Das kennen wir allenfalls von Tesla oder Volvo/Polestar. Selbst das eigene Sprachdialogsystem versteht Eingaben auf „denglisch“ ziemlich gut, hat aber nur einen sehr begrenzten Horizont. Nervig für alle, die längere Strecken fahren wollen: Einen integrierten Ladeplaner gibt es noch nicht. Als wir dies herausgefunden haben, blitzte nebenbei ein Info-Icon auf, das auf ein anstehendes Software-Update verwies. Der BYD Seal U kann also auch Over-the-Air-Updates, beherrscht aber nur kabelloses Android Auto. Apple-Nutzer müssen weiterhin auf eine physikalische Verbindung vertrauen.

In Sachen Verbrauchs- und Reichweitenermittlung sind wir indes vorsichtig. Während erster Testfahrten in und um Lissabon hatte es angenehme 20 Grad, das Tempolimit von 120 km/h war nicht nur eine Empfehlung und überhaupt sah das Streckenprofil viele rekuperationsgünstige Etappen vor. Am Ende zeigte der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch nahe der 18 kWh auf 100 Kilometer an. Für ein 2,2 Tonnen schweres Auto mit genügend Platz für fünf Personen, vier davon können große Erwachsene sein, und Stauraum für bis zu 552 Liter Gepäck sicherlich nicht verkehrt. Ins Verhältnis zur großen 87-kWh-Batterie gesetzt, ergibt sich eine theoretische 100-Prozent-Reichweite von rund 480 Kilometer. Geladen werden kann derweil mit maximal 11 kW AC oder bis zu 140 kW DC. Bei der Comfort-Variante mit kleinem Akku sind es nur 115 kW DC. Dass es mit der durchschnittlichen Ladezeit nicht weit her ist, zeigt ein Blicks ins Datenblatt. Statt den Wert von 10 auf 80 Prozent anzugeben, messen die Chinesen 28 Minuten zwischen 30 und 80 Prozent.

 Der BYD Seal U trägt unter der Fronthaube keinen Frunk - obwohl genügend Platz vorhanden wäre. Denkbar, das ein entsprechendes Inlay als Zubehör nachgereicht wird. Der BYD Seal U trägt unter der Fronthaube keinen Frunk - obwohl genügend Platz vorhanden wäre. Denkbar, das ein entsprechendes Inlay als Zubehör nachgereicht wird.

Erstes Fazit

Der BYD Seal U ist weit davon entfernt, ein perfektes Auto zu sein. Auch in der Preisklasse um 40 bis 45.000 Euro. Da der fernöstliche Hersteller allerdings das ganze Fahrzeug und auch die Batterie im eigenen Haus entwickelt, dürften entsprechende Nachbesserungen (oder gleich ein ganz neues Modell) nicht lange auf sich warten lassen. Wenngleich es bei der Fahrdynamik hapert, Innenraumqualität und Infotainment-Geschwindigkeit lassen aufhorchen und sollten bei europäischen Autobauern doch so etwas wie Druck erzeugen. Denn eins wird deutlich: Der Vorsprung schwindet weiter und BYD hat weltweit ambitionierte Ziele, die sie so schnell nicht aus dem Blick verlieren werden. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)

Technische Daten - BYD Seal U Design


Modell BYD Seal U Design
Motor Permanentmagnet-Synchronmaschine (PSM)
Antrieb Vorderrad, 1-Gang-Automatik
Max. Systemleistung 160 kW (218 PS)
30-Minuten-Leistung k. A.
Max. Systemdrehmoment bis zu 330 Nm
Batterie 87 kWh BYD Blade LFP
Batterieheizung Ja, Serie
Wärmepumpe Ja, Serie
Bidirektionales Laden (V2L) Ja
Max. Ladeleistung AC/DC 11 kW/140 kW
Stromverbrauch kombiniert (WLTP) 20,5-19,9 kWh/100 km²
Testverbrauch gemäß Bordcomputer 18,0 kWh/100 km
CO2-Emissionen kombiniert 0 g/km²
Reichweite nach WLTP bis zu 500 km²
Im Test erzielte Reichweite bis zu 480 km (hochgerechnet)
Beschleunigung (0–100 km/h) 9,6 s
Höchstgeschwindigkeit 175 km/h
Abmessungen (L/B/H) 4,79 m/1,89 m/1,67 m
Leergewicht ca. 2.147 kg
Anhängelast bis zu 1.300 kg
Kofferraumvolumen 552-1.440 l
Grundpreis BYD Seal U Design ab 44.990 Euro

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