Die Spritpreise steigen und steigen, selbst der Diesel kostet vielerorts mehr als 2,10 Euro pro Liter. Wer nun auf ein sparsames Auto zurückgreifen kann, darf sich glücklich schätzen. Doch was hat das alles mit einem BMW X6 zu tun? Ein über 2,3 Tonnen schweres SUV-Coupé mit dem teilweisen Antlitz eines Schützenpanzers.
Eigentlich gar nichts, hätten die Münchner nicht diesen einen famosen Selbstzünder im Programm. Drei Liter Hubraum, sechs Zylinder in Reihe und 340 PS stark hält der mindestens 86.600 Euro teure „xDrive40d“ (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,9-6,8 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 206-179 g/km)² die Fahne für den Sportdiesel ganz weit hoch in den Wind. Dabei beerbt der Biturbo den bereits seit 2020 nicht mehr angebotenen Quadturbo des M50d, dessen Erhalt einzig für Kontinentaleuropa BMW zu teuer gekommen wäre.
Macht aber nichts. Denn die 700 Newtonmeter des Testprobanden sind ebenfalls mehr als genug, katapultieren den Bayern im Bedarfsfall in 5,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und wenn die Autobahn frei ist, sind knapp 250 Stundenkilometer möglich. In diesen Zeiten sicherlich nebensächliche Werte und so schweift der Blick auf den Verbrauchsrechner. BMW selbst gibt für den X6 xDrive40d einen Verbrauch um acht Liter auf 100 Kilometer nach WLTP an, weniger sind aber ebenfalls möglich.
So erreichten wir im knapp zweiwöchigen Testzeitraum einen flotten Durchschnittswert laut Bordcomputer um 7,6 Liter auf 100 Kilometer. Nicht zuletzt die 48-Volt-Technologie um den 11 kW starken integrierten Startergenerator hilft beim Spritsparen; bereits früh geht der Achtgang-Wandler in den Freilauf und wird ergänzt durch eine beinahe unmerklich arbeitende Stopp-Start-Automatik.
Wer lange sparsam fährt erhält im EcoPro-Modus sodann angezeigt, wie viel Reichweite er durchs Schleichen hinzugewonnen hat. Anschließend können jene „Freikilometer“ auf der enthemmten Feierabendrunde über leere, stark gewundene Landstraßen in Fahrspaß umgesetzt werden. Hier zeigt der X6 seine andere Seite. Von BMW als „Sport Activity Vehicle“ vermarktet, macht das Dickschiff in Kurven eine verblüffend gute Figur, was vor allem am verbauten adaptiven M Fahrwerk Professional (5.450 Euro) liegt. Es beinhaltet neben einer aktiven Wankstabilisierung und dem mechanischen Sportdifferenzial auch die Integral-Aktivlenkung, die für spürbar mehr Agilität und eine gesteigerte Spurtreue sorgt.
Je schneller und härter du den BMW X6 treibst, desto verschliffener arbeiten die einzelnen Fahrwerkskomponenten zusammen. Motor, Getriebe und Lenkung bilden in solchen Momenten ebenfalls eine Einheit, was die bayerische Trutzburg fahrdynamisch sehr nahe an den Porsche Cayenne heranrückt. Allerdings: Erhöhte Ansprüche an den Fahrkomfort dürfen beim X6 nicht gestellt werden.
Auch ein Test zum Schwestermodell BMW X5, damals mit einem 2-Achs-Luftfahrwerk ausgerüstet, zeigte, dass ein teils nervöses Fahrverhalten wohl oder übel toleriert werden muss. Dass der Bayer zudem kein Leichtgewicht ist, wird besonders über Querfugen und schlechtes Straßenflickwerk spürbar. Hier wird unbeholfen, teils stuckernd abgerollt, was definitiv nicht sein müsste. Wer es im gleichen Hause dagegen sänftenartiger wünscht, für den könnte der Blick zum amerikanisch-soften BMW X7 lohnen, der ab 93.100 Euro aber ungleich teurer ist.
Wenig Kompromisse müssen hingegen im Interieur eingegangen werden. Gewohnt problemlos lässt sich das Infotainment bedienen, derweil übernimmt der X6 seinen massigen Außenauftritt gekonnt ins innere. Lederpolster sind Serie, genauso wie Sensatec auf dem Armaturenbrett. Gegen 1.600 Euro Aufpreis wird aus dem Kunstmaterial wunschgemäß Walknappa. Die eingesetzten Materialien gefallen, Optik und Haptik passen sehr gut zusammen. Es braucht eigentlich nicht viel, um aus dem BMW X6 xDrive40d einen feudalen Reisebegleiter zu machen; die sehr bequemen und vielfach einstellbaren Komfortsitze zu 1.150 Euro sollten aber in jedem Fall mit auf die Wunschliste.
Vorne wie hinten sitzt es sich bequem und luftig, selbst das früh abfallende Dach schränkt die Kopffreiheit im Fond nicht ein. Feinkritik am Rande: Auch wenn der X6 in seiner Karosserieform an ein Coupé erinnern soll – Haltegriffe im Dachhimmel wären eine wünschenswerte Ergänzung der Serienausstattung. Neben seiner polarisierenden Optik bietet der Bayer freilich auch handfeste Ladewerte. Zwischen 580 und 1.530 Liter fasst der Kofferraum, an den Haken nehmen darf der BMW indes bis zu 3,5 Tonnen.
Hinter jeder harten Schale verbirgt sich ein weicher Kern. Tauscht man weich gegen sparsam, trifft das auf jeden Fall auf den BMW X6 xDrive40d zu. Der 340 PS starke Bayer verblüfft durch seinen niedrigen Durchschnittsverbrauch von 7,6 Liter, bei gleichzeitig zügiger Fahrweise. Dass jene Sparsamkeit im Oberklasse-Segment freilich ihren Preis hat, steht auf einem anderen Blatt. Für mindestens 86.600 Euro bekommt man dafür auch einiges an Serienausstattung geboten; die Liste der Extras fällt ungleich länger aus. Ebenfalls im Preis enthalten: eine zu straffe Fahrwerksabstimmung sowie ein zu nervöses Einlenkverhalten. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)