Der BMW iX5 Hydrogen auf einen Blick
- Experimentalfahrzeug basierend auf dem BMW X5 G05
- Bis zu 100 Fahrzeuge im Feldversuch
- 295 kW/401 System-PS, 0-100 km/h in < 6 Sekunden
- Nur Heckantrieb mit dynamischer Auslegung
- Serienreife frühestens 2025 in der "Neuen Klasse"
Die Krux mit dem Wasserstoff
Aktuell kannst du in Deutschland als Privatkunde genau zwei Brennstoffzellen-Pkw kaufen. Den Hyundai Nexo (Wasserstoffverbrauch kombiniert: 0,84 kg/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km)² und den Toyota Mirai II (Wasserstoffverbrauch kombiniert: 0,89-0,79 kg/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km)². Beide Serienautos sind wir bereits mehrmals gefahren und waren jedes Mal von der einfachen Handhabung - vor allem beim Nachtanken - angetan. Damit wäre der entscheidende Vorteil eines Fahrzeugs, das mit Wasserstoff betankt wird, gegenüber einem heutigen batterieelektrischen Auto irgendwie schon abgehakt. Alles, was danach kommt, ist nun ja, kompliziert. Bisweilen auch politisch. Es beginnt mit dem Wirkungsgrad der Brennstoffzelle, der wohl nicht wie einst angenommen bei 60 Prozent liegt, sondern in einem Auto mit der aktuell zur Verfügung stehenden Technik nur knapp 30 Prozent erreichen soll (Angabe gemäß TÜV Nord). Zum Vergleich: Ein moderner Diesel schafft das auch.
Woher der Kraftstoff für den Selbstzünder stammt, ist derweil klar: aus der Raffinerie, die zuvor Rohöl zu Benzin, Diesel und Kerosin weiterverarbeitet hat. Beim Wasserstoff ist das hingegen schwieriger nachzuvollziehen. Es gibt zudem grauen, türkisen, blauen und grünen Wasserstoff, wobei diese Einteilung nichts mit der Farbgebung des gasförmig oder flüssig gelagerten Treibstoffs zu tun hat, sondern mit der Menge an CO2-Emissionen, die bei seiner Herstellung direkt oder indirekt entstehen. Was wir hier gerade am Irschenberg in das Entwicklungsfahrzeug BMW iX5 Hydrogen getankt haben, ist höchstwahrscheinlich grauer Wasserstoff, der maßgeblich durch das Verbrennen von Erdgas und Kohle hergestellt wurde und somit nicht CO2-neutral ist.
Der iX5 Hydrogen wird so nicht in Serie gehen
Grün wäre die ganze Sache theoretisch nur, wenn im Herstellungsprozess ausschließlich regenerative Energien zum Einsatz kämen, was derzeit, zumindest in Mitteleuropa, schlicht nicht der Fall ist. Aber hey: Auch ein rein batteriebetriebenes Elektroauto fährt aktuell, wenn es blöd läuft, mit 100 Prozent Kohlestrom, obwohl an der Ladesäule irgendwas mit 100 Prozent Ökostrom steht.
Dieser Fahrbericht soll derweil keine Einleitung zu einem energietechnischen Studiengang sein, sondern, wie der Name schon sagt, ein Fahrbericht. Ganz gleich, mit welchem Energieträger wir uns morgen oder übermorgen fortbewegen, das, was sie bei BMW teilweise in Handarbeit auf die Räder gestellt haben, lässt hoffen, dass der Technikstandort Deutschland noch lange nicht ausgedient hat. Knapp 100 Einheiten des BMW iX5 Hydrogen (Wasserstoffverbrauch kombiniert: 1,19 kg/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km)² werden zu Testzwecken gebaut, danach ist erst einmal Schluss. Die Chance, dass der hier getestete Antrieb in absehbarer Zeit in die Großserie übergeht, tendiert dementsprechend gegen null. Denn schon mit der "Neuen Klasse" ab 2025 werden die Karten bei den Münchnern neu gemischt, wodurch die Technik, die wir hier bewegen, bereits ein alter Hut sein wird.
Warum tut sich BMW das überhaupt an?
Es beginnt grundlegend damit, dass der iX5 noch auf einer Verbrenner-Plattform (CLAR) aufgebaut ist. Der Basis-X5 ist als Allradler mit großem Kardantunnel konzipiert, der beim Wasserstoff-Pilotfahrzeug einen der beiden CFK-Tanks mit 700 bar Druck beherbergt. Der andere liegt quer zur Fahrtrichtung unter der Rücksitzbank. Beide fassen zusammen rund sechs Kilogramm gasförmigen Wasserstoff. Die "Neue Klasse" hingegen ist nur noch für Elektroantriebe gedacht, sodass die Tanks, die heute großzügig dimensioniert werden können, morgen in die Hülle eines flachen Batteriekastens gestopft werden müssen. In jedem Fall eine Herausforderung.
Aber warum tut sich BMW das mit der Brennstoffzelle und diesem doch sehr kostspieligen Feldversuch überhaupt an? Schließlich lässt man nicht einfach ein paar X5 in Garching herumfahren, sondern hat die Flotte weltweit auf alle nennenswerten Märkte mit Zugang zu Wasserstofftankstellen verteilt. Gelebte Technologieoffenheit könnte ein Argument sein, andererseits hat es sicherlich etwas damit zu tun, dass man schlicht nicht alles auf eine Karte setzen will. Denn geht der Milliardenpoker um das rohstoffintensive Batterieauto irgendwann schief, können sie nicht nur bei BMW den Laden zusperren.
Weniger Abhängigkeit, mehr Fahrspaß
BMW Entwicklungsvorstand Frank Weber sieht, wie sein Chef Oliver Zipse, die Ausrichtung allein auf eine Technologie, zu deren Rohstoffen wir in Europa jedoch keinen Zugang haben, als keine kluge Entscheidung an. Anders als bei den großen Batterien moderner Elektroautos benötigt man für den iX5 Hydrogen deutlich weniger Rohstoffe. Unter anderem nur vier Gramm Platin für die von Technik-Partner Toyota gestellte Brennstoffzelle. Zwar produzieren die Japaner ihren Mirai II noch etwas ressourcenärmer, da sie auf einen großen Pufferspeicher wie beim iX5 (10 kWh) verzichten, doch muss auch ein Wasserstoff-BMW die grundlegende Freude am Fahren bieten können.
Und wahrlich: Der iX5 Hydrogen bereitet ziemlich viel Fahrfreude! Wenn der 125 kW starke Brennstoffzellen-Stapel im Bug und die 170 kW leistende Batterie im Heck des BMW in trauter Zweisamkeit zusammenarbeiten, fallen durch den Elektromotor bis zu 295 kW/401 PS und satte 710 Nm Drehmoment über die Hinterräder her. Allradantrieb? Nicht im Versuchsfahrzeug. Dabei ist das Gefühl, einen X5 ohne vier angetriebene Räder zu fahren, nicht neu. Kunden des in der Vorgänger-Generation angebotenen Modells sDrive25d werden sich sicherlich erinnern.
BMW iX5 geht nachdrücklich nach vorn
Dass der reine Heckantrieb im Versuchsfahrzeug die Konstruktion nicht nur weniger kompliziert, sondern auch etwas leichter macht, dürfte ein positiver Nebeneffekt sein. Richtiges Gewicht spart der iX5 im Vergleich zu einem reinen Batterie-Stromer hingegen durch den Verzicht auf eine große und schwere Traktionsbatterie. BMW rechnet bei der Fahrzeuggröße eines X5 aktuell mit rund 100 Kilogramm zugunsten des Wasserstoff-Antriebs, wobei es viel interessanter ist, dass dieser sogar 50 Kilogramm leichter ist als die derzeit angebotene Plug-in-Hybrid-Variante. Per Definition mögen die 2,4 Tonnen Leergewicht des iX5 Hydrogen zwar nicht sportlich sein, dennoch ist es eine Schau, wie ambitioniert man das Wasserstoff-SUV über Bergstraßen jagen kann. Anders als bei Mirai oder Nexo wird der E-Antrieb dank des 10-kWh-Pufferspeichers auch immer mit ausreichend Strom versorgt. Verzögerungen bei der Gasannahme oder gar ein Leistungsverlust waren nicht zu spüren.
Der Spurtwert von null auf 100 km/h in knapp unter sechs Sekunden erscheint glaubhaft, die Höchstgeschwindigkeit wurde auf Rücksicht des Prototypenstatus auf Tempo 180 begrenzt. Das reicht vollkommen aus. Gut gelungen ist indes die generelle Fahrwerks- und Lenkabstimmung. Klar, das Grundrezept der Baureihe G05 ist schon alles andere als schlecht, aber die Anpassung an den Wasserstoffantriebsstrang fühlt sich derart richtig an, dass man geneigt ist, dem iX5 Hydrogen seinen Vorserienstatus abzuerkennen. In unseren Augen geht er klar als einer der derzeit am harmonischsten abgestimmten X5 G05 durch.
Testverbrauch zwischen 1,6 und 2,6 kg Wasserstoff auf 100 Kilometer
Gebremst wird beim Wasserstoff-BMW übrigens vorzugsweise per Rekuperation, einstellbar über die Lenkradpaddels oder mit maximaler Verzögerung in der Fahrstufe "B". One-Pedal-Driving inklusive. Wer die Funktionsweise einmal verinnerlicht hat, sucht nach dem gewissen Schnittpunkt im iX5. Dem Punkt, der es erlaubt, ziemlich schnell und ohne den Einsatz des Bremspedals eine im wahrsten Sinne runde Nummer zu fahren. Je beherzter man natürlich am Fahrpedal hängt, desto mehr Wasserstoff wird verbraucht. Eine Erkenntnis, die nicht überraschen dürfte, wobei die Verbrauchsexplosion nach oben hin doch beträchtlich ist. Da der iX5 immer kann, wenn man will, stehen schnell 2,6 kg je 100 Kilometer im Bordcomputer. Sonderlich sparsam oder gar günstig ist das bei einem subventionierten Wasserstoffpreis von 13,85 Euro je Kilogramm eher nicht.
Zwar soll es in der Tat Testfahrer geben, die nahe der Ein-Kilo-Marke herumgezuckelt sind, aber mit Fahrspaß hat das dann nichts mehr zu tun. Ein realistischer Wert, wenn er denn von Relevanz ist, liegt sicherlich bei 1,6 Kilogramm - darunter geht im normalen Alltag wenig. Im Vergleich: Der Toyota Mirai II nahm sich während unserer Testwochen rund 1,3 Kilogramm auf 100 Kilometer. Gemessen an den schieren Abmessungen und dem Vorserienstatus ist das also kein grundlegend schlechter Wert für den BMW.
H2 tanken will gelernt sein
Bevor wir zum Tankprozedere kommen, machen wir noch einen kleinen Abstecher zu den inneren Werten des BMW iX5 Hydrogen. Kurz gesagt: Das Entwicklungsfahrzeug entspricht dem hohen Qualitätsstandard aus der Serienproduktion. Auch deshalb, weil für den Umbau zunächst ein X5-Verbrenner (in diesem Fall noch vor dem diesjährigen Facelift der Baureihe G05) im US-Werk Spartanburg am normalen Band vorproduziert wurde. Im BMW Forschungs- und Innovationszentrum in München werden dann nur die relevanten Baugruppen ausgetauscht. Das Innenleben bleibt, wo es geht, unangetastet.
In das iDrive-System wurde jedoch ein Tankstellen-Finder integriert, der gezielt einen der aktuell 165 in Europa verfügbaren Nachfüllpunkte ansteuert. Das ist nicht gerade viel, aber im Vergleich zu unserem letzten Wasserstoff-Test im Jahr 2021 ist ihre Anzahl deutlich gestiegen. In Deutschland bestehen die größten Lücken immer noch in der Mitte und im Nordosten des Landes. Angekommen an der Tankstelle handelt man wie an einer 24-Stunden-Säule und bezahlt per EC-Karte. Der Unterschied besteht darin, dass man zur Wasserstoffbetankung zuerst eine entsprechende Karte beantragen und sich ein kurzes Schulungsvideo ansehen muss. Wir empfehlen das Video jedem, der sich nicht blamieren möchte, da es sonst vorkommen kann, dass man wie der Ochs vorm Berg steht und einem im Zweifel bei der Druckprüfung erstmal die Zapfpistole entgegenfliegt. Aber dann, wenn man es einmal richtig gemacht hat, ist der fast leere Tank nach gut sechs Minuten wieder voll.
Fazit
Der BMW iX5 Hydrogen begeistert in zweierlei Hinsicht. Zum einen ist dieses Pilotfahrzeug unserem Empfinden nach sehr nah am Serienprodukt, zum anderen unterscheidet sich das Fahrverhalten deutlich von dem, was wir bisher bei Wasserstoff-Autos erfahren haben. Die augenblickliche Leistungsentfaltung entspricht der eines rein batteriebetriebenen Fahrzeugs, während das dynamische Fahrverhalten und die Tankprozedur mit einem Verbrenner vergleichbar sind. So stellt sich BMW im Idealfall einen Teil seiner Zukunft vor. Ob dies so eintritt, hängt auch maßgeblich davon ab, ob und wann wir ausreichend bezahlbaren grünen Wasserstoff zur Verfügung haben. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten BMW iX5 Hydrogen
Modell | BMW iX5 Hydrogen |
Motor | 1x Brennstoffzelle, 1x fremderregter Synchronmotor |
Max. Systemleistung | 295 kW (401 PS) |
Dauerleistung über 30 Minuten | 125 kW (170 PS) |
Max. Systemdrehmoment | 710 Nm |
Puffer-Batterie | 10,0 kWh Lithium-Ionen |
Wasserstoffverbrauch kombiniert | 1,19 kg H2/100 km² |
Testverbrauch gemäß Bordcomputer | 1,6-2,6 kg H2/100 km² |
CO2-Emissionen kombiniert | 0 g/km² |
Reichweite | bis zu 504 km² |
Im Test gemessene Reichweite | 250 bis 350 km |
Beschleunigung (0–100 km/h) | unter 6 s |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Abmessungen (L/B/H) | 4,92 m/2,04 m/1,75 m |
Leergewicht | ca. 2.400 kg |
Kofferraumvolumen | 500 bis 1.720 l |
Grundpreis BMW iX5 Hydrogen | Nicht käuflich erhältlich |