Der BMW X4 ist in seiner Machart ein Sport Utility Vehicle. Eines, das als Ausrede für alle dient, die so ein Auto mangels Familie oder ausladender Freizeitaktivitäten eigentlich gar nicht brauchen, es aber dennoch haben möchten. Man kann den Besitz des Hochbeiners mit seinem extravaganten Design begründen, wo natürlich jeder weiß, dass es sich dabei um eine Geschmacksfrage handelt. Doch auch wer als Egomane gerne Geländewagen fährt kann im Zweifel hinten jemanden mitnehmen. Denn so schlecht wie anfangs befürchtet sitzt man im Fond des neuen X4 gar nicht. Ab knapp 1,90 Meter Körpergröße streift man dann aber unweigerlich den Dachhimmel und Frau mit Hut geht ebenfalls nicht.
Das Heck des BMW X4: Passt für große, weniger für Hunde
Aber wer fährt schon wie die Queen mit Kopfbedeckung zum nächsten Pferderennen? Kein Normalsterblicher X4 Kunde und daher geht das schon in Ordnung mit der Kopffreiheit. Richtige Hunde (nicht diese Fußhupen) sollte man allerdings keine haben. Sie würden es dem Herrchen übelnehmen, so beengt im Kofferabteil zu hausen und keinen vernünftigen Ausblick zu genießen. Gepäck passt hingegen hervorragend in den 525 Liter fassenden Stauraum und wer die hintere Sitzbank umklappt kann sogar bis 1.430 Liter mit sich herumschleppen. Die Ladefläche ist dann übrigens eben und durch die weit zu öffnende elektrische Heckklappe auch gut zu beladen. Dagegen etwas weniger großartig: Die eingeclipste Hutablage, die eher der Funktion, als einer wertigen Handhabung folgt.
Gute Qualität, gesalzene Preise
Das mag in Sachen Verarbeitung aber unser größter Kritikpunkt bleiben. Ansonsten überzeugt der im US-Werk Spartanburg gefertigte X4 mit seiner Qualität, wobei die Hochwertigkeit des Innenraums maßgeblich von den Spendierhosen des Kunden abhängt. Mit einem Testwagenpreis von 72.630 Euro (Deutschland) fährt unser Vorführer bereits sehr ordentlich ausstaffiert vor – das Ende der Fahnenstange liegt beim X4 20d xDrive dennoch bei mehr als 80.000 Euro. Doch nicht alles was kostet, ist auch sinnvoll. Gestensteuerung, Displaykey und Head-up-Display – nice to have, aber nicht zwingend erforderlich. Über eine serienmäßige Rückfahrkamera würden sich hingegen viele freuen. Denn die Übersicht, insbesondere nach hinten, lässt bauartbedingt stark zu wünschen übrig.
In der Übersicht ein Spähpanzer
Das Heckfenster gleicht einer Schießscharte und wo sind eigentlich jene, die damals dem ersten Audi TT eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Spähpanzer attestierten? Der Vergleich trifft beim X4 schon eher zu, wenngleich sich viele Übersichtsprobleme auf der Autobahn in Wohlgefallen auflösen. Dort auf der breiten Piste fühlt sich der schräge Bayer daheim und befindet sich in seinem Element. Sowohl sein Fahrkomfort, als auch seine gute Geräuschdämmung tragen dazu bei, dass man mit ihm gerne längere Strecken absolvieren will. Das Adaptivfahrwerk sei an dieser Stelle als lohnendes Feature angepriesen und auch der Basis-Diesel 20d macht keine schlechte Figur.
Als xDrive20d ordentlich motorisiert
Freilich darf man von ihm keine Höchstleistung erwarten – dafür gibt es ab sofort ja den neuen X4 M Competition. Doch hält sich der 190 PS und maximal 400 Nm leistende Selbstzünder beim Spritkonsum angenehm zurück, ist leise und gleichzeitig durchzugsstark. Letzteres ist beinahe bemerkenswert, wiegt der X4 doch fahrbereit an die zwei Tonnen. BMW gibt für das Mittelklasse-SUV derweil einen Verbrauch von gut 5,6 bis 5,3 Liter Diesel auf 100 Kilometer an, wir halten mit erfahrenen 7,5 bis 8,0 Liter laut Bordcomputer dagegen. Gute 8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 glauben wir dem Wagen, die Höchstgeschwindigkeit von 213 km/h erreicht der X4 allerdings eher schlecht als recht. Ohne Fehl und Tadel: Die 8-Gang-Automatik von ZF. Sie ist berechtigterweise alternativlos und vollführt ihre Arbeit in großartiger Unauffälligkeit.
Keine Experimente im Innenraum
In Zurückhaltung üben sich auch die inneren Werte des BMW X4. Das Cockpit ist aus der BMW Großserie bekannt, über allem thront wahlweise ein 10,25 Zoll iDrive-Bildschirm der sich ebenfalls optional um eine digitale 12,3 Zoll große Instrumentenkombi erweitern lässt. An der generellen Bedienung haben wir wenig auszusetzen – die Gestensteuerung bleibt allerdings ein recht unnahbares Feature. Überraschend gut arbeiten dagegen die Assistenzsysteme im BMW X4. Die Kombination aus Abstandsregeltempomat und Spurführungsassistent erleichtert insbesondere im zähen Pendlerverkehr die Arbeit des Fahrers und lässt auch längere Phasen ohne Lenkeingriffe zu. Automatisiert oder gar autonom sind jene Episoden auf der Straße jedoch noch lange nicht. So ist der Wagen weiterhin auf ein klar gezeichnetes Markierungsbild oder einen vernünftig fahrenden Vordermann angewiesen.
Fazit
Der BMW X4 xDrive20d ist ein unaufgeregter Alltagsbegleiter, der mit seinem extravaganten Design aus der Masse an Geländewagen heraussticht aber optisch sicherlich nicht jedem gefallen dürfte. Die Platzverhältnisse im Fond gehen für die Coupé-Form durchaus in Ordnung, wenngleich Familien mit Kind, Kegel und Hund in einem X3 naturgemäß besser aufgehoben sind. Die Preispolitik ist BMW-typisch straff, wobei nicht jedes wählbare Feature wirklich Sinn macht. Eine Rückfahrkamera ist bei der schlechten Übersicht nach hinten jedoch Pflicht. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten*
- Modell: BMW X4 xDrive 20d xLine
- Motor: Vierzylinder-Turbodiesel, 1.995 ccm
- Leistung: 190 PS (140 kW) zwischen 4.000 und 4.000 U/min
- Drehmoment: 400 Nm zwischen 1.750 und 2.500 U/min
- Antrieb: xDrive Allrad, 8-Gang-Steptronic
- Verbrauch: 5,6 - 5,3 l D /100 km
- Beschleunigung (0 – 100 km/h): 8,0 s
- Höchstgeschwindigkeit: 213 km/h
- Abmessungen (L/B/H): 4,75 m/1,92 m/1,62 m
- Gewicht EU: 1.845 Kg
- Tankvolumen: 68 l
- Grundpreis Österreich: 57.808,50 Euro
*Herstellerangaben