Der Wunsch einen BMW M8 (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,1-11,2 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 254-256 g/km²) auf die Straße zu bekommen, er ist in München beziehungsweise Garching nicht neu. Bereits Anfang der 1990er Jahre tüftelte man bei der M GmbH an einem leistungsstarken Top-Modell der damaligen 8er Reihe E31, wurde sich aber schlussendlich sowohl bei den Kosten als auch beim Antrieb nicht einig. Der erste M8 verschwand in der bajuwarischen Mottenkiste und auch ein Cabrio auf E31-Basis erblickte nie das Licht der Ausstellungsräume. Knapp 30 Jahre später können wir nun aber endlich über einen BMW M8 berichten – und hier sogar in Form eines Cabrios. Gekonnt ignorieren wir die Tatsache, dass der aktuelle 8er eigentlich ein aufgewerteter 6er ist und wollen lieber klären, wie viel Motorsport sich noch hinter der langen Namensgebung BMW M8 Competition Cabriolet xDrive verbirgt.
Teurer als ein M760Li
Zunächst aber der Hinweis, dass dieser Wagen der teuerste Serienflitzer ist, den man derzeit bei BMW neu bestellen kann. Sein Basispreis beläuft sich in Österreich auf augentränende 221.942 Euro. Damit kostet er deutliche 14.591,79 Euro mehr als der M760Li xDrive, der mit seinem V12 lange Zeit das obere Ende in der hauseigenen Nahrungskette markierte (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 13,2-13,8 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 300-315 g/km²). Doch was kostet schon die Welt und so stehen nach Aufrechnung so mancher Extras knapp 260.000 Euro im beigelegten Fahrzeugstammblatt. Mit von der Partie ist bei diesem Preis das Competition-Paket, das die Leistung des TwinTurbo-Achtzylinders von 600 auf 625 PS anhebt. Auch eine M Sportabgasanlage ist serienmäßig an Bord, aber dazu später mehr.
Der M8 trägt den Pelz innen und außen
Nach dem Studieren des üppigen Preisaushangs, richten sich die Blicke auf den opulenten Außenauftritt. Man kann sich trefflich darüber streiten, ob es denn nun die extrabreiten Nieren, das zerklüftete Heck oder die beinahe unputzbaren 811er Sternspeichenfelgen gebraucht hat. Man kann das Gesamtwerk aber auch stimmig finden. Das M8 Competition Cabrio macht keinen Hehl aus seiner motorentechnischen Potenz und trägt dank dem optionalen M Carbon Exterieurpaket (5.448 Euro) sogar noch ordentlich Mascara auf. Fahrertür auf und den Haubenöffner bedient. Schließlich will man wissen, wofür andere bereitwillig so viel Geld ausgeben. Es empfängt einen ein wahrhaft imposantes Kraftwerk mit acht Zylindern und 4,4 Liter Hubraum. Schön angerichtet und mit einer 1.212 Euro teuren M Carbon Motorabdeckung garniert.
Qualitativ oben auf
Hier lassen sich die Bayerischen Motorenwerke nicht lumpen, hier sind sie manchem Mitbewerber klar überlegen. Klar kann man auch hier fragen, welchen Vorteil der Käufer von einem schönen Triebwerksraum hat? Bei einem Fahrzeugwert der anderswo für eine Eigentumswohnung reicht, erübrigt sich allerdings eine tiefgreifende Aufarbeitung. Also Motordeckel zu und hinein in die gute Stube. Die Stoffmütze ist noch geschlossen und so hat man einen Moment um innezuhalten. Bereits beim Test zum 745e (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 2,1-2,3 l/100km; Stromverbrauch kombiniert: 15,1-15,6 kWh/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 48-52 g/km²) haben wir das erstarkte Qualitätsbewusstsein bei BMW gelobt, doch wie sich die Münchner beim M8 ausgetobt haben ist der helle Wahnsinn. Feinstes Leder trifft auf Aluminium trifft auf nur sehr wenige Plastikflächen. Einzig die Mittelkonsole mit ihrem Klavierlack wirkt kratzempfindlich aber mindestens sehr staubanfällig.
Die Sache mit dem Motorklang
Wir erblicken zahlreiche M-Insignien, die roten M-Tasten am Lenkrad sowie den ebenfalls roten Startknopf. Die Sicherheitsgurte zeigen die Farben der M GmbH und die ausnahmsweise serienmäßigen M Sportsitze sind auch nach mehreren Stunden hinter dem dick geschäumten Lenkrad bequemer als viele Chefsessel. Wie eben jener fühlt man sich auch, allerspätestens wenn der V8 erstmals zündet. Klanglich intensiv ist der Kaltstart, die M Sportabgasanlage tönt politisch unkorrekt immerzu auf laut und schnell wird klar: Der nachbarschaftsfreundliche „Quiet Mode“ ist nur etwas für spießige Mustang-Fahrer. Hat sich die Leerlaufdrehzahl nach kurzer Zeit eingependelt, fällt die Klangkulisse des Achtzylinders allerdings in sich zusammen wie ein Himbeer-Soufflé.
Unaufgeregt schnell
Nicht, dass der M8 leise wäre. Doch der brummige Sound wirkt streckenweise synthetisch, eingespielt und erinnert selbst im oberen Drehzahlbereich eher an einen hochgezüchteten Sechszylinder-Diesel. „Powpow“ und „Pengpeng“ waren gestern. Heute gibt es EU-konformes Gesäusel. Der Unterschied zwischen der US-Version ohne Ottopartikelfilter und dem europäischen Pendant ist mehr als deutlich und lässt einen wehmütig auf den alten M6 V8 zurückblicken. Dafür kann BMW nichts, doch sollte man sich diesem Umstand bewusst sein, wenn man sich einen M8 Competition zulegen möchte. Will man das Positive am gedämpften Sound aus den vier Endrohren sehen, so passt die zurückhaltende Klangcharakteristik immerhin zum ruhigen Wesen des Cabrios. Schnell ist der 2+2 Sitzer aber dennoch. In lediglich 3,3 Sekunden sprintet der 2,1 Tonner von 0 auf 100 km/h, dank des M Driver’s Package geht es anschließend weiter bis auf 305 Stundenkilometer.
M Driver’s Package mit Fahrsicherheitstraining
Tempo 305 kennen wir auch vom Audi RS 6 Avant (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,5-11,7 l/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 263-268 g/km²). Doch ist es bemerkenswert, was 25 PS und 0,4 Liter Hubraum mehr ab etwa 250 km/h ausmachen. Wie das M8 Competition Cabrio im subjektiven Vergleich auch jenseits der freiwilligen Selbstbeschränkung nach vorne hechtet ist eine Schau. Da ist es nur verständlich, dass BMW im Paketpreis von 2.472 Euro gleich ein Fahrsicherheitstraining mit anbietet. Es ist mehr als ratsam um das Potential des M8 Competition auf öffentlichen Straßen ansatzweise nutzen zu können oder es zumindest unter Kontrolle zu halten. Auf der Geraden sind viele Autos schnell, also runter von der Autobahn und auf die Landstraße. Wir befinden uns in einem der beiden frei zu konfigurierenden M-Modes und haben den xDrive Allrad in die Sport-Stellung bewegt.
Per Knopfdruck zum Hecktriebler
Reiner Hinterradantrieb ohne jedwede elektronische Fangleine ist möglich, doch bereits die heckbetonte xDrive-Auslegung erlaubt zielgerichtete und sehr gemütserhellende Quertreiber. Mittels der direkten Lenkung lässt sich das Cabrio sodann spielend in die nächste Kehre treiben, wobei der Kontakt zwischen Fahrer und Straße manchmal zu entkoppelt wirkt. Zwar hat man bei der M GmbH alles daran gesetzt die schiere Fahrzeuggröße sowie das hohe Eigengewicht bestmöglich zu kaschieren, aber auch in Garching kann man nicht zaubern. Benötigt das M8 Cabrio im giftigen 2WD-Mode ohne DSC nach hinten ordentlich Freiraum, schiebt die Fuhre im normalen Allradbetrieb eher über die Vorderräder. Auch enge Bergstraßen haben ihre Tücken, liegt der Bayer mit knapp zwei Metern Breite sehr formatfüllend auf der Piste. Sein Revier ist daher die gut gebaute Staatsstraße, die zwar durchaus engere Biegungen beinhalten darf, aber über genügend Auslauffläche verfügen sollte. Hierzu passt dann auch die bestens abgestimmte 8-Gang-Automatik und das mit viel Restkomfort punktende adaptive M Sportfahrwerk.
Nun ist auch die Bremse elektrisch
Wie gewohnt lassen sich zahlreiche Fahrzeugeinstellungen per iDrive variieren, wobei nun auch die elektrisch angebundene Bremse in zwei Stufen konfiguriert werden kann. Apropos Bremse: Ob es bei einem derartigen Straßenrenner nun wirklich die 8.874 Euro teure Keramik-Einheit sein muss sei dahingestellt. Die Verzögerungswerte eben jener sind unabhängig davon aber gewaltig. Im alltäglichen Nutzen sind es jedoch andere Dinge, die auffallen. So nervt die Karosserie nicht nur durch ihre Breite, sondern insgesamt durch ihre Unübersichtlichkeit - vor allem beim Einparken. Und dann wäre da noch eines jener No-Gos, das bei einem Auto jenseits der 200.000 Euro nicht sein darf.
Wenn das Wasser von der Seite kommt…
Denn offen gefahren sorgt leichter Regen oder die eingesetzte Scheibenwischanlage dafür, dass an der Frontscheibe abgeleitetes Wasser über die Seitenscheiben direkt in den Innenraum gelangt. Bis 50 Stundenkilometer lässt sich das Stoffdach mit gläserner Heckscheibe innert 15 Sekunden öffnen und schließen – vorausgesetzt man hat vorher die arg billige Gepäckraumklappe im Kofferraum gefunden und heruntergeklappt. 68 Liter fasst indes der Kraftstofftank des M8 und ist damit bei einem Testverbrauch um 15 Liter auf 100 Kilometer eher spärlich dimensioniert.
Fazit
Wie viel „M“ steckt denn nun im BMW M8 Competition Cabriolet xDrive? Nun, das kommt auf die Betrachtungsweise an. Beziehungsweise darauf, wie man einen M BMW selbst definiert. Zählt man zu jener Art Puristen die sich gerne an den M3 E30 oder M5 E34 erinnern, dann ist der M8 definitiv das falsche Auto. Zu groß, zu schwer und in vielen Momenten vielleicht auch zu üppig motorisiert. Doch sieht man das M8 Cabrio als eine Art Hochleistungs-Langstreckenwagen mit, wie es BMW selbst beschreibt, aus dem Motorsport inspirierter Leistung, dann kann man mit diesem offenherzigen Bayern durchaus glücklich werden. Denn die große, entspannte und manchmal quertreibende Reise zu zweit ist das, was ihm am besten liegt. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten*
- Modell: BMW M8 Competition Cabriolet xDrive
- Motor: Achtzylinder-Benziner, 4.395 ccm
- Leistung: 625 PS (460 kW) bei 6.000 U/min
- Drehmoment: 750 Nm bei 1.850 U/min
- Antrieb: Allrad, 8-Gang-Automatik
- Verbrauch kombiniert: 10,6-10,8 l/100 km²
- CO2-Emissionen kombiniert: 241-246 g/km²
- Beschleunigung (0 – 100 km/h): 3,3 s
- Höchstgeschwindigkeit: optional 305 km/h
- Abmessungen (L/B/H): 5,10 m/1,94 m/1,35 m
- Gewicht: ca. 2.100 kg
- Tankvolumen: ca. 68 l
- Grundpreis AT: ab 221.942 Euro
*Herstellerangaben