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Fahrbericht BMW i7 xDrive60: Freude am Luxus

BMW fährt im neuen 7er mehr Technik denn je auf und macht in manchen Belangen sogar der Luxustochter Rolls-Royce Konkurrenz. Wir zeigen im AutoScout24-Test, wie sich der BMW i7 xDrive60 fährt und ob er Bayer besser sein kann als eine Mercedes S-Klasse.


Der BMW i7 xDrive60 auf einen Blick


Pro

Stärken

  • - Starke Fahrleistungen
  • - Sportives Handling
  • - Hohes Komfortniveau
  • - Hervorragende Sitze
  • - Umfangreiches Entertainment-Angebot
Contra

Schwächen

  • - Sehr teuer in der Anschaffung
  • - Hoher Stromverbrauch
  • - Hakelige Automatiktüren
  • - Wechselnde Qualitätsanmutung

BMW-i7-xDrive60-Front

Klotzen, nicht kleckern

In der Autoindustrie lautet das Gebot der Stunde: Klotzen, nicht kleckern. Wer etwas von sich hält setzt auf Luxus, statt auf Produkte für die Masse. Immerhin gilt es mehr Gutbetuchte denn je vom eigenen Produkt zu überzeugen. BMW, mehr aber noch Mercedes-Benz, sehen hier besonders viel Potenzial im Reich der Mitte. So kann man vielleicht auch im Entferntesten erklären, warum der neue 7er so aussieht, wie er aussieht. Vorbei scheinen die Zeiten, wir denken zurück an die altehrwürdigen Baureihen E32 und E38 (mittlerweile sogar schon wieder der E65), als das BMW-Flaggschiff in der Hauseinfahrt der gelebte Beweis für automobilen Geschmack war.

Es wird sich wohl analog zum neuen 4er entwickeln: Wir Europäer werden uns vor allem an das beleuchtete XXL-Nierenpaar, aber auch an das Festungsheck schon noch gewöhnen und überhaupt – man muss ja nicht gerade "Oxidgrau metallic" als Außenfarbe wählen. Doch genug über Äußerlichkeiten geschrieben. Der intern als G70 betitelte 7er der 2020er-Jahre hat viel mehr zu bieten. Bevor es ans Fahren im hier getesteten BMW i7 xDrive60 geht (Stromverbrauch kombiniert: 19,6-18,4 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km; elektrische Reichweite: bis zu 625 km)², ein Überblick über die Errungenschaften im Komfort- und Infotainmentbereich.

BMW-i7-xDrive60-Cockpit

7er optional mit Ganzkörper-Bass

Es dauerte eine Weile, bis sich der Autor hinterm futuristischen Zweispeichenlenkrad zurechtfand. Sitz, Spiegel und Lenkrad einstellen ist was für Anfänger. Heute gilt es, den digitalen Schlüssel per App zu konfigurieren, Apple CarPlay kabellos über das Operating System 8 zu verbinden und das sündhaft teure Bowers & Wilkins Diamond 4D-Surround-System (mit je zwei Bass-Shakern in den Sitzen für 5.800 Euro) so einzustellen, dass die Spotify-Liste möglichst gut über den gesamten Körper tönt.

Hat man dies erledigt, ist die Konfiguration der serienmäßigen Sichtschutzrollos, der Sitzmassage und der Sitzheizung an der Reihe (Connoisseur Paket zu 2.050 Euro). Geht natürlich auch per Sprachbefehl „Hey BMW…“. Ist die Fahrertür nicht schon beim Tritt aufs Bremspedal automatisch zugefahren (Automatiktüren für 1.500 Euro), lässt sich dies per Knopfdruck nachholen. Die elektrischen Portale derweil sind ein wahrlich cooles Feature, an das man sich schnell gewöhnen kann. Die Wahrheit ist aber auch: Im Alltag können sie durchaus nerven, da sie mitunter ein merkwürdiges Eigenleben führen.

BMW-i7-xDrive60-Console

My Modes lösen Fahrerlebnisprogramme ab

Ach, und dann wären da noch die neuen „My Modes“ (eingeführt mit dem BMW iX), die kurzgefasst die Fahrerlebnisprogramme abgelöst haben. Kurzgefasst deshalb, weil man darüber jetzt nicht mehr nur die Fahrparameter, sondern den „Mood“ des ganzen Fahrzeugs ändern kann. Es wird dann viel mit Licht und Grafiken gespielt, doch am wichtigsten bleibt der weiterhin verfügbare Sport Mode. Hier lässt sich selbst das DSC noch vollständig deaktivieren (eine Freude auf Schnee!), die beiden fremderregten Synchronmotoren des BMW i7 xDrive60 erhalten volle Leistung und dann ab die Post! Wenn die maximalen 400 kW/544 PS auf den Asphalt losgelassen werden marschiert der Münchner in sehr glaubhaften 4,7 Sekunden auf 100 km/h, abgeregelt wird bei 240 km/h.

BMW-i7-xDrive60-Seats

Theoretisch überholt dich damit bei der Endgeschwindigkeit auf der Autobahn zwar ein 740i E38 von 1995 – aber hey, wir leben in anderen Zeiten. Und zwar in solchen, in denen ein absurdes Fahrzeuggewicht von mehr als 2,7 Tonnen einfach weggezaubert wird. Okay, bremsen müssen sie alle mal, aber wie flott der i7 xDrive60 über enge Landstraßen getrieben werden kann, verblüfft dann doch. Die Lenkung ist ein Quell der Freude. Nie zu schwer-, nie zu leichtgängig. Sehr direkt. Einfach gut gelungen. Die Integral-Aktivlenkung für die Hinterachse ist übrigens Serie.

Ebenfalls positiv hervorzuheben ist der Federungskomfort des serienmäßigen Luftfahrwerks (Wankstabilisierung gibt es als Option im Executive Drive Pro Paket für 3.570 Euro), das im Normalmodus sehr komfortabel, aber auch im Sportbetrieb nie übertrieben hart wirkt. An dieser Stelle wird der 7er BMW dem Freude-am-Fahren-Slogan vollumfänglich gerecht und ist im Vergleich zu Audi A8 und Mercedes S-Klasse, selbst als beleibter Stromer, wieder die fahrdynamischste Oberklasselimousine. Der Benz dagegen ist subjektiv noch eine Spur wolkiger unterwegs.

BMW-i7-xDrive60-Side-Rear

Ist die Zeit reif für einen elektrischen 7er?

Mit den besagten 544 PS und 850 Newtonmeter Drehmoment (gleiche Antriebsleistung wie im BMW i4 M50 (Stromverbrauch kombiniert: 22,5-18 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km; elektrische Reichweite: 416-520 km)²) bildet das Elektro-Modell derzeit die Speerspitze im 7er-Modellprogramm. Und nachdem ins gute alte Europa verbrennerseitig keine V8-Version mehr kommen wird, dürfte der ein oder andere vielleicht überlegen, ob jetzt der richtige Zeitpunkt zum Wechseln ist.

Und ja, die Zeit scheint reif. Zumindest dann, wenn man über eine private- oder geschäftliche Ladestation verfügt, mit 300 bis 380 Kilometer Langstreckenreichweite im Winter auskommt und damit leben kann, bei Reisen öfter eine längere Kaffeepause einzulegen. Alle anderen können auch weiterhin zum R6-Diesel-, Benziner- oder PHEV-7er greifen. Maximal mit 195 kW (DC) soll der i7 laden können, wir erreichten, je nach Außentemperatur im Dezember, 60, 100, aber auch einmal knapp die proklamierte Maximalleistung.

Die sinnvolle Vorkonditionierung der netto 101,7 kWh großen Batterie aktiviert sich automatisch bei Routenführungen mit Ladestopps, kann vor Ad-hoc-Ladevorgängen, sofern man daran denkt, aber auch manuell aktiviert werden. Im Winterbetrieb muss mit Verbräuchen zwischen 25 und 30 Kilowattstunden auf 100 Kilometer (ohne Ladeverluste) gerechnet werden. Im Sommer mögen es ein paar Kilowattstunden weniger sein. Ob dauerhaft die versprochenen 19,6 bis 18,4 kWh auf 100 Kilometer gemäß WLTP erreicht werden können, bezweifeln wir an dieser Stelle allerdings.

BMW-i7-xDrive60-Rear

Hinten liegt es sich bequem

Damit liegt der BMW i7 xDrive60, verbrauchstechnisch, auf Augenhöhe mit dem Mercedes EQS 580 (Stromverbrauch kombiniert: 18,5 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km, elektrische Reichweite: bis zu 670 km)², den wir Anfang 2022 getestet hatten. Den Daimler weit hinter sich lässt der Bayer derweil beim Fond-Entertainment. Wer es so richtig wissen will, der stattet die 5,39 Meter lange Limousine (Mercedes-Maybach-S-Klasse mit doppelt verlängertem Radstand 5,41 Meter) mit dem herausklappbaren 31,3 Zoll Theatre-Screen samt Individual Interieur aus. Kostenpunkt hierfür: heftige 16.770 Euro. Die Woll-Kaschmirkombination im Testwagen kostete nochmals 11.840 Euro extra.

BMW-i7-xDrive60-Theatre

Mit voller Hütte lässt es sich selbst mit über 1,90 Meter Größe hinten rechts bequem liegen. Um im Fond in aller Üppigkeit zu Fletzen bedient man sich den serienmäßigen Touchdisplays in iPhone-Größe in den Türen. Der Beifahrersitz fährt per Fingerwisch ganz nach vorne, der Loungesessel wird nach hinten geneigt und eine Beinauflage nebst kleiner Fußstütze hält das Gebein auf Kurs.

Ob man nun so gefahren werden will, steht, auch weil der Theater-Bildschirm dann sehr dicht vor den Augen hängt, auf einem anderen Blatt. Sicher ist: Ladevorgänge vergehen, medial derart gerüstet, wie im Flug. Dabei kann attestiert werden, dass man kaum eine Folge „Breaking Bad“ schafft und der Bayer ist (im Idealfall) wieder von 10 auf 80 Prozent geladen. Ebenfalls großes Kino ist der Einparkassistent. Eines jener Features, das in der Vergangenheit öfter für Verdruss gesorgt hat. Doch wie schnell und präzise der 7er Parklücken erkennt und darin einparkt, ist bisweilen gespenstisch. Gleichermaßen unheimlich ist es, wenn bei einem neuen Auto, wie es der Testwagen nun einmal war, bereits der Fahrersitz quietscht.

Zum Schluss noch die Preisfrage: Der BMW i7 xDrive60 steht in Deutschland ab 135.900 Euro im Konfigurator. Unser Testwagen, mit beinahe allen nennenswerten Optionen ausgerüstet, kostete laut Optionsliste stattliche 188.120 Euro.

BMW-i7-xDrive60-Rearseats

Fazit

BMW brennt mit dem neuen 7er, aber vor allem mit dem elektrischen i7 xDrive60 ein wahres Technikfeuerwerk ab. Mehr (Fond-)Infotainment, mehr (Antriebs-)Komfort hatte bisher kein Bayern-Flaggschiff zu bieten. Gleichzeitig haben die Damen und Herren in München nicht vergessen, dass ein Siebener auch immer fahrdynamisch oben auf sein muss. Wenngleich man hier die Mercedes S-Klasse (und den EQS) gekonnt auf Abstand hält, in Sachen konservativer Chauffeurs-Ansprüche lässt sich die verlängerte Sonderklasse nicht gänzlich abschütteln. Mehr denn je ist die Wahl der besten Oberklasselimousine aber eine Geschmacks- und Glaubensfrage. Geldsorgen sollte man bei der Anschaffung dagegen keine haben. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten*

  • Modell: BMW i7 xDrive60
  • Motoren: 2x fremderregte Elektromotoren
  • Batterie: 101,7 kWh (netto)
  • Maximalleistung: 400 kW/544 PS
  • Maximaldrehmoment: 850 Nm
  • Antrieb: Allrad, 1-Gang-Reduktionsgetriebe
  • Verbrauch kombiniert: 19,6-18,4 kWh/100 km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km²
  • Reichweite (WLTP): bis zu 625 km
  • Beschleunigung (0–100 km/h): 4,7 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h
  • Abmessungen (L/B/H): 5,39 m/1,95 m/1,54 m
  • Gewicht: ca. 2.715 kg
  • Grundpreis: ab 135.900 Euro

*Herstellerangaben

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