Der BMW i5 auf einen Blick
- Neuer Fünfer (G60) debütiert zunächst rein elektrisch
- Ab Februar 2024 auch als Touring erhältlich
- Spitzenmodell i5 M60 xDrive mit 601 PS und 850 Nm Drehmoment
- Neuartiger Überholassistent - per Blick überholen
- Grundpreis BMW i5: ab 70.200 Euro
Der neue Fünfer (G60) – digitale Spielereien und kleine Ärgernisse
Beginnen wir diesen Test doch dem Zeitgeist entsprechend: Beschäftigen wir uns also nicht mehr wie früher zuerst mit Motor, Antrieb und der Frage, ob so ein BMW Freude am Fahren macht, sondern Freude am Glotzen. Es geht um all die Dinge, die unter dem unpassenden Begriff „fahrender Computer“ zusammengefasst werden. Also die digitalen Fähigkeiten eines solchen Autos. Und die beginnen naturgemäß auf dem oder den Bildschirmen. Der 5er hat zwei davon, schick zusammengefasst unter einem gebogenen Glas, das ganz auf den Fahrer ausgerichtet ist. 12,3 Zoll hinter dem (nun auch abgeflachtem) Lenkrad, 14,9 Zoll für die Fahrzeugeinstellungen und Infotainment. Dazu kommt noch die sogenannte „Interaction Bar“, eine- je nach Standpunkt - schicke oder protzige Spange, die an einen Swarovski-Kristall erinnern soll. Unter der Deko verstecken sich auch Schaltfunktionen wie die Heckscheibenheizung, De-Frost oder die Warnblinkanlage. (BMW i5 Modellreihe, Stromverbrauch kombiniert: 20,6-15,9 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km; elektrische Reichweite: 455-582 km)².
Apropos Versteckspielen: Erst nach langem Suchen und dem zwischenzeitlichen Zweifeln am eigenen (Sach-)Verstand haben wir hier auch die Taste gefunden, mit der sich das Handschuhfach öffnen lässt. Haptisch verunglückt sind auch die Klima-Regler. Leicht versteckt unter der Konsole sind sie zu klein und deshalb nur fummelig zu bedienen. Fast in den Wahnsinn getrieben hat uns allerdings die Massagefunktion. Generell ist so ein Feature gerade bei langen Fahrten ja herzlich willkommen. Aber einmal aktiviert konnten wir die werkelnden Druckkammern nicht mehr ausschalten. Selbst ein zwischenzeitlicher Toilettenstopp mit einem Komplettausschalten und Verschließen des Autos half nicht. Irgendwann haben wir im Untermenü vom Untermenü per Zufall dann die richtige Funktion gefunden (geht normalerweise ja auch per Sprachbefehl). BMW weiß um das Problem, und da es sich um Software handelt, dürfte eine Beseitigung dieses Mankos nur eine Frage der Zeit sein. Ein dickes Lob an dieser Stelle jedoch für ein kleines aber feines Detail: Der seit neuestem vorgeschriebene piepsende Tempowarner, der dank Brüssel schon ab einem km/h (!) zu viel auslöst, kann mit einem einzigen Druck auf einen separaten Knopf am Lenkrad ausgeschaltet werden.
Bundesliga schauen, Online-Spiele: Der BMW i5 ist mehr als ein Auto
Wenden wir uns den (hin und wieder zweifelhaften) spielerischen Themen zu: Davon hat der neue 5er reichlich. Mit der Bordkamera kann man zum Beispiel jetzt Selfies im Innenraum schießen und verschicken. Man kann sich aber auch aus der Ferne mit der entsprechenden Handy-App den Innenraum zeigen lassen und schauen, ob alles in Ordnung ist. Über den Infotainment-Screen ist auch Videostreaming beispielsweise über YouTube möglich, dazu gibt es zumindest noch in dieser Saison kostenlos einen eigenen Video-Kanal der Deutschen Bundesliga, über den sogar Kurzzusammenfassungen und Torszenen einzelner Spiele gezeigt werden. Und wenn einem dann immer noch langweilig ist, dann kann man über die integrierte Spiele-Plattform „Air Console“ nicht nur online spielen, sondern sogar gegeneinander antreten. Also Fahrer gegen Beifahrer. Der Controller ist dann das jeweilige Smartphone. Wozu das alles? Erstens gibt es Märkte, die so etwas lieben, wie etwa die Chinesen. Und zweitens muss man mit Elektroautos oft schon an fast dystopischen Standorte auftanken. Da ist man über jede Abwechslung dankbar.
10 x 3 x 3,5 – auf diese Formel lässt sich das Größenwachstum des neuen 5ers bringen. Also zehn Zentimeter mehr in der Länge, drei in der Breite und dreieinhalb in der Höhe. Damit wächst die Mittelklasse-Limousine buchstäblich über sich hinaus und ist auch von der Länge her ein echter 5er. Fünf Meter – das hatte noch nicht mal der erste 7er BMW (E23) anno 1977. Eigentlich logisch, dass es sich hier bequem und komfortabel reisen lassen sollte. Auch wenn die serienmäßigen Sportsitze (im i5 M60) ziemlich hart sind (Komfortsitze sind ein preisneutrales Extra). Hinten haben uns die Platzverhältnisse derweil etwas enttäuscht, da hat der Radstand von drei Metern mehr versprochen. Die Größe sieht man dem Auto allerdings nicht an. Von außen wirkt er eher wie ein 3er, das haben die Designer geschickt gemacht. Über den Kühlergrill muss man nicht mehr diskutieren, zumal er bei den neuen 5er-Modellen wieder dezenter ausfällt als bei XM & Co. Neu ist, dass die Niere nun beleuchtet werden kann.
Warum der i5 keinen Frunk hat und wer das bedauert
Bei der Karosserie heißt es – wie beim neuen 7er: "One size fits it all“. Ob Elektroauto (BEV) oder Verbrenner, da sieht man keinen Unterschied. Das ist auch der Grund, warum wir beim Blick unter die Motorhaube des elektrischen i5 keinen Frunk finden, obwohl der hier locker Platz gehabt hätte. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. BMW erwartet 50 Prozent BEV-Anteil in Europa, da rentiert sich eine Nachbesserung vielleicht dann doch noch, heißt es. BMW Thailand würde sich jedenfalls freuen. Der dortige Markt wollte unbedingt einen Frunk, weil die Kundschaft dann die extrem beliebte Stinkfrucht Durian geruchlos für die Insassen transportieren könnte. Aber nicht alle Wünsche lassen sich auch bei einem Weltauto für alle Kunden erfüllen. Die US-Amerikaner bekommen kein abschließbares Handschuhfach mehr, was sehr bedauert wird, weil man dort gerne die Handfeuerwaffe untergebracht hätte.
Doch bewegen wir uns vom Handschuhfach doch auf die offene Straße. Wie fährt sich der erste Elektro-5er? Wir hatten zunächst das Einstiegsmodell zum Fahrtest, den i5 eDrive40 (81,2 kWh Akku netto). Die Limousine, denn der Kombi kommt erst im Frühjahr 2024. Über einen 340 PS starken Elektromotor wird der i5 direkt an den Hinterrädern angetrieben. Und zwar ziemlich zügig. Kraftvoll, souverän, und wenn man will mit künstlicher Soundbegleitung räumt der BMW auf der Straße auf und zeigt, wer hier der Herr im Ring ist. Wie von BWM gewohnt bietet das Fahrwerk Komfort und Sportlichkeit gleichzeitig. Neu sind die hydraulischen Zusatzdämpfer, die ein übermäßiges Ausfedern oder Aufschaukeln der Karosserie unterbinden und Schwingungen bei ambitionierten Kurvenfahrten reduzieren. Das harmonische Fahrwerk passt somit gut zum unaufgeregten E-Antrieb. Die serienmäßige elektromechanische Sportlenkung ist, man kann es nicht anders sagen, ein echter Genuss. Mit einer einzigen Ausnahme (Porsche 911 S/T) hatte wir noch nie so ein präzises und direktes Lenkgefühl wie bei diesem BMW.
601 PS und 850 Nm Drehmoment: Die M Performance-Version ist eine Macht
Ebenfalls gefahren sind wir die M Performance-Version i5 M60 xDrive (ab 99.500 Euro). Sie ist mit einem zweiten Elektromotor auf der Vorderachse ausgestattet, besitzt allerdings den gleichen 81,2 kWh-Akku. Wenn die beiden E-Maschinen gemeinsame Sache machen, dann explodiert der Elektro-5er. Er schiebt mächtig über alle vier Räder an und kredenzt maximal bis zu 601 PS und 820 Newtonmeter Drehmoment. Dabei bringt der Antriebe diese Power extrem kultiviert auf die Straße. Leichtfüßig fühlt sich das trotz seiner 2.350 Kilogramm Lebendgewicht an - und auch nicht so brachial wie bei den großen Verbrennern. Das Ergebnis: von null auf Tempo 100 geht es in sehr beeindruckenden 3,8 Sekunden. Aber wenn man ehrlich ist: Im Alltag tut es der kleinere i5 genauso. Haben wir zumindest so empfunden auf unseren Testfahrten im Süden von Portugal.
Fehlt eigentlich an dieser Stelle noch eine Verbrauchseinschätzung. Aufgrund der doch sehr alltagsfremden Situation vor Ort, die auch viele zügige Passagen enthielt, wäre es aber wenig seriös, hieraus einen Testverbrauch zu summieren. BMW nennt für den i5 eDrive40 derweil WLTP-Verbrauchswerte von 18,9 bis 15,9 kWh und für den großen Bruder M60 20,6-18,2 kWh je 100 Kilometer. Die Reichweite soll unter Idealbedingungen 455 bis 582 Kilometer betragen. An DC-Ladestationen (Ladedauer 10–80% lt. Werk 30 min) kann maximal mit 205 kW nachgeladen werden, an der heimischen Wallbox wird der Strom mit bis zu 11 kW gezogen.
Wer dagegen den neuen Fünfer mit klassischem Verbrenner kaufen möchte, hat dazu ebenfalls noch die Gelegenheit. 48V-Vierzylinder-Benziner und -Diesel stehen in den nächsten Wochen genauso bereit wie die schwächere der beiden Plug-in-Hybrid-Versionen. Der stärkere PHEV wird wohl erstmals 2024 ausgeliefert und ist in Europa derzeit die einzige Möglichkeit, den G60 mit einem Reihensechszylinder zu kombinieren. Ob und wann BMW einen R6-Diesel nachschiebt, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Sicher ist dagegen, dass im kommenden Jahr der neue M5 sein Debüt geben wird. Seit langem auch wieder als Touring. Unter der Haube wird dann ein V8 als Plug-in Hybrid erwartet.
Hände weg vom Steuer! So autonom fährt der neue Fünfer schon jetzt
Ob Verbrenner oder Elektroauto – beim autonomen Fahren hat BMW jetzt die Niere vorne. Denn der 5er darf bis Tempo 130 auf den Autobahnen jetzt auch in Deutschland selbstständig unterwegs sein. Also Hände weg vom Steuer. Der Mensch denkt, das Auto lenkt. Man muss nur noch das Verkehrsgeschehen beobachten, alles andere läuft automatisch. Der BMW hält Geschwindigkeit, Abstand, bremst und beschleunigt selbstständig. Aber der Clou ist: Der 5er überholt sogar von ganz alleine. Ein Blick in den Seitenspiegel genügt und schon geht alles wie von Geisterhand. Das Auto setzt den Blinker, schert aus, überholt und schert wieder ein. Wir haben es ausprobiert, funktioniert tadellos. Gewundert haben wir uns nur, warum der BMW auf der dreispurige Autobahn partout nicht auf die rechte Fahrbahn will: Ist Absicht, weil auf der ganz rechten Spur in Deutschland sowieso nur noch Lkw unterwegs sind.
Erstes Fazit
Lässt man den stattlichen Einstandspreis von über 70.000 Euro mal beiseite, dann fällt es schwer an diesem BMW i5 einen Makel zu entdecken. Details wie die manchmal umständliche und unübersichtliche Bedienung nerven zwar – aber das vergisst man schnell, wenn man den elektrischen Fünfer über die Straße bewegt. Souverän und dynamisch, komfortabel und harmonisch – so fährt sich halt eine echte Business-Limousine der Bayerischen Motoren Werke. (Text: Rudolf Bögel | Bilder: Hersteller)
Technische Daten BMW i5 M60 xDrive*
Modell | BMW i5 M60 xDrive |
Motor | 2x Elektromotor |
Max. Systemleistung | 442 kW (601 PS) |
Dauerleistung über 30 Minuten | 127 kW (173 PS) |
Max. Systemdrehmoment | 820 Nm |
Batterie | 81,2 kWh Lithium-Ionen (netto) | Batterieheizung | Ja | Wärmepumpe | Ja, Serienausstattung |
Max. Ladeleistung AC/DC | 11 kW/205 kW |
Stromverbrauch kombiniert (WLTP) | 20,6-18,2 kWh/100 km² |
Testverbrauch gemäß Bordcomputer | -/- |
CO2-Emissionen kombiniert | 0 g/km² |
Reichweite nach WLTP | bis zu 516 km² |
Im Test gemessene Reichweite | -/- |
Beschleunigung (0–100 km/h) | 3,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 230 km/h |
Abmessungen (L/B/H) | 5,01 m/1,90 m/1,52 m |
Leergewicht | ca. 2.350 kg |
Kofferraumvolumen | 490 l |
Grundpreis BMW i5 eDrive40 | ab 77.200 Euro |
*Herstellerangaben