Wir kennen „Erste Tests“, „Fahrberichte“, aber eher selten „Letzte Tests“. Ein solcher soll nun dieser Text sein, denn der BMW i3 wird seit Juni 2022 nicht mehr produziert. Und so ist es ein letztes Aufeinandertreffen im Garchinger Pressezentrum mit einem gerade eingefahrenen Werkswagen, der mit einem Gesamtpreis von über 50.000 Euro so ziemlich alles auffährt, was die einstige Preisliste hergab. Zwischen den aufgereihten neuen i-Modellen der Münchner wirkt der i3 in der Tat nicht mehr taufrisch. Der Eindruck erhärtet sich mit dem Einstieg.
Was vor ziemlich genau neun Jahren ultra-modern, für viele zu Beginn ganz offensichtlich zu modern erschien, ist heute Schnee von gestern. Geblieben ist allerdings der Pionier-Charakter des i3. Sichtbare CFK-Strukturen, Recycling-Materialien und das luftige Cockpit machen deutlich, dass der Kompaktwagen der Anfang von etwas Neuem sein sollte. Bis das allerdings auch die Kunden zu schätzen wussten, erlebten die Münchner ihren persönlichen „Audi A2-Moment“. Die Audianer können seit dem Aluminium-Kleinwagen Ende der 1990er-Jahre ein Lied davon singen, was es heißt, mit einem ungewöhnlichen Modell einen Markt zu früh zu betreten. Gleiches galt wohl, rückblickend betrachtet, auch für den BMW i3.
Mit immerhin gut 250.000 gebauten Exemplaren bleibt der i3 allerdings das bis dato erfolgreichste Elektroauto der Münchner und rettete sich zum Ende hin sogar noch in eine überschaubare Gewinnzone. Bei Entwicklungskosten von rund zwei Milliarden Euro sicherlich keine Selbstverständlichkeit. Damit ist auch klar: Einen direkten, so aufwändig konstruierten, Nachfolger wird es nicht geben, auch wenn sie am Petuelring gerne betonen, dass der neue iX1 (Stromverbrauch kombiniert: 18,4-17,3 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km)² und ein paar elektrische Mini-Modelle das Erbe antreten. Es darf jedoch bezweifelt werden, dass vor allem das hochbauende X-Modell die gleichen grandiosen Verbrauchwerte erreicht.
Stimmen alle äußeren und inneren Parameter, benötigt der kompakte Bayer kaum 14 Kilowattstunden auf 100 Kilometer (ohne etwaige Ladeverluste) und zeigte im Schnitt, trotz 35 Grad Außentemperatur, einer zügigen Fahrweise und dem massiven Einsatz der Klimaanlage, am Ende einen Stromverbrauch von 16,4 kWh an. Rein rechnerisch ergibt sich so eine Reichweite von gut 230 Kilometern. Dass sollen ihm so manche, wesentlich jüngere Mitbewerber, erst einmal nachmachen. Eher nicht zur Nachahmung empfohlen ist die Lustlosigkeit beim Laden. In der Theorie kann an der Schnellladestation mit bis zu 49 kW Strom bezogen werden, wenn der i3 nicht gerade den Ladepunkt verschmäht. „Fehler Ladesäule“ erschien im Kombiinstrument beispielsweise bei dem mehrmaligen Versuch zwei Ionity-Ladestation anzusteuern. Gleichermaßen crashte der BMW eine der beiden Säulen kurzzeitig in den Wartungsmodus. Dass es kein Infrastruktur-Problem war, zeigte der nebenan ladende Audi.
Ein weiteres, aber durchaus bekanntes Kuriosum beim i3: Die sehr „vorsichtige“ Reichweitenkalkulation des Navigationssystems. So kann es vorkommen, dass das iDrive bei aktiver Routenführung kurzerhand die Restreichweite um die Hälfte zusammenstreicht, da der Bordcomputer zum Beispiel von einem wesentlich höheren Überlandverbrauch ausgeht. Zwar korrigiert das System seine Annahme mit der Zeit ein wenig, gepasst haben die Angaben bei uns allerdings nie. Dieser Umstand verunsichert vor allem Neu-E-Autofahrer massiv. Und wenn wir hier schon das iDrive anschneiden, bleiben wir doch direkt bei der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.
Mit dem Facelift 2018 gab es das letzte Hardware-Update für das Infotainment-System – was sich gut vier Jahre später kaum verleugnen lässt. Es ist in etwa so, als wenn man heute ein Computerspiel aus den frühen 2000ern wiederbelebt und erschreckend feststellt, dass die bahnbrechende Grafik von einst, heute einem matschigen Pixelhaufen gleichkommt. Kaum vorstellbar, dass wir so einmal über das eben eingeführte Curved Display (Beispiel: BMW i4 Gran Coupé) schreiben werden. Doch die technische Entwicklung geht rasant weiter und lässt den Schreiber eher ratlos zurück, wenn mit Blick in die Ausstattungsliste für das Navigationssystem auch im Jahr 2022 stolze 500 Euro berechnet werden.
Das eigentliche Fahrkapitel schieben wir indes ans Ende dieses Testberichts. Denn obwohl man sich bei BMW der Freude am Fahren verpflichtet fühlt, war der i3 doch ein Kennenlernprojekt mit einer neuen Welt, welches im einstigen BMW-Vorstand gerne als „Bastelgruppe“ verunglimpft wurde. Zwar erzeugt die Maximalleistung von 125 kW/170 PS (Dauerleistung lt. Fahrzeugschein 75 kW) durchaus ansprechende Fahrleistungen, die Hohe Sitzposition, das hölzerne Fahrwerk und die nicht gerade ausdrucksstarke, aber sehr direkte Lenkung zeigen jedoch an, dass das Metier des ersten Vollstrom-Bayern die Stadt und weniger die geschwungene Landstraße ist. Im urbanen Gefilde punktet der i3 derweil mit einem kleinen Wendekreis und einer recht ordentlichen Übersichtlichkeit. Das Durchfahren enger Parkhäuser ist mit dem knapp vier Meter langen Gefährt beinahe eine Freude.
BMW hat beim i3 früher als gedacht den Stecker gezogen. Die Mitbewerber haben den ersten Stromer der Bayern technisch mittlerweile eingeholt oder gar überflügelt. Zudem ist die CFK-Karosse in der Herstellung aufwändig und teuer. Nichtsdestotrotz überzeugt der i3 auch neun Jahre nach seinem Debüt durch einen sehr niedrigen Verbrauch, eine hohe Stadttauglichkeit sowie sein ungewöhnliches Design. Preislich ist er als weiterhin teurer Jahres- oder Gebrauchtwagen hingegen nur etwas für Enthusiasten. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
*Herstellerangaben